ROG-Bericht zur Lage der Medien im pakistanischen Swat-Tal
Archivmeldung vom 01.02.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittJournalisten im pakistanischen Swat-Tal haben ihre Arbeit wieder aufgenommen. Viele Medienvertreter sind in die Region im Nordwesten des Landes zurückgekehrt, seitdem die pakistanische Regierung im vergangenen September die Kontrolle über das Gebiet wiedererlangt hat. Dies stellt Reporter ohne Grenzen (ROG) in einem am Montag veröffentlichten Kurzbericht zur Lage der Pressefreiheit im Swat-Tal in der Nordwestgrenzprovinz Pakistans fest.
Viele Medienvertreter mussten in den Jahren 2008 und 2009 nach der Ausweitung der Taliban-Herrschaft im Swat-Tal und der anschließenden Offensive der pakistanischen Armee aus dem Gebiet fliehen. In Mingora, der größten Stadt im Swat-Tal, erscheinen lokale Zeitungen mittlerweile wieder, über Kabel kann die Bevölkerung Fernsehprogramme empfangen, Internetcafés und auch der örtliche Presseclub wurden wieder geöffnet. Reporter können sich ohne allzu große Risiken im Tal bewegen.
"Die Situation hat sich in den vergangenen sechs Monaten beträchtlich verändert", bestätigt Ghulam Farooq, Redakteur der regionalen Tageszeitung "Shamal" gegenüber ROG. Drohanrufe von Unterstützern der Taliban in Reaktion auf kritische Artikel würden nicht mehr vorkommen. Shireen Zada, Leiter des lokalen Büros des Fernsehkanals "Express News TV", berichtet: "Ich trage keine Pistole mehr bei mir, und auch meine Wachleute sind nicht mehr bewaffnet. Früher musste ich vor Sonnenuntergang zuhause sein."
Ein ROG-Vertreter hat im Dezember 2009 die Region besucht und einheimische Journalisten nach ihren aktuellen Arbeitsbedingungen befragt. Nach der Wiederübernahme der staatlichen Kontrolle des Gebietes im vergangenen Herbst kommt es immer wieder zu Zusammenstößen. Auch die Taliban kündigen weiter Racheaktionen an. Aber die Angst vor Repressionen und Zensur durch die radikal-islamische Bewegung ist unter Medienschaffenden deutlich zurückgegangen. Korrespondenten ist das Gebiet wieder frei zugänglich. Ausgangssperren wurden aufgehoben - Arbeitsnormalität stellt sich ein.
Einige Journalisten berichten sogar mittlerweile über die von Taliban begangenen Verbrechen. Konflikte mit der Armee gibt es bislang offenbar nicht. Dennoch hält die Angst von Journalisten an, ins Visier der Behörden und des Geheimdienstes zu geraten - zum Beispiel unter dem Vorwurf, den "Friedensprozess" in der Region zu gefährden.
Mit dem Bericht möchte ROG außerdem die Behörden darauf hinweisen, dass Verbrechen gegen Journalisten straffrei geblieben sind. Ein Jahr nach dem Mord an Musa Khankel etwa wurden die Täter immer noch nicht identifiziert. Der Reporter wurde am 18. Februar 2008 in der Nähe von Mingora erschossen.
Das Swat-Tal ist seit 2007 von großen politischen Umwälzungen und Kämpfen geprägt. Nach der Ausweitung des Einflusses und einer Offensive der Taliban und ihrer lokalen Anhänger erklärte sich die Regierung in Islamabad im Februar 2009 zur Einführung der Scharia bereit. Aber im Mai 2009 setzte die pakistanische Armee dazu an, die Kontrolle über das Territorium mit einer groß angelegten Militäroperation zurückzugewinnen. Im Zuge der Auseinandersetzungen verließen fast zwei Millionen Menschen das Tal, darunter auch fast alle dort arbeitenden Journalisten.
Quelle: Reporter ohne Grenzen