Spiegel: US-Abgeordneter fordert No-Spy-Abkommen mit Deutschland
Archivmeldung vom 12.07.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittErstmals hat ein Abgeordneter des US-Kongresses ein No-Spy-Abkommen zwischen den USA und Deutschland gefordert. Historisch hätten die USA bislang nur im Rahmen des "Five Eyes"-Klubs mit Großbritannien, Australien, Kanada und Neuseeland ein entsprechendes Abkommen, berichtet der "Spiegel". "Ich denke, das muss erweitert werden, und Deutschland wäre ganz oben auf meiner Liste", sagte der republikanische Kongress-Abgeordnete Jim Sensenbrenner. Der Schaden, den die Geheimdienste angerichtet hätten, sei unermesslich, so Sensenbrenner. "Jetzt muss etwas getan werden, um das zu reparieren."
Sensenbrenner kritisierte auch den Umgang der US-Regierung mit der jüngsten CIA-Spionageaffäre. "Wenn die Obama-Administration damit hätte umgehen wollen, hätte es dafür Wege gegeben, etwa einen Anruf des Präsidenten bei der Kanzlerin".
Hofreiter: Ausweisung des US-Geheimdienstlers ist Ablenkungsmanöver
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat das Verhalten der Bundesregierung in der Spionageaffäre scharf kritisiert. Die Ausweisung des obersten US-Geheimdienstrepräsentanten sei "ein Ablenkungsmanöver", sagte er der "Welt am Sonntag".
Die Bundesregierung spiele Empörung und gehe die tatsächlichen Probleme - die Massenüberwachung der Bürger - nicht an. Die Bundesregierung müsse dem früheren US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden, der die NSA-Abhöraffäre ausgelöst hatte, sicheren Aufenthalt gewähren, damit er in Deutschland gehört werden könne, forderte Hofreiter. Außerdem sei es "höchste Zeit, die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen sofort zu stoppen".
Von der Leyen: Washington muss Übergriffen einen Riegel vorschieben
Nach der verärgerten Reaktion des Weißen Hauses auf die Ausweisung des obersten US-Geheimdienstvertreters aus Berlin hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Forderung nach Konsequenzen der US-Regierung bekräftigt. "Wenn das Vertrauen in die deutsch-amerikanischen Beziehungen nicht weiter schwinden soll, muss Washington solchen Übergriffen politisch einen Riegel vorschieben", sagte die Politikerin dem "Tagesspiegel am Sonntag".
US-Abgeordnete hatten die Ausweisung des Geheimdienst-Agenten als "Wutanfall" bezeichnet. Bei dem Vorfall zeige Berlin "schlichtweg nicht die Reaktion eines Erwachsenen", sagte der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Mike Rogers.
"Spiegel": Mutmaßlicher BND-Spion lieferte an CIA in Wiener US-Botschaft
Der mutmaßliche US-Spion beim Bundesnachrichtendienst (BND) lieferte einem Medienbericht zufolge seine Informationen nicht an CIA-Agenten der Botschaft der Vereinigten Staaten in Berlin. Wie der "Spiegel" berichtet, waren es CIA-Agenten aus der US-Botschaft in Wien, die den 31-jährigen BND-Mitarbeiter seit 2012 bei mehreren konspirativen Treffen in Salzburg trafen, von ihm geheime Dokumente erhielten und dafür Geld zahlten. Für die CIA bedeutete es demnach ein geringeres Entdeckungsrisiko, die sensible Quelle aus dem nahe gelegen Ausland zu führen. Die Nachforschungen der Bundesanwaltschaft könnten den Agentenführer aus Österreich nun allerdings Probleme bereiten. Sollte es den Ermittlern gelingen, die Führungsoffiziere des mutmaßlichen BND-Spions zu identifizieren, würden sie im Falle eines Strafverfahrens in Deutschland keinen diplomatischen Schutz genießen. Nach "Spiegel"-Informationen lieferte der 31-jährige BND-Mitarbeiter den Ermittlern bei seinem umfangreichen Geständnis Beschreibungen von zwei mutmaßlichen CIA-Agenten, mit denen er Kontakt hatte. Die Fahnder versuchen nun, die beiden anhand dieser Informationen zu identifizieren.
"Focus": Mutmaßlicher US-Spitzel im Kosovo angeworben
Der mutmaßliche Spion im Verteidigungsministerium, der am Mittwoch von der Bundesanwaltschaft verhört wurde, ist dem Nachrichtenmagazin "Focus" zufolge während seines Einsatzes im Kosovo vom US-Geheimdienst angeworben worden. Wie das Magazin unter Berufung auf Ermittlerkreise berichtet, soll ein CIA-Agentenführer, der offiziell als Mitarbeiter der Hilfsorganisation USAID auftrat, ihn bereits vor Jahren in Pristina verpflichtet haben. Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden pflegten der Regierungsbeamte und der verdeckt arbeitende US-Geheimdienstler enge Kontakte. Der CIA-Agent bezahlte seinem mutmaßlichen Kontaktmann dem Bericht zufolge Kurzurlaube in der Türkei, schenkte ihm Laptop und Handy und finanzierte angeblich den Kauf eines Autos. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Militärische Abschirmdienst nahmen nach einem ersten anonymen Hinweis auf den Referenten des Ministeriums im Januar interne Untersuchungen auf. Im April leitete die Bundesanwaltschaft "Focus" zufolge ein Ermittlungsverfahren wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit ein. Der Tatverdächtige bestreitet jegliche Spionagetätigkeit.
Der kürzlich unter Spionageverdacht verhaftete Beamte des Bundesnachrichtendienstes (BND) räumte derweil in einer umfangreichen Vernehmung seine Agententätigkeit ein. Der 31-Jährige, der als sogenannter Verschlusssachen-Verwalter Zugang zu streng geheimen Akten hatte, berichtete zehn Stunden lang über seine Tätigkeit für die CIA, hieß es.
Die neuen Erkenntnisse und Berichte zu US-Spionagetätigkeiten haben für diplomatische Verstimmungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten gesorgt. Der Repräsentant der US-Geheimdienste in der Botschaft der Vereinigten Staaten in Berlin ist am Donnerstag in Folge der Spionageaffäre von der Bundesregierung aufgefordert worden, Deutschland zu verlassen. Die US-Regierung kritisierte die öffentliche Ausreiseaufforderung. Meinungsverschiedenheiten über die Medien zu lösen, sei nicht "angemessen", so Regierungssprecher Josh Earnest.
Quelle: dts Nachrichtenagentur