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Atom-Japan: Die große Lüge um die Kernschmelze - Nur Hiroshima war schlimmer

Archivmeldung vom 30.03.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.03.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Zerstörte Stadtfläche von Hiroshima. Bild: de.wikipedia.org
Zerstörte Stadtfläche von Hiroshima. Bild: de.wikipedia.org

Laut einem Bericht des freien Journalisten Johannes Schumacher steht Japan vor der Bewältigung einer Katastrophe, die nur noch von einem Krieg übertroffen werden kann. Mittlerweile werden sogar die Särge knapp. Es wurde und wird gelogen von den Kernkraftbetreibern in Fukoshima und der Regierung in Tokio bis die Balken krachen. Die Regierung ist derart in die Defensive geraten, dass die Wut auf die Eigentümer der Atomanlagen mittlerweile öffentlich durch regelmäßige Demonstrationen ausgedrückt wird.

Die Regierung in Tokio versagt weiterhin im Katastrophen-Schutz für die 250.000 umgesiedelten Menschen in einem nicht für möglich gehaltenen Umfang. Eines der vier reichsten Länder der Erde kann die vollständige Versorgung der Evakuierten nicht mehr sicherstellen. Der Tod von Alten und Babys ist alltäglich und nimmt dramatische Ausmaße an. Schlimmer war es nur während des 2. Weltkrieges in Japan. Die Särge werden knapp.

Techniker und Behörden kämpfen in Japan hilflos gegen den Super-GAU im Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi. In drei der vier Reaktoren in Fukushima ist laut einem japanischen Regierungssprecher eine Kernschmelze „höchst wahrscheinlich“. An einem Reaktor des Atomkraftwerks lagen die Brennstäbe am Montag zwei Mal komplett frei, zudem ereignete sich erneut eine Explosion.

Hilf- und ratlos kämpfen Techniker und Behörden im japanischen Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi gegen den drohenden Super-GAU, der bereits durch die verstrahlte Grundwasserversorgung in Japan eine nie für möglich gehaltene Dimension erreicht hat. In drei der vier Reaktoren räumt die Regierung eine Kernschmelze mittlerweile ein, wie ein Regierungssprecher am Montag sagte. Nach dem schwersten jemals gemessenen Erdbeben in Japan und dem folgenden Tsunami vom Freitag wird das Ausmaß der Katastrophe immer deutlicher. Weit mehr als 10.000 Menschen kamen bisherigen Schätzungen zufolge ums Leben. Doch stündlich werden weitere Leichen gefunden. Immer deutlicher wird das der Atomkraftwerksbetreiber von Anfang an Lügen verbreitet hat, um Panik in der Bevölkerung zu verhindern. Jetzt allerdings ist die Glaubwürdigkeit völlig dahin und die Demonstrationen in Tokio werden noch größeren Zulauf bekommen. Die Schadenersatzansprüche von Hundertausenden Opfer und womöglich Millionen Grundwassernutzer hat die Börsenkurse in Japan stürzen lassen. Japan steht vor der Bewältigung einer Katastrophe, die nur noch von einem Krieg übertroffen werden kann.

In Fukushima-Daiichi gab es bereits an zwei Reaktoren schwere Explosionen, am dritten Reaktor lagen die Brennstäbe am Montag innerhalb weniger Stunden zwei Mal komplett frei. Die Behörden schließen mittlerweile auch nicht mehr aus, dass der Uran-Kern die äußere Schutzhülle des Reaktorblocks durchschmilzt und eine große Menge Radioaktivität austritt. „Es sich unmöglich zu sagen, ob das passiert ist oder nicht“, erklärte Naoki Kumagai von der japanischen Atombehörde.

Bei der Wasserstoffexplosion in Block 3 des AKW Fukushima-Daiichi, die die Außenwände zerstörte und nur das Stahlgerüst der Konstruktion stehen ließ, wurden am Montag nach amtlichen Angaben elf Menschen verletzt. Regierungssprecher Yukio Edano sagte, der innere Schutzmantel um die Brennstäbe sei bei der Explosion intakt geblieben. Später erklärte er jedoch, eine Kernschmelze in den drei Reaktoren von Fukushima-Daiichi sei „höchst wahrscheinlich“.

Bereits am Wochenende waren 185.000 Anwohner im Umkreis von 20 Kilometern um das Kraftwerk evakuiert worden. Bei 160 Personen wurden höhere Strahlenwerte gemessen. Der Zustand der Brennstäbe in Block 2 ist ungewiss. Im dritten von insgesamt vier Reaktoren des Kraftwerks lagen die Brennstäbe am Montag mindestens zweimal kurzzeitig komplett frei, wie Betreiber und Behörden bestätigten. In die im Block 2 gelegene Anlage wurde Meerwasser zur Kühlung eingeleitet.

Es bestehe die Gefahr einer weiteren Explosion, sagte ein Sprecher der Betreiberfimra Tokyo Electric Power Co (TEPCO. Man versuche weiterhin den Zustand der Brennstäbe von Block 2 zu ermitteln, sagte Ryohei Shiomi von der Atom- und Industrieagentur. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie inzwischen beschädigt wurden“, fügte er hinzu. Wissenschaftler sprachen von einer ernsthaften Gefahr, gingen aber nicht davon aus, dass sich eine Katastrophe wie in Tschernobyl 1986 ereigne. So habe der ukrainische Reaktor keine Sicherheitshülle gehabt. Die Wahrscheinlichkeit, dass es wie in Tschernobyl zu einem großen Feuer komme oder eine große Menge Radioaktivität freigesetzt werde, halte er prinzipiell für unmöglich, sagte der Professor für Atomenergie an der Universität von Illinois, James F. Stubbins.

Wegen der erhöhten Strahlenbelastung durch die Dampfwolke der Explosion verlegten die US-Streitkräfte Schiffe und Flugzeuge ihrer vor Japan liegenden 7. Flotte weg von dem Kraftwerkskomplex. Die japanische Regierung sagte eine für Montag geplante dreistündige Stromabschaltung in Tokio und anderen Städten ab. Regierungssprecher Edano rief alle Bürger stattdessen zum Energiesparen auf. Sollte das nicht reichen, werde die angekündigte Stromrationierung in acht Präfekturen doch noch umgesetzt.

Bergungstrupps kämpften sich in den vom Beben der Stärke 9,0 und dem folgenden Tsunami verwüsteten Orten an der Nordostküste mit Kettensägen und Spitzhacken durch Trümmer vor. Oft fanden sie nur noch Tote. An den Stränden der Region Miyagi wurden bei Inspektionsflügen weitere 1.000 angeschwemmte Leichen entdeckt. Es wird befürchtet, dass weit mehr als 10.000 Menschen bei der Doppelkatastrophe ums Leben kamen. „Die Menschen überleben mit nur wenig Lebensmitteln und Wasser“, sagte ein Beamter der Präfektur Iwata, eine der drei am härtesten getroffenen. „Wir haben die Regierung (in Tokio um Hilfe gebeten, aber die Regierung ist vom Ausmaß der Schäden und der enormen Nachfrage nach Lebensmitteln und Wasser überwältigt“, sagte der Beamte Hajime Sato. „Wir bekommen nur zehn Prozent von dem, was wir erbeten haben. Wir sind aber geduldig, weil alle im Bebengebiet leiden.“ Zu den knappen Gütern gehörten auch Leichensäcke und Särge, sagte Sato.

Wegen der Lage in Japan kommen die Atomkraftwerke in Europa auf den Prüfstand. Deutschland setzt die beschlossene Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke vorübergehend aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU kündigte ein drei Monate dauerndes Moratorium an. Die Sicherheit aller deutschen Atomkraftwerke müsse rückhaltlos und vorbehaltlos überprüft werden. EU-Energiekommissar Günther Oettinger droht mit Kraftwerksschließungen. Auf Drängen Österreichs sollen Stresstests für alle Brüter in Europa beschlossen werden. Die Schweiz stoppte am Montag vorerst alle Pläne für neue Atomkraftwerke. Die Börse in Tokio gab am Montag kräftig nach. Der Nikkei-Index fiel am ersten Handelstag seit der Katastrophe um 634 Punkte auf 9.620 Zähler – das entspricht einem Verlust von 6,2 Prozent. Die japanische Zentralbank pumpte 15 Billionen Yen (132 Milliarden Euro in die Geldmärkte. Ersten Schätzungen zufolge verursachte das Erdbeben Schäden von mehreren Dutzend Milliarden Euro.

Quelle: Johannes Schumacher

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