Ist der Iran ein Günstling Washingtons?
Archivmeldung vom 24.02.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDiese Frage stellt Wadim Fersowitsch in seinem Bericht bei Radio "Stimme Russlands", in dem es heißt: "Das Schicksal der Länder, die in den USA in Missgunst stehen, ist recht traurig. Behörden und Regime verschiedener Saaten als „schlecht“ und „sehr schlecht“ zu brandmarken, ist im Weißen Haus bereits seit Langem eine beliebte Belustigung. Die erste Zeile in der „schwarzen Liste“ Washingtons belegt schon seit fast 35 Jahren der Iran."
Fersowitsch weiter: "Seitdem die beiden Länder 1980 die diplomatischen Beziehungen abgebrochen haben, meint man weltweit, dass die USA alles Mögliche tun, um ihren Rivalen unter die Erde zu bringen. Doch am 24. 2013 sagte Barack Obama in seiner Rede im UN-Sicherheitsrat: „Die USA wollen keinen Regimewechsel im Iran.“ Dieser Satz mutete zwar etwas seltsam an, doch es stellt sich heraus, dass die USA alles tun, damit alle geopolitischen Träume Teherans wahr werden.
So beeilten sich die USA und die Nato in Afghanistan, als der Iran bereit war, selbstständig gegen die Erzfeinde der Schiiten – die Taliban – zu kämpfen, dort die ganze Dreckarbeit für den Iran zu erledigen. Nun hassen die Afghanen nicht den Iran, sondern die USA und Europa, wobei Erstere ohne weitere Anstrengungen ihre traditionellen Einflussgebiete im Westen des Landes bekamen.
All das könnte man als einen bedauerlichen Fehler betrachten. Doch ein ähnliches Szenario wurde bereits einmal zu Irans Gunsten unter Mitwirkung von erfahrenen Diplomaten und Spionen im Irak abgespielt. Nachdem das Hussein-Regime erfolgreich vernichtet worden war, haben die USA für die Entstehung eines proiranischen schiitischen Regimes im Irak gesorgt, sagt Schah Mahmud, Leiter des Lehrstuhls für Orientkunde an der Moskauer Hochschule für internationale Beziehungen. Diese Meinung vertritt auch der bekannte irakische Politiker Iyad Allawi. Dieser hat als „amerikanischer“ Präsidentschaftskandidat im Irak im entscheidenden Augenblick feststellen müssen, dass die USA ihm den Schiiten Maliki bevorzugten. Laut Allawi haben die USA den Irak einfach an den Iran preisgegeben. „Heute ist der Irak eine iranische Kolonie“, schließt er.
Bemerkenswert ist, dass es der Chef der Iranischen Revolutionsgarde Qassem Suleimani war, der im Irak genauso wie in Afghanistan den USA geholfen hat, die Feinde Irans niederzuwerfen. Der Sepah-Chef unterhielt seit dem Herbst 2001 einen aktiven Austausch von vertraulichen Informationen zwischen dem Iran und den USA.
Wie sich der US-amerikanische Diplomat Ryan Crocker erinnerte, übergaben ihm die Iraner damals einen ausführlichen Stellungsplan der Taliban. Er stellte ihnen seinerseits die Adresse des Al-Qaida-Funktionärs im iranischen Maschhad bereit. Soweit so gut, doch im Januar 2002 hat US-Präsident George Bush den Iran plötzlich zur „Achse des Bösen“ erklärt. Wie Crocker in einem „New Yorker“-Interview sagte, habe „ein einziges Wort in der Präsidentenrede den Lauf der Geschichte verändert“. Allerdings nicht die Beziehungen der beiden Länder. Es gibt Zeugnisse dafür, dass Suleimani den USA bei der Auswahl der Kandidaten in die erste irakische Regierung half. So wurde der proiranische kurdische Politiker Jalal Talabani zum iranischen Präsidenten. Zum Premier wurde der Schiit Nouri al-Maliki gewählt.
Als die Beziehungen aus den Fugen gingen, war der iranische Einfluss bereits so hoch, dass die Amerikaner es nicht vermochten, Suleimani zur Zeit seines Besuchs in der Grünen Zone in Bagdad zu verhaften. Später entließen sie den General iranischer Geheimdienste Mohsen Chizari, der im Irak festgehalten worden war. Wahrscheinlich wa auch Teheran im Spiel, als die irakische Führung auf einen Abzug der US-Truppen aus dem Land bestanden hat. „Zehn Jahre Beziehungen zwischen den USA und dem Irak waren für die Katz’“, sagte einer der früheren irakischen Minister.
Heute geschieht das Gleiche in Afghanistan. Die USA scheinen nichts dagegen zu haben, dass der Iran riesige Beträge an die Führung dieses Landes zahlt und Mohammed Fahim, der erste afghanische Vizepräsident, ein proirakischer Schiit ist. Schließlich ist es wohl eine Reverenz an Teheran, wenn die USA darauf bestehen, ihre Truppen nach 2015 im Land zu lassen, um auch weiterhin lokale Dschihadisten von Abrechnungen mit Schiiten effizient ablenken zu können.
Allerdings scheint Teheran amerikanische Militärs nicht mehr zu brauchen. Bei bestehenden Verträgen über strategische Partnerschaft mit dem Irak und Afghanistan unterstützt der Iran nun, wie er es seinerzeit auch im Irak gemacht hat, den Präsident Hamid Karzai in seinem Vorhaben, auf den bilateralen Sicherheitsvertrag mit Washington zu verzichten. Dies bedeutet einen vollständigen Truppenabzug der westlichen Koalition nach einem „irakischen Szenario“. Oder diesmal eher nach einem iranischen Szenario."
Quelle: Text Wadim Fersowitsch - „Stimme Russlands"