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Wiener Konferenz: Mehrheit der Staaten für mehr Schutz der Zivilbevölkerung vor Bombardierungen

Archivmeldung vom 02.10.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.10.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Bombardierung und Bombenteppiche (Symbolbild)
Bombardierung und Bombenteppiche (Symbolbild)

Bild: Eigenes Werk /OTT

Vertreter/-innen von 133 Staaten und der Zivilgesellschaft kamen für zwei Tage in Wien zur "Internationalen Konferenz zum Schutz der Zivilbevölkerung in der städtischen Kriegsführung" zusammen.

Die Mehrheit der Teilnehmenden unterstützte die Notwendigkeit, dass das menschliche Leid, das durch den Einsatz von Explosivwaffen verursacht wird, beendet werden muss und zeigte sich dazu bereit, mit diesem Ziel an einem politischen Instrument zu arbeiten. Die Konferenz ebnete den Weg für einen Verhandlungsprozess, an dessen Ende im Frühjahr 2020 eine politische Erklärung zur Verabschiedung vorgelegt werden soll. Die Vertreter Deutschlands verpflichteten sich in Wien, konstruktiv an dem Prozess hin zu einer politischen Erklärung mit zu arbeiten. Die Hilfsorganisation Handicap International (HI) hatte jahrelang auf die menschliche Tragödie durch die Bombardierung in Wohngebieten hingewiesen. Die Organisation begrüßte die große Anzahl an teilnehmenden Staaten und unterstrich, dass auch konkrete Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer Teil der Erklärung sein müssen.

133 Staaten waren der Einladung Österreichs gefolgt, sich über die schrecklichen Auswirkungen zu informieren, die Zivilist/-innen durch Bombenangriffe und Beschuss in städtischen Gebieten erleiden müssen. Darüber hinaus wurde über die technischen, rechtlichen und militärischen Aspekte der Kriegsführung in Wohngebieten diskutiert. Diese internationale Konferenz war die erste dieser Größe und ein einschneidendes Ereignis, um die verheerenden humanitären Folgen dieser Kriegsführung anzusprechen. Die hohe Anzahl von Staaten, die an der Wiener Konferenz teilnahmen, ist bereits als ein großartiger Erfolg zu werten.

Dringender Handlungsbedarf

Einige engagierte Staaten sowie Organisationen wie Handicap International (HI) und andere Mitglieder des Internationalen Netzwerks zu Explosivwaffen (INEW) hatten jahrelang auf die Dringlichkeit des Problems hingewiesen. Eine Mehrheit der auf der Konferenz anwesenden Staaten hat nun anerkannt, dass dringend gehandelt werden muss: Sie sind bereit, in den kommenden Monaten über eine politische Erklärung zur Beendigung des menschlichen Leidens durch den Einsatz von Explosivwaffen zu verhandeln, beginnend mit einem ersten Treffen am 18. November in Genf.

Die Leiterin der Politischen Abteilung von Handicap International Deutschland, Dr. Eva Maria Fischer, sagte anschließend: "Wir freuen uns, dass so viele Staaten endlich handeln und eine politische Erklärung aushandeln, wie wir es seit Langem gefordert haben. Besonders begrüßen wir das starke Engagement der deutschen Regierung und ihre Ankündigung, im nun beginnenden Verhandlungsprozess konstruktiv mitzuarbeiten. Das werden auch wir von HI tun. Wir werden weiterhin unsere Beobachtungen und Erkenntnisse aus den betroffenen Gebieten liefern und gleichzeitig unsere öffentlichen Kampagnen verstärken, um sicherzustellen, dass diese einzigartige Möglichkeit, menschliches Leid zu lindern, zu einem erfolgreichen Ergebnis führt. Wir fordern, dass eine künftige politische Erklärung den Einsatz von Explosivwaffen mit Flächenwirkung in bevölkerten Gebieten beendet und konkrete Maßnahmen zur Unterstützung der betroffenen Menschen beinhaltet."

Mahnmal für den unbekannten Zivilisten

HI erinnerte die Teilnehmer/-innen der Konferenz an die menschliche Tragödie mit einem "Mahnmal für den unbekannten Zivilisten", das in den Konferenzräumen aufgestellt wurde. Der Präsident der Konferenz Thomas Hajnoczi legte zusammen mit dem Vizepräsidenten des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK), Gilles Carbonnier, Hansjörg Strohmeyer vom Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen (OCHA) und der politischen Direktorin von HI, Anne Héry, Blumen am Denkmal nieder, um allen Opfern von Explosivwaffen zu gedenken. Das Mahnmal wird künftig noch an weiteren Orten aufgestellt werden.

90 Prozent der Opfer sind Zivilist/-innen

Bewaffnete Konflikte werden zunehmend in Ballungsgebieten, vor allem in Städten, ausgetragen. Die Auswirkungen des Einsatzes von Explosivwaffen sind für die Zivilbevölkerung verheerend: 2018 wurden laut der Organisation "Action on Armed Violence" (AOAV) 20.384 Zivilisten/-innen durch Explosivwaffen getötet oder verletzt. Wenn diese Waffen in besiedelten Gebieten eingesetzt werden, sind 90% der Opfer Zivilist/-innen. Die massive Verseuchung mit explosiven Kriegsresten ist einer der Hauptgründe für die Vertreibung der Bevölkerung außer- und innerhalb der Landesgrenzen.

Zerstörte Infrastruktur verhindert Rückkehr der Geflüchteten

Der Einsatz von Explosivwaffen in bewohnten Gebieten führt nicht nur zu unmittelbaren Todesfällen und Verletzungen. Er zerstört auch wesentliche Infrastrukturen, zum Beispiel Häuser, Krankenhäuser, Schulen und die Wasser- und Stromversorgung. Dazu verseucht er die Gebiete massiv mit explosiven Kriegsresten und ist hauptverantwortlich dafür, dass die Bevölkerung innerhalb des Landes oder über Grenzen hinweg zur Flucht gezwungen wird.

Schutz für die Zivilbevölkerung

Dies ist ein historischer Moment für die Bevölkerung, die in Konflikten lebt. Vor 20 Jahren gelang es Handicap International und der Internationalen Kampagne für das Verbot von Landminen (ICBL) mit der Annahme des Ottawa-Vertrags 1997, Landminen zu verbieten. Vor zehn Jahren gelang es der Kampagne gegen Streubomben (CMC) mit der Unterzeichnung der Oslo-Konvention 2008, Streumunition zu verbieten. HI hat nun erneut die Möglichkeit, Geschichte zu schreiben und die Staatengemeinschaft und ihre Streitkräfte zu verpflichten, die Zivilbevölkerung in Konflikten besser zu schützen. Der Einsatz von HI gilt dabei schon immer dem Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten.

Quelle: Handicap International (ots)

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