Marineinspekteur sieht verbesserte Einsatzbereitschaft der Seestreitkräfte
Archivmeldung vom 05.11.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićAuch angesichts der erfolgreichen Attacken der ukrainischen Armee auf russische Schiffe im Schwarzen Meer mithilfe maritimer Drohnen warnt Deutschlands oberster Marinesoldat davor, Russlands Flotte zu unterschätzen. "Diese Seedrohnen sind eine einfach anzuwendende Waffe mit erheblicher Durchschlagskraft. Offenbar hat man sich auf russischer Seite nicht auf diese hybriden Vorgänge eingestellt, und das ist schon etwas erstaunlich", sagte Marineinspekteur Jan Christian Kaack im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ).
Gleichwohl dürfe das "nicht dazu verleiten, die russische Flotte zu unterschätzen". Der Vizeadmiral betonte: "Wir sehen ein ungebrochenes Bauprogramm von modernen Einheiten, die auch mit Waffen bestückt werden, die nicht zu unterschätzen sind, Hypersonic-Waffen zum Beispiel und ballistische Flugkörper. In Moskaus Militärdoktrin kommt der Flotte weiter eine erhebliche Bedeutung zu."
Dauerhaft erhöhte Präsenz in der Ostsee
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung geht der Marineinspekteur von einer dauerhaft erhöhten Präsenz der deutschen Seestreitkräfte an der Nato-Nordflanke aus. "Unsere Partner erwarten von uns, dass wir unserer Verantwortung in der Ostsee gerecht werden. Das entspricht auch der Nato-Doktrin, die regionalen Ansätze zu stärken. Also werden wir dort Präsenz zeigen müssen", sagte Kaack der NOZ. Derzeit habe die Deutsche Marine dort "im Mittel immer drei bis acht Boote und Schiffe im Einsatz".
Auf die Frage, wie lange die Marine dieses Engagement trotz anhaltender Materialmängel durchhalten kann, ohne woanders Schiffe abzuziehen, sagte Inspekteur Kaack der NOZ: "Die Durchhaltefähigkeit muss sich auf Dauer in der Verfügbarkeit des Materials zeigen. Unser Ziel ist es, immer 66 Prozent der Kräfte verfügbar, sprich in voller Einsatzbereitschaft oder zur Ausbildung zu haben. Da sind wir inzwischen auf einem guten Weg."
Einsatz von 3-D-Druckern für Reparaturen auf hoher See
Am Tag des russischen Einmarsches in die Ukraine am 24. Februar hätten demnach 55 Prozent der deutschen Marineschiffe und -boote in der Werft gelegen. Inzwischen seien es 45 Prozent. "Wir haben also eine höhere Verfügbarkeit", sagte Vizeadmiral Kaack. Dies sei unter anderem dadurch gelungen, dass man die Eigenverantwortung an Bord gestärkt habe. "Früher durften Besatzungsmitglieder bestimmte Reparaturen nicht durchführen, auch wenn sie die entsprechende fachliche Expertise hatten. Es mussten immer Firmen ran. Das ist inzwischen anders. Dazu nutzen wir auch digitale Videoberatung, um die Dinge vor Ort zu regeln." Zudem laufe die Anschaffung von 3-D-Druckern auf Hochtouren, um Ersatzteile vor Ort auf hoher See herstellen zu können.
Reparaturen von Schiffen in ehemaliger MV-Werft ab Frühjahr
Eine weitere Verbesserung der Lage verspricht sich Marineinspekteur Kaack nach dem Erwerb der MV-Werft in Rostock durch den Bund im Juni dieses Jahres. "Der Erwerb der MV-Werft in Rostock durch den Bund wird die Kapazitäten der Marine für Reparaturen deutlich erhöhen, das wird ein Game Changer, wie man so schön sagt", sagte Kaack der NOZ. Er führte aus: "Die Hinterlassenschaften der vorherigen Eigentümer sind inzwischen beseitigt. Das Dock wurde schon einmal geflutet. Demnächst kommt ein Wohnschiff hinein, das hergerichtet wird. Und die Personaleinstellung läuft. Im Frühjahr nächsten Jahres soll es dann losgehen und in der Werft ein erstes Flottendienstboot instand gesetzt werden." Kaak betonte: Im Falle der Werft habe die Politik "schnell und beherzt entschieden, wovon unsere Soldatinnen und Soldaten profitieren".
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)