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Abmahnungen - Kosten und kein Ende?

Archivmeldung vom 09.12.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.12.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Gerade in Zeiten des Internets sind Rechtsverstöße leicht aufzuklären. Solche führen in der Regel zu einer Abmahnung durch Wettbewerber oder Verbraucher-Verbände. Die hierbei geltend gemachten Gebühren sind jedoch nicht immer gerechtfertigt.

Der Markt für Abmahnungen boomt! Das Land Hamburg kann durch die Vielzahl der vor dem Landgericht Hamburg geltend gemachten Abmahnungen und der hierdurch erzielten Gerichtsgebühren seinen gesamten Justizapparat finanzieren. Dies macht deutlich, welchen Stellenwert das Abmahnwesen für die Volkswirtschaft und auch für die Anwaltschaft hat. Allerdings sind nicht alle Ansprüche, die auf dem weiten Feld der wettbewerbsrechtlichen, markenrechtlichen, urheberrechtlichen und patentrechtlichen Abmahnungen erzielt werden, gerechtfertigt.

Vor der Kostenerstattung ist zu überprüfen, ob die Einschaltung von Rechtsanwälten für eine Abmahntätigkeit überhaupt notwendig gewesen ist. Der Abmahnende hat hier eine Schadensminderungspflicht.

Im Grundsatz ist die Einschaltung von Rechtsanwälten wohl immer dann notwendig, wenn eine Verletzung absoluter Schutzrechte vorliegt. Dieses ist dann gegeben, wenn gegen die Grundsätze des Urheberrechts, des Markenrechts und des Patentrechts verstoßen wird. Bei einer Abmahnung nach dem Wettbewerbsrecht (UWG) ist eine Differenzierung angezeigt. In einfach gelagerten Fällen, wie zum Beispiel einem Vorgehen nach § 7 UWG wegen unerbetener Telefonanrufe oder Telefaxe, soll eine Kostenerstattung nicht immer notwendig sein. Auch wenn ein Unternehmen die nötige Kompetenz und die Ressourcen selbst hat, um eine Abmahnung vorzunehmen, z.B. durch eine Rechtsabteilung, soll eine Kostenerstattungspflicht nicht gegeben sein. Hierdurch wird jedoch ein Unternehmen privilegiert, welches gerade keine Rechtsabteilung vorhält, auch wenn es dieses zur Abmahnung von wettbewerbsrechtlichen Verstößen tun könnte.

Die oftmals zitierte Meinung, dass eine große Anzahl von Abmahnungen bereits unzulässig sei und gegen die geltend gemachten Kosten eingewandt werden könne, greift nach der wohl herrschenden Rechtsprechung nicht. Diese geht eher davon aus, dass eine umfassende Abmahntätigkeit gerechtfertigt ist, wenn diese durch ebenfalls zahlreiche Verletzungshandlungen notwendig wurde. Dieses kann zumindest bei den zahlreichen im Internet zu findenden Wettbewerbsverstößen bejaht werden.

Eine Abmahntätigkeit ist in jedem Fall unzulässig, wenn das Gebührenerzielungsinteresse dabei im Vordergrund steht und es dem Abmahnenden gar nicht vornehmlich auf die Lauterkeit des Wettbewerbs ankommt. Dieses wird dann vermutet, wenn bei einem Unternehmen die Abmahntätigkeit umfangreicher ist, als die sonstige Geschäftstätigkeit. Des Weiteren wird vom vordergründigen Gebührenerzielungsinteresse auch dann auszugehen sein, wenn der Abmahnende an der Kostenerstattung für seinen Anwalt mit verdient. Eine solche Absprache wird sich jedoch nur schwer nachweisen lassen. Ähnlich verhält es sich, wenn der Abmahnende seinem Anwalt das Abmahngeschäft komplett überlässt, der Gestalt, dass dieser auch die Ermittlung von Wettbewerbsverstößen übernimmt und entscheiden kann, ob gegen den Verletzer vorgegangen wird. Weitere Indizien für das bloße Gebührenerzielungsinteresse sind in der Rechtsprechung darin gesehen worden, wenn im gerichtlichen Prozess gar keine Unterlassungsansprüche, sondern lediglich Kostenerstattungsansprüche geltend gemacht werden. Des Weiteren kann dies auch dann der Fall sein, wenn lediglich Unterlassung und Kostenerstattung bei einer Verletzungshandlung verlangt wird, der Geschädigte aber niemals Schadensersatz fordert, auch wenn dieser nennenswert wäre. Solche Fälle sind im Wettbewerbsrecht eher selten, da hier der zu erzielende Verletzergewinn schwer zu ermitteln ist und nach § 10 Abs. 1 UWG an den Staat abgeführt werden muss.

Sollte die Abmahnung berechtigt sein, empfiehlt es sich in der Regel, den Unterlassungsanspruch zügig anzuerkennen und nur noch mit dem Abmahnenden über die Kosten zu streiten. Erfolgt eine Unterlassungserklärung nicht, so wird wohl spätestens die zweite Abmahnung durch einen Anwalt die Kostenpflicht auslösen.

Zum Streitwert herrschen immer noch völlig unterschiedliche Auffassungen sowohl bei den abmahnenden Rechtsanwälten als auch bei den unterschiedlichen Gerichten. So ist zum Beispiel das Landgericht Hamburg für eher hohe Streitwerte bekannt, während man vor dem Landgericht in Berlin inhaltsgleiche Wettbewerbsverstöße oftmals schon zum halben Preis ausgeurteilt bekommt. In der Sache spielen hier wohl die Landgerichte Hamburg und Köln die Vorreiterrolle, wenn es um hohe Streitwerte geht.

Günstig kommt der Verletzer in der Regel dann davon, wenn es sich um eine Wettbewerbsverletzung nach dem UWG handelt. Hier sind die Streitwerte gerade bei kleineren Unternehmen, die keine bundesweite Bedeutung haben und deren Wettbewerbsverletzung eher als gering anzusehen ist, gering. Diese gehen von ca. 5.000,00 € Streitwert für fehlende Angaben zur Widerrufsbelehrung und einem unvollständigen Impressum (OLG Frankfurt) bis hin zu einem Streitwert von 7.500,00 € für eine fehlende Telefaxnummer im Impressum eines Ebay-Anbieters (OLG Oldenburg).

Die Streitwerte bei Markenrechtsverletzungen können wesentlich höher liegen. Bekannte Marken können auch bei geringen Verstößen Streitwerte bis zu 250.000,00 € bei den Gerichten festsetzen lassen. Oftmals kommt es wesentlich auf die Bekanntheit der Marke an. Ein Streitwert ab 25.000,00 € dürfte aber die Regel sein.

Im Urheberrecht sind die Streitwerte wesentlich geringer. Von Interesse ist vor allem der Streitwert für illegal erlangte und gespeicherte Musikdateien, auch bekannt als MP3, die in einer Tauschbörse angeboten werden. Hierzu haben die Landgerichte Düsseldorf und Köln entschieden, dass der Streitwert pro abgemahntem Musiktitel bei 10.000,00 € liegt. Das Landgericht Hamburg ist hier ein wenig großzügiger und staffelt die Beträge bei mehreren Verstößen, so dass es letztendlich einen Verletzer-Rabatt gewährt.

Eine weitere Stellschraube zur Kostenreduzierung stellt die Höhe der rechtsanwaltlichen Gebühr dar. In der Regel wird eine Mittelgebühr in Höhe von 1,3 anzusetzen sein. Dieses wird jedoch bei leichten Angelegenheiten, die aus dem UWG resultieren und keine Spezialmaterie darstellen, mittlerweile kritisch gesehen. Hier kann gegebenenfalls nur eine Gebührenhöhe von 0,8 angemessen sein. Ein Abschlussschreiben nach Erlass einer einstweiligen Verfügung ist ebenfalls nicht schwierig und umfangreich und rechtfertigt auch nur eine Gebühr von 0,8.

Bei einer Abmahnung, die durch einen Verband, zum Beispiel die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, erfolgt, ist eine Kostenpauschale festgelegt, welche derzeit pro Abmahnung 176,64 € netto beträgt.

Bei Spezialangelegenheiten aus dem Markenrecht, dem Urheberrecht und dem Patentrecht kann die Rechtsanwaltsgebühr auch erhöht werden, wenn die Sache umfangreich oder schwierig ist. Dies kann dann der Fall sein, wenn lange Lizenzketten im Bereich des Urheberrechts zu prüfen sind. Hier kann in der Regel eine hohe Gebühr angemessen sein. Ist die Mitwirkung eines Patentanwalts erforderlich, so erhöht sich die Gebühr dramatisch, da hierdurch eine Verdopplung der Abmahnkosten entstehen kann.

Quelle: Pressemitteilung Rechtsanwalt Sven Tintemann

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