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Merkel will vermeiden als Bundeskanzlerin, die Russland verloren hat, in die Geschichte einzugehen

Archivmeldung vom 20.08.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.08.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Anja Schmitt
Bild: Screenshot Youtube
Bild: Screenshot Youtube

Nach 16 Jahren konstruktiver Zusammenarbeit mit Wladimir Putin will sie nun laut dem Projektleiter des Deutsch-Russischen Forums, Alexander Rahr, am Ende ihrer Amtszeit einen positiven Schlusspunkt in der deutschen Russlandpolitik setzen und möchte es vermeiden, als eine Bundeskanzlerin in die Geschichte einzugehen, die Russland verloren hat. Dies berichtet das russische online Magazin „SNA News“ .

Weiter ist auf deren deutschen Webseite dazu folgendes geschrieben: "„Mit dem russischen Präsidenten hat sie noch manches zu besprechen“, sagte der Russlandexperte während einer Videokonferenz in der Nachrichtenagentur „Rossiya segodnya“. „Fürs Erste Afghanistan. Den Deutschen leuchtet immer mehr ein, dass die Lage rund um Afghanistan ohne Russland nicht zu stabilisieren ist. Darüber hinaus ist es für die Lösung der Migrationsfrage unentbehrlich, die ich als die brisanteste während des Bundestagswahlkampfs einstufen würde. Es findet ein strategisches Gespräch mit dem Ziel statt, mit Russlands Unterstützung und von seinem Einfluss auf die mittelasiatischen Republiken, darunter Usbekistan, profitierend, das Problem der afghanischen Flüchtlinge zu lösen, damit eben diese Länder sie aufnehmen und Deutschland eine zweite Zuwanderungskrise erspart bleibt, die sich auf Merkel und ihre Partei katastrophal auswirken würde.“

Ein zweites wichtiges Thema sei die Ukraine, so Rahr. „Natürlich möchte Merkel ihre Kanzlerschaft nicht mit dem Geständnis beschließen, dass die Minsker Abkommen nicht funktionieren. Ich glaube, sie möchte eine Brücke für ihren Amtsnachfolger Laschet bauen, auf die sie Hoffnungen setzt, dass er darauf weitergehen, wenn auch langsam, aber Fortschritte machen kann. Sicher wird sie in Moskau und anschließend in Kiew darauf bestehen, dass Steinmeiers Formel verwirklicht wird, laut der einzelne Bezirke der ukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk einen besonderen Status bekommen und auf diesen Territorien Wahlen durchgeführt werden sollen, damit die Minsker Abkommen doch endlich Wirkung zeigen. Wiederum möchte sie es vermeiden, als die Politikerin in die Geschichte einzugehen, die in ihrer Qualität als wichtige Vermittlerin in dieser Sache sie zum Scheitern gebracht hat.“

„Der dritte Punkt, von dem wenig gesprochen wird, ist der Petersburger Dialog, die wichtigste Dialogplattform für die Zivilgesellschaften beider Länder“, fährt der Russlandexperte fort. „Weltweit hat außer Deutschland niemand einen solchen Dialog mit Russland. Zwar haben ihn die Deutschen für einige Zeit eingestellt, weil drei Menschenrechts- bzw. grüne Organisationen, die im Vorstand des Petersburger Dialogs vertreten sind, in Russland als unerwünscht eingestuft wurden. Doch muss der Dialog gerettet werden. Über seine Zukunft müssen Putin und Merkel gemeinsam entscheiden. Ich will hoffen, dass sich dabei irgendein Kompromiss findet.“

Merkel wäre aber nicht sie selbst, hätte sie nicht dafür gesorgt, in Moskau wegen Menschenrechtsverletzung an Russland Kritik zu üben“, betont Rahr. „Zum Unterschied von Kohl und Schröder war sie es, die eine Politik zur Förderung der liberalen Werte gegenüber Rußland initiiert hat. Dennoch wird Merkel versuchen, den Eindruck zu mildern, den Ralph Bollmanns Buch ‘Angela Merkel. Die Kanzlerin und ihre Zeit’ vermittelt, sie hätte vor sieben Jahren während der Ukraine-Krise bei einem Telefonat mit Putin in schroffem Ton geredet, die beiden hätten sich beinahe beschimpft, sie wäre selten nach Moskau gekommen aus Furcht, Putin könnte sie reinlegen, und hätte ihm diese ganze Zeit generell misstraut. Dabei bezweifeln viele in Deutschland, dass Merkel das alles überhaupt je gesagt hat.“

Im Gegensatz zu Schröder stünde sie mit Putin wirklich nicht im freundschaftlichen Verhältnis, stellt der Politologe fest. „Es gelang ihr jedoch, viele Probleme konstruktiv zu lösen. Man vergesse nicht, dass gerade Merkel 2008 eine Erweiterung der Nato um die Ukraine und Georgien verhinderte und dann das Minsker Format erfand. All das zeugt von ihren konstruktiven Beziehungen zu Putin.“

„Merkel verteidigte Nord Stream 2 mit Löwenmut“, fügt Rahr hinzu. „Nicht aber etwa aus Vorliebe für Russland und Putin, sondern weil sie dies kommerzielle Projekt als vorteilhaft für Deutschland und Europa bewertet, weil man in den kommenden 30–40 Jahren Gas brauchen wird und das Gas aus Russland billig ist. Es muss bezogen werden. Dabei wurden die Deutschen von den USA und einigen osteuropäischen Ländern in die Zange genommen in der Erwartung, die Pipeline würde nicht fertig gebaut werden.“

Nun müsse aber die Ukraine, da sie für den Transfer des russischen Gases viel Geld bekommen möchte, Russland gefallen, ist sich der Autor des Buches "Russland gibt Gas" sicher, sie müsse Marktverhältnisse schaffen, die Russland überzeugen würden, dass es auch über die Ukraine, nicht nur über die Nord-Stream-Rohrleitungen Gas mit Vorteil für sich pumpen könne. „Dann wäre alles in Ordnung. Es kommt aber nicht von ungefähr, wenn die Ukraine Laschet fürchtet: Dort weiß man schon, mit ihm ist nicht gut Kirschen essen.“

Merkels anhaltender Pragmatismus?

Auf die SNA-Frage, ob die Moskau-Reise für Merkels anhaltenden Pragmatismus spreche, gestand Rahr, ihre Russlandpolitik immer noch nicht ganz durchschaut zu haben. „Sie weiß, was Russland ist, und war deshalb bemüht, mit ihm konstruktiv zu reden. Als die Grünen und einige osteuropäische Länder von ihr verlangten, sie solle mit Russland hart reden, Russland müsse für sein Verhalten bestraft werden, als sie meinten, die nationalen Interessen der Polen, Balten und anderen ,Opfer des Kommunismus‘ müssten Deutschland viel näher liegen als die russischen, betonte Merkel in nichtoffiziellen Gesprächen, dass man auf keinen Fall es sich mit Russland verderben, mit ihm in Konflikt geraten sollte. Man müsse bis zuletzt versuchen, sich mit Russland zu einigen. Dies zeugt schon von ihrem Pragmatismus.“

Zugleich habe Merkel nach Meinung Rahrs einen Fehler begangen, „indem sie auf die positive Agenda, die zweite Ostpolitik, verzichtet hat, die von ihren Vorgängern Helmut Kohl und Gerhard Schröder betrieben worden war. Selbst im Hinblick auf die Osterweiterung der Nato suchten sie, ein besonderes Verhältnis zu Russland zu bewahren und es in Sicherheitsfragen zu Rate zu ziehen. Merkel weigerte sich definitiv, dies zu machen, es hieß, sie wolle ohne Mitwissen der Polen und Balten nichts unternehmen und würde ,nach Moskau über Warschau‘ fliegen. Das tat sie natürlich nicht, sprach aber mit den Polen viel über Russland. Dabei beschloss sie, gegenüber Russland eine an liberalen Werten und Menschenrechten orientierte Politik zu betreiben, als hätte Deutschland keine Interessen in Russland außer diesen.“

Warum verlangt Merkel von der Ukraine nicht eine strikte Einhaltung der Minsker Abkommen?

Rahr meint, Merkel würde es doch tun, wenngleich inoffiziell. „Und die ukrainische Seite ärgere sich sehr darüber. Hinter der Szene, in nichtoffiziellen Gesprächen lassen die deutschen Behörden ihre Unzufriedenheit mit der Ukraine, die Minsk ignoriert, und ihren Überdruss durchblicken.“ Merkel und die deutsche Diplomatie seien aber der Meinung, urteilt der Experte, dass man Russland in dieser Hinsicht nicht ermutigen dürfe. „Falls wir die Ukraine offen kritisieren, vergeben wir dadurch quasi Punkte an Russland. Deutschland will diesen Anschein ja nicht erwecken.“

Zum Unterschied von einigen Experten, denen scheint, dass Berlin und Paris die Ukraine nicht gehörig unter Druck setzen, ist auch Wladislaw Below, Vize-Direktor des Europa-Instituts in Moskau, der sich auch an der Diskussion beteiligte, der Meinung, dies stimme nicht. „In deutsch-französischen Unterlagen steht, dass beide Länder zur Lösung der Ukraine-Krise mit Kiew und Moskau im Normandie-Format weiterarbeiten wollen. Hoffentlich wird auch die neue deutsche Regierung in diesem Sinne handeln.“

„Auch die Position von Kiew leuchtet ein, welches jede positive Entwicklung bei der Lösung beliebiger Fragen im Zusammenhang mit der Ostukraine als kolossalen Nachteil für sich empfindet“, behauptet der russische Deutschlandexperte: „Aus dem einfachen Grunde, dass die Minsker Abkommen, geknüpft an die antirussischen Sanktionen, ein Werkzeug darstellen, mit dem Kiew auf Moskau Druck ausübt. Das wird dort auch ohne Weiteres verlautbart. Daher gilt die dortige Reaktion auf Nord Stream 2 nicht bloß dem Gastransport unter Umgehung der Ukraine. Sie gilt dem positiven, wenn auch in mancher Hinsicht vom Kompromiss geprägten, Beschluss der USA und Deutschlands zu Nord Stream 2, den die Ukraine eben deshalb nicht akzeptiert, weil er Moskau begünstigt. Wird Russland auch nur um ein Tausendstel gefördert, erhebt Kiew Protest. Diese Position passt weder Berlin noch Paris“, resümiert Below."

Quelle: SNA News (Deutschland)


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