Schockenhoff: Moskau muss sich von Separatisten distanzieren
Archivmeldung vom 08.05.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Andreas Schockenhoff, hat Moskau dazu aufgefordert, sich angesichts der Ankündigung der pro-russischen Aktivisten in der Ostukraine, ein Referendum zur Abspaltung des Landesteiles entgegen der Aufforderung des russischen Präsidenten Wladimir Putin wie geplant am Sonntag abzuhalten, umgehend von den Separatisten zu distanzieren.
"Die Entscheidung der Separatisten in der Ostukraine, das ohnehin illegale Abspaltungsreferendum nicht zu verschieben, ist ein Affront gegen den russischen Präsidenten Putin", so Schockenhoff. "Dieser Vorgang zeigt, dass Moskau die Geister, die es mit der Abspaltung der Krim und deren völkerrechtswidriger Annexion gerufen hat, nicht mehr unter Kontrolle hat." Russland müsse die Unterstützung der Separatisten beenden und seiner Verpflichtung aus der Genfer Vereinbarung nachkommen. "Wichtig ist auch, dass Moskau endlich den demokratischen Prozess in der gesamten Ukraine unterstützt", so Schockenhoff weiter.
FDP-Präsidiumsmitglied Alexander Graf Lambsdorff begrüßte unterdessen Putins Aufforderung an die Separatisten als "ein gutes Signal". Dies mache Hoffnung, dass es zu einer Stabilisierung der Lage kommen könne. "Die NATO sollte jetzt auf Provokationen wie Truppenverschiebungen an ihre Ostgrenze verzichten, die EU die Debatte über Sanktionen auf Eis legen. Gleichzeitig muss der Westen genau kontrollieren, ob Putin es mit der Entspannung wirklich ernst meint", so Lambsdorff weiter.
Separatisten wollen Referendum nicht verschieben
Die Separatisten in der Ost-Ukraine wollen das für Sonntag geplante und international umstrittene Abspaltungs-Referendum in der "Volksrepublik Donezk" nicht verschieben. Die Führung der "Volksrepublik Donezk" habe einstimmig beschlossen, das Referendum wie geplant durchzuführen, berichtet die russische Nachrichtenagentur Interfax am Donnerstag.
Erst am Mittwoch hatte Russlands Präsident Wladimir Putin eine Verschiebung des Referendums angeregt und zugleich erklärt, dass die russischen Truppen von der ukrainischen Grenze abgezogen werden. Die Nato sah laut Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen allerdings zunächst keine Anzeichen für einen Rückzug des russischen Militärs.
Steinmeier begrüßt "konstruktive Tonlage" Putins
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat die "konstruktive Tonlage" von Russlands Präsident Wladimir Putin begrüßt, nachdem sich Putin mit dem Vorsitzenden der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Didier Burkhalter, in der russischen Hauptstadt Moskau zu Gesprächen getroffen hatte. "Was in Moskau besprochen wurde, muss jetzt unverzüglich in die Tat umgesetzt werden", sagte Steinmeier am Donnerstag mit Blick auf den angekündigten Abzug der russischen Truppen von der ukrainischen Grenze. "Wir sind jetzt an einem vielleicht entscheidenden Punkt. Die Lage ist überaus kritisch, aber noch besteht eine Chance, dass es uns mit diplomatischen Mitteln gelingt, eine weitere Eskalation der Gewalt und völligen Kontrollverlust im Osten der Ukraine zu verhindern." Man müsse jetzt die Anstrengungen darauf richten, "die Wahlen am 25.05. möglich zu machen und schnellstmöglichst die Grundlagen für eine neue Verfassung zu schaffen", so Steinmeier weiter. "Einem nationalen Dialog unter Einbindung geeigneter Repräsentanten des Ostens der Ukraine kommt dafür sehr große Bedeutung zu."
Merkel fordert weitere Schritte der Deeskalation von Putin
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat weitere Schritte zur Deeskalation der Lage in der Ukraine vom russischen Präsidenten Wladimir Putin gefordert. "Präsident Putin bleibt aufgefordert, die pro-russischen Kräfte in der Ukraine zum Niederlegen der Waffen und zur Räumung der besetzten Häuser aufzurufen", sagte Merkel der "Rheinischen Post" (Freitagausgabe). "Russland übt etwa durch Truppen in der Nähe der ukrainischen Grenze oder durch die unverändert bestehende Ermächtigung des russischen Parlaments zum militärischen Eingreifen in der Ukraine weiterhin einen enormen Druck auf die Ukraine aus", sagte die Kanzlerin. Merkel brachte zudem erneut die Idee eines Runden Tisches ein: Sie sei überzeugt, weiter alles daran zu setzen, "eine politische Lösung für den Konflikt in der Ukraine zu suchen", betonte die Kanzlerin. "Deshalb arbeiten der Außenminister und ich dafür, dass in der Ukraine am 25. Mai frei und demokratisch ein neuer Präsident gewählt werden kann", sagte sie. Auf dem Weg dorthin könne die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eine "wichtige Rolle" spielen. "Alle Parteien der Genfer Konferenz sollten sie unterstützen und sich gegebenenfalls auch noch einmal treffen. Auch das Format des Runden Tisches, wie wir es 1989/1990 gemacht haben, könnte helfen."
Linken-Chef fordert Finanzboykott gegen ukrainische Übergangs-Regierung
Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, hat die Bundesregierung aufgefordert, die ukrainische Übergangs-Regierung so lange nicht mehr finanziell zu unterstützen, wie sie im Osten des Landes militärisch interveniert. "Das Fenster für einen Waffenstillstand muss weiter aufgestoßen werden", sagte Riexinger der "Mitteldeutschen Zeitung" (Online-Ausgabe). "Dazu muss auch die ukrainische Regierung einen Beitrag leisten und die Militäroperationen stoppen. Der Westen muss Kiew klar machen, dass kein Geld fließt, solange die Panzer fahren. Finanzhilfen für eine Regierung, die die Armee gegen das eigene Volk marschieren lässt, gehen einfach nicht."
Experte: Putins Einlenken bei Referendum Erfolg der OSZE
Die Forderung von Russlands Präsident Wladimir Putin an die ostukrainischen Separatisten, das für Sonntag geplante Referendum zu verschieben, ist nach den Worten des Sicherheitsexperten Wolfgang Richter "auch ein Erfolg der Bemühungen der OSZE". Der Wissenschaftler der Stiftung Wissenschaft und Politik sagte im Interview der "Frankfurter Rundschau" (Donnerstagsausgabe), Russland habe erkannt, dass im Osten der Ukraine Verhältnisse entstanden seien, die Moskau nur noch schwer kontrollieren könne. "Dass das nicht im Interesse Putins ist, sieht man jetzt", so Richter in der "Frankfurter Rundschau".
Der Oberst a.D. war jahrelang selbst als OSZE-Beobachter im Einsatz, unter anderem in Georgien und der Ukraine und als Leiter des militärischen Anteils der Ständigen Vertretung Deutschlands bei der OSZE. Als "verfrüht" kritisierte Richter in der "Frankfurter Rundschau" die neue Nachrüstungsdebatte der Nato und erinnerte an die Nato-Russland-Gründungsakte aus dem Jahr 1999. In ihr sei festgelegt, "dass beide Seiten keine substanziellen zusätzlichen Kampftruppen stationieren. Wenn wir das aufgeben, ist auch Russland nicht mehr daran gebunden und könnte mehr Truppen an den baltischen Ostgrenzen oder in der russischen Exklave Kaliningrad stationieren." Um die Chance auf eine diplomatische Lösung der Ukraine-Krise noch zu nutzen, muss laut Richter die OSZE deutlich gestärkt werden: Sie habe jahrelange Expertise im Krisenmanagement, und sie "ist die einzige Organisation, die vor Ort ist. Die Nato ist nicht da, die Europäische Union ist mit ihrer Nachbarschaftspolitik zunächst gescheitert." Als "elementar" für die Zukunft der Ukraine bezeichnete der SWP-Experte einen Erfolg der Wahlen am 25. Mai. Aus ihnen müsse eine Regierung hervorgehen, "die alle anerkennen können". Die Aussichten, dass das gelinge, beurteilte er allerdings skeptisch. Ein Problem sei schon, Wählerlisten zusammenzustellen und Wahllokale zu bestimmen, in denen Wähler nicht eingeschüchtert würden. Vor allem aber: "Die Voraussetzungen für die wichtige Langzeit-Wahlvorbereitung sind nicht da", so Richter in der "Frankfurter Rundschau". Dass alle Strömungen für sich Wahlwerbung machen können, "scheint in bestimmten Gebieten kaum möglich, weil die jeweiligen Oppositionellen bedroht werden."
Fazit des Forschers: "Die Zeit läuft unweigerlich davon."
Deutsche Militärs misstrauen Putins Ankündigungen
Deutsche Militärs misstrauen den Ankündigungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin, mäßigend auf die Rebellen in der Ost-Ukraine einwirken zu wollen. "Wir haben in den letzten zwei Monaten einige Beispiele gesehen, bei denen Putin Zusagen gemacht hat, die er hinterher dann aber aus unserer Sicht nicht eingehalten hat", warnte der frühere Nato-General Egon Ramms in der "Bild-Zeitung".
Bahr: Westen muss Beteiligung der Separatisten an Friedensgesprächen durchsetzen
Der frühere SPD-Ostpolitiker Egon Bahr hat den Westen aufgefordert, die Beteiligung der Separatisten an Friedensgesprächen für die Ukraine durchzusetzen. Anders könne es keine Lösung geben, sagte Bahr der "Berliner Zeitung". Dazu müsse der Westen Druck auf die Übergangsregierung in Kiew ausüben, die das bisher ablehnt. Der russische Präsident Wladimir Putin sei in seinen Augen ein berechenbarer und rationaler Politiker, sagte Bahr, der zu den Architekten der Ostverträge in den 1970er-Jahren gehörte. Putin könne kein Interesse an Chaos in der Ukraine haben. "Ich denke, er hat vor allem ein Ziel: Eine föderale Ukraine, die keinem Block `gehört`, mit einem Status, der dem Österreichs oder Finnlands ähnelt." Es sei aber fraglich, ob der Präsident noch Einfluss auf die ostukrainischen Separatisten habe. "Ich weiß nicht, ob die Putin noch folgen. Oder ob das Geister sind, die er mit gerufen hat und nun nicht mehr beherrschen kann." Nur wenn beide Seiten einen Waffenstillstand schließen würden, könne die Präsidentenwahl wie geplant am 25. Mai stattfinden, betonte Bahr.
Bahr: Altkanzler Schröder ist Merkel nicht in den Rücken gefallen
Der frühere SPD-Ostpolitiker Egon Bahr hat Kritik an der Nähe von Ex-Kanzler Gerhard Schröder zum russischen Präsidenten Wladimir Putin zurückgewiesen: Er sei seiner Nachfolgerin Angela Merkel (CDU) überhaupt nicht in den Rücken gefallen, als er mit Putin seinen Geburtstag gefeiert habe, sagte Bahr der "Berliner Zeitung". "Sie wird es nie sagen, aber sie ist natürlich dankbar für das, was er gemacht hat", so Bahr. Auch über Schröders Rolle beim Bau der Ostsee-Gaspipeline aus Russland könne Deutschland nur froh sein.
45 Prozent der Deutschen finden Schröders Umarmung mit Putin in Ordnung
45 Prozent der Bundesbürger finden es in Ordnung, dass Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) den russischen Präsidenten Wladimir Putin bei einem Empfang in St. Petersburg umarmt hat. 49 Prozent halten die herzliche Geste hingegen wegen Putins Ukraine-Politik für unangemessen. Nach einer Forsa-Umfrage für das Magazin "Stern" bringen vor allem die Ostdeutschen mit 54 Prozent Verständnis für die herzliche Begrüßung anlässlich einer Feier zu Schröders 70. Geburtstag auf, ebenso wie die Anhänger der Linken (50 Prozent). Auch die Hälfte der befragten Männer stört es nicht, dass sich Schröder und Putin freundschaftlich in die Arme nahmen - bei den Frauen sind es dagegen nur 41 Prozent.
Quelle: dts Nachrichtenagentur