Göring-Eckardt kritisiert Konzerntricksereien in Luxemburg
Archivmeldung vom 06.11.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Grünen haben die Beteiligung Luxemburgs an den Steuertricksereien großer internationaler Konzerne scharf kritisiert: Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte der "Süddeutschen Zeitung", das Vorgehen der Unternehmen sei ebenso inakzeptabel wie das der luxemburgischen Regierung.
"Das Verhalten der Konzerne untergräbt massiv die Steuermoral all derjenigen, die regulär Steuern zahlen. Und EU-Länder sollten nicht in einen ruinösen Steuerwettbewerb treten", betonte sie. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und die EU müssten jetzt rasch und entschlossen gegen Steuervermeidung vorgehen, um der Entwicklung ein Ende zu setzen. Nach Recherchen mehrerer internationaler Zeitungen, darunter die "Süddeutsche Zeitung", hat die Regierung des Großherzogtums Konzerne aus Deutschland und anderen Staaten jahrelang tatkräftig dabei unterstützt, Gewinne aus ihren Heimatländern zu verlagern. In Einzelfällen soll die Steuerlast der Unternehmen dadurch auf weniger als ein Prozent gesunken sein. Initiiert wurden die Praktiken während der Regierungszeit von Premierminister Jean-Claude Juncker, der mittlerweile Präsident der Europäischen Kommission ist. Göring-Eckardt sagte, als ehemaliger Regierungschef von Luxemburg sei Juncker nun "nicht besonders glaubwürdig in der Rolle des obersten Bekämpfers von Steuervermeidung".
Gabriel kritisiert Steuertricksereien in Luxemburg
Die Beteiligung Luxemburgs an den Steuertricksereien großer internationaler Konzerne ist in Deutschland bei Regierung wie Opposition auf massive Kritik gestoßen: Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte der "Süddeutschen Zeitung" (Freitagausgabe), Staaten dürften Steuerdumping nicht zum Geschäftsmodell erheben. Wer das dennoch tue, "legt die Axt an die europäische Solidarität". "Dieser Spuk muss so schnell wie möglich aufhören", so der Vizekanzler. Er forderte die neue EU-Kommission auf, die Verhinderung von Steuerdumping zu einer ihrer zentralen Aufgaben zu machen. "Wenn internationale Konzerne EU-Mitgliedsstaaten gegeneinander ausspielen können, steht das Projekt Europa insgesamt in Frage", so Gabriel. Auch gefährdeten Konzerne, die weniger Steuern zahlten als jeder Handwerker, die Finanzierung des Gemeinwesens in Deutschland. Nach Recherchen mehrerer internationaler Zeitungen, darunter die "Süddeutsche Zeitung", hat die Regierung des Großherzogtums Konzerne aus Deutschland und anderen Staaten jahrelang tatkräftig dabei unterstützt, Gewinne aus ihren Heimatländern zu verlagern. In Einzelfällen soll die Steuerlast der Unternehmen dadurch auf weniger als ein Prozent gesunken sein. Initiiert wurden die Praktiken während der Regierungszeit von Premierminister Jean-Claude Juncker, der mittlerweile Präsident der Europäischen Kommission ist.
Der Chef der Linksfraktion im Bundestag, Gregor Gysi, sagte der "SZ", Arbeitnehmer und Mittelständler hätten keine Schlupflöcher wie große Unternehmen, sie zahlten ehrlich ihre Steuern. Aber Banken und andere Konzerne "mit riesigen Gewinnen können sich davor drücken, einen nennenswerten Beitrag zum Allgemeinwohl zu leisten. Das ist ein Skandal und ein schweres Versagen der herrschenden Politik", erklärte Gysi.
Steuergewerkschaft rechnet mit Milliarden-Schaden
Nach Einschätzung des Bundesvorsitzenden der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, entsteht dem deutschen Fiskus durch die Luxemburger Steuerdeals ein gewaltiger Schaden. "Ich schätze, dass dem deutschen Staat durch diese von Luxemburg organisierte Steuerflucht pro Jahr mindestens zehn Milliarden Euro durch die Lappen gehen", sagte Eigenthaler dem "Handelsblatt" (Online-Ausgabe). "Dieses legale, aber nicht legitime Vorgehen animiert zusätzlich andere Staaten in Europa wie die Niederlande und Irland, solches nachzuahmen." Das Vorgehen des Staates Luxemburg sei "skandalös, aber auf der Basis luxemburgischen Rechts legal", sagte Eigenthaler weiter. Luxemburg locke mit billigen Steuersätzen internationale Konzerne nur deshalb an, um diesen auf Kosten anderer Staaten "billigste Gewinnversteuerung" anzubieten. "Der internationalen Steuerflucht über sogenannte Tax-Boxes wird das staatliche Mäntelchen der Legalität umgehängt", kritisierte er Steuergewerkschafter. Eigenthaler forderte die EU-Kommission auf, umgehend zu prüfen, ob in dem Luxemburger Vorgehen nicht ein Fall "unzulässiger Beihilfe beziehungsweise Subvention" vorliege. Kommissionspräsident sei allerdings der Luxemburger Jean-Claude Juncker, so dass vermutlich nicht viel zu erwarten sei. Juncker sei als früherer Finanzminister und Regierungschef von Luxemburg "in hohem Maße befangen". Eigenthaler sieht auch die Bundesregierung in der Pflicht zu handeln. Sie müsse sich innerhalb der EU "dafür starkmachen, dass nicht nur Steuerhinterziehung, sondern auch diese legale Art von Steuerflucht abgeschafft wird". Dazu sei das OECD-Vorhaben BEPS (Base erosion and profit shiftung) "aktiv und zügig zu unterstützen", fügte der Steuergewerkschafter hinzu. "Keine bilateralen Verhandlungen, sondern konzertiertes internes Vorgehen ist angesagt, ähnlich der Vereinbarung am 29. Oktober zum internen Datenaustausch."
Linken-Chef fordert Aufklärung von Juncker
Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, hat den ehemaligen luxemburgischen Ministerpräsidenten und heutigen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker aufgefordert, zu Medienberichten Stellung zu beziehen, wonach deutsche und internationale Konzerne mit Unterstützung Luxemburgs Steuerzahlungen in Milliardenhöhe vermieden haben sollen. "Juncker muss jetzt schnell Klarheit schaffen. Er hat in der fraglichen Zeit die politische Verantwortung getragen", sagte Riexinger dem "Handelsblatt" (Online-Ausgabe). "Wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten, dann ist Juncker als Präsident der EU-Kommission nicht mehr zu halten. Dann muss er gehen", so der Linken-Chef weiter. "Ein Mann, der die EU-Staaten um Milliardenbeträge betrogen hat, kann nicht Repräsentant der Union sein." Es gehe aber um viel mehr. "Wir brauchen innerhalb der EU dringend eine Harmonisierung der Steuersätze. Luxemburg-Deals müssen EU-weit verboten werden", forderte Riexiniger. Wie die "Süddeutsche Zeitung", der britische "Guardian", die "New York Times" und weitere Medien berichten, genehmigten Behörden in Luxemburg teils äußerst komplizierte Finanzstrukturen, mit deren Hilfe manche Unternehmen auf Gewinne teilweise weniger als ein Prozent Steuern gezahlt hätten. Die Zeitungen berufen sich auf 28.000 Seiten geheimer Dokumente aus den Jahren 2008 bis 2010. Damals war der heutige EU-Kommissionspräsident Juncker Regierungschef. Insgesamt sollen rund 300 Firmen derartige Konstruktionen zur Vermeidung von Steuern genutzt haben.
Qulle: dts Nachrichtenagentur