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Ölpreis-Blase - Einstieg in den Ausstieg?

Archivmeldung vom 09.06.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.06.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Meldungen über die negativen Auswirkungen der hohen Ölpreise häuften sich in den vergangenen Tagen immer stärker. Für die amerikanischen Autofahrer sei die Schmerzschwelle erreicht, schrieb die Süddeutsche Zeitung am 04. Juni.

In den USA stieg der Spritpreis deutlich schneller als in Europa und der Ärger über das teure Benzin verdrängte die Konjunktursorgen und den Irak-Krieg als Themen im amerikanischen Wahlkampf.
In Leipzig gab es erstmals einen Korso von Spediteuren und Taxifahrern, die damit auf die sorgen ihrer Branche angesichts weiter steigender Kraftstoffkosten aufmerksam machen wollten. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern eine vergleichsweise zahme Aktion. Eine Reaktion der Politik ist in Deutschland zumindest noch kaum zu spüren, außer einigen Forderungen nach Steuersenkungen auf Mineralöl, denen kaum Erfolgschancen eingeräumt werden.

Aus den USA kommen verschiedene Vorschläge, was man gegen die ständigen Ölpreiserhöhungen tun könnte. Dazu war in der Financial Times Deutschland zu lesen, dass für die Demokraten der Handel mit Ölterminkontrakten am schnellen Anstieg des Ölpreises schuld sei. Deswegen wollen sie Großinvestoren, die nur in Rohstoffe investieren, um sich gegen Aktienmarktturbulenzen abzusichern, Grenzen setzen. Außerdem soll der außerbörsliche Handel schärfer überwacht oder ganz verboten werden, wenn es nur um Futures von Händlern geht, die nicht an einer Lieferung interessiert sind.
Gleichzeitig wollen die USA ihre strategischen Reserven nicht mehr aufstocken. Die Öllieferung für die Reserve werde zunächst eingestellt. 700 Millionen Barrel Öl seien genug. Damit könnten die USA zwei Monate ohne Ölimporte auskommen.

Rohstoffhändler und Analysten werten die jüngste Ölpreisentwicklung zunehmend als Signal für Anleger, aus diesem Segment auszusteigen. Der Ölpreis durchlaufe momentan die letzte Phase einer spekulativen Blase. Allerdings dauert diese „letzte Phase“ schon recht lange. Die magische 100-Dollar-Marke, die offenbar auch eine Reihe „unerfahrener Teilnehmer in den Ölmarkt gelockt hat, ist erstmals Ende Februar geknackt worden. Und seither wird jedes denkbare Signal dazu genutzt, die Preise weiter hochzutreiben. Das bisherige Allzeithoch lag im Mai bei über 135 Dollar pro Barrel US-Leichtöl.
Nahrung bekommen die Preisphantasien auch immer wieder von Prognosen, wie die der US-Investmentbank Goldman Sachs, nach der kurzfristig 150 US-Dollar pro Barrel Rohöl erreichbar seien.
Ebenso kann der Preis in kurzer Zeit wieder auf 100 Dollar einbrechen.
Genau diese Wahrscheinlichkeit wird größer, wenn sich angesichts hoher Ölpreise immer mehr Verbraucher zum Sparen entschließen, immer stärker nach alternativen Energien gesucht wird und das Image des Energieträgers Nr. 1 nachhaltigen Schaden nimmt als Auslöser oder gar politische Begründung für schwächelnde Wirtschaftsdaten.
Daher, so Händler, sei es nicht ratsam, jetzt noch Longpositionen einzugehen. Solche Einschätzungen lassen die Anleger vorsichtiger werden. Wenn aber frisches Geld fehlt, könnte zumindest der spekulative Teil der Ölpreis-Hausse in sich zusammenfallen und die Notierungen würden sich wieder stärker an den fundamentalen Faktoren orientieren.
Diese, so sagen Experten, würden aber nur einen Ölpreis von unter 100 Doller rechtfertigen.

Denn der Markt ist eigentlich gut versorgt. Die Fördermenge deckt den Bedarf. Engpässe treten vielmehr im Raffineriebereich und in der Versorgungstruktur der Produkte auf. So ist die Nachfrage nach Mitteldestillaten weltweit höher als nach Benzin, was die Produktpreise, was derzeit auch an deutschen Tankstellen zu spüren ist, nach oben treibt.
Analysen, wie die der Energy Watch Group (vgl. BRENNSTOFFSPIEGEL und mineralölrundschau, 06/2008), nach denen der Welt bald das Öl ausgehe, lassen außer Acht, dass immer neue Förderstätten gefunden werden, der Entölungsgrad der Quellen steigt und das derzeit hohe Wirtschaftswachstum sich nicht linear fortsetzen dürfte.
Ein Zeichen für den gesättigten Markt ist die Zurückhaltung der OPEC, die es nach wie vor ablehnt, ihre Fördermengen zu erhöhen. Warum sollten die Förderländer auch etwas gegen hohe Preise tun, wenn dadurch nur ein Überangebot entstünde.

So geht der designierte Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds (IWF), Olivier Blanchard, auch nicht davon aus, dass die hohen Ölpreise die Weltwirtschaft wie in den 1970er Jahren in eine Stagflation stürzen könnten - also in eine Phase mit einem niedrigen Wachstum und zugleich hohen Inflationsraten.

Fazit: Energie wird teuer bleiben, denn sie ist ein wertvolles Gut. Wie spekulative Marktteilnehmer in der nächsten Zeit entscheiden, bleibt abzuwarten. Doch unabhängig davon, ob sie aus dem Ölgeschäft kurzzeitig aussteigen und wie sich die Ölpreise entwickeln. Ein Ausstieg aus dem Ölzeitalter steht nicht bevor. Selbst wenn so mancher Protagonist das gern so sieht. Der Club of Rome hat schon 1972 prophezeit, das Öl gehe in 30 Jahren zu Ende. Heute sind die Reserven größer als je zuvor – trotz jährlich steigenden Verbrauchs.

Quelle: Oskar Burger GmbH & Co.KG


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