UNESCO – Welterbestätte Klosterinsel Reichenau
Archivmeldung vom 21.04.2015
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtSeit dem Jahr 2000 ist die Klosterinsel Reichenau in ihrer Gesamtheit in die UNESCO-Welterbeliste eingetragen. Die internationale Aufmerksamkeit und die damit einhergehenden Tourismusströme führten seitdem zu einer zunehmenden Beanspruchung des in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts entstandenen monumentalen Wandmalereizyklus, der mit den Wunderszenen aus dem Leben Jesu als herausragendstes Denkmal einer ganzen Epoche gilt.
Die Erhaltung dieser einzigartigen Wandmalereien stellt die Denkmalpflege immer wieder vor große Herausforderungen. Mit der Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) kann nunmehr in einem zweijährigen Projekt eine nachhaltige Lösung der Probleme herbeigeführt werden.
Nach einer umfassenden Untersuchung Anfang der 1980er Jahre und einer bis 1988 dauernden Restaurierung nahm die Verschmutzung der Maleroberflächen stetig zu. Gleichermaßen gefährden Schimmelpilzbildungen und in den oberflächennahen Materialschichten befindliche Salze die Wandmalereien. Eine von der Landesdenkmalpflege und ICOMOS (Internationaler Rat für Denkmalpflege) organisierte internationale Tagung zum Thema „Klimastabilisierung und bauphysikalische Konzepte - Wege zur Nachhaltigkeit bei der Pflege des Weltkulturerbes“ im Jahr 2004 fand daher nicht ohne Grund auf der Insel Reichenau statt. Mit den bisherigen Anstrengungen, die Raumluftverhältnisse in der Kirche zu verbessern, konnten bisher aber nur Teilerfolge erzielt werden.
Die besonderen Raumklimaverhältnisse in der Kirche und Krypta von St. Georg, die von der Insellage im Bodensee und von den zahlreichen Besuchern maßgeblich beeinflusst werden, sind wesentliche Ursache der vielschichtigen Probleme, denen die Wandmalereien unterworfen sind. Dies war Auslöser für das Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart und die Materialprüfungsanstalt der Universität Stuttgart, sich intensiver mit den vorliegenden Materialgefügen von Mauerwerk, Mörtel und Malereien und deren Reaktionen auf die variablen Raumklimaverhältnisse zu befassen. Hierbei sollen auch die jahreszeitlich sich verändernden Einflüsse aus Witterung, Tourismus, Nutzung sowie spezifische Randbedingungen der landwirtschaftlichen Nutzung benachbarter Ackerflächen untersucht werden. Wesentlicher Aspekt des nun von der DBU bewilligten Projektes ist die Findung und Umsetzung einer auf die Bedürfnisse der Kirche und ihrer Ausstattung wie auch der Krypta ausgerichtete Stabilisierung des Raumklimas.
Dr. Dörthe Jakobs, verantwortlich für die Konservierung der Wandmalereien in der Kirche St. Georg, und Prof. Dr.-Ing. Harald Garrecht, Spezialist für Klimafragen und Materialität, haben daher ein interdisziplinäres Team aus Restauratoren, Mineralogen, Chemikern, Ingenieuren, Mikrobiologen, Materialwissenschaftlern, Bauphysikern u.a. zusammengestellt. Gemeinsam mit der Kirchengemeinde und dem zuständigen Erzbischöflichem Bauamt sollen, aufbauend auf den Erkenntnissen der vor über 25 Jahren durchgeführten Untersuchungen, mit innovativen Methoden und Technologien das Verständnis für die Ursachen der Beanspruchung und der daraus resultierenden Schädigung der Malerei herausgearbeitet und besser verstanden werden.
Prof. Harald Garrecht von der Materialprüfungsanstalt der Universität Stuttgart unterstreicht das Projektziel, demnach die in Abhängigkeit unterschiedlicher Parameter erforderlichen Raumklimaanforderungen sowohl für den Wandmalereizyklus in der Kirche wie auch die Wandmalereien in der Krypta zu definieren sind, mit deren Einhaltung ein weiteres Voranschreiten der Schädigung der Malereien dauerhaft vermieden werden kann.
Prof. Dr. Claus Wolf, Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege Baden-Württemberg, hebt die Wichtigkeit des Vorhabens hervor, da mit den zu erwartenden Ergebnissen ein essentieller Beitrag für die Erhaltung und den Schutz dieses einzigartigen Kulturerbes geleistet werden kann.
Der Leiter des Referats „Umwelt und Kulturgüter“ bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, Dr. Paul Bellendorf, stellt den innovativen und modellhaften Charakter des Vorhabens heraus: „Die Erkenntnisse und die methodische Herangehensweise des Projektes werden auch für die vielen Problemstellungen an anderen Kulturgütern mit ähnlichen Feuchte- und Klimaproblemen hilfreich sein.“
Das Projekt erfüllt in hohem Maße die Kriterien des Umwelt- und Kulturgüterschutzes. Somit kann sich das Team mit Hilfe der fachlichen und finanziellen DBU-Förderung in Höhe von knapp 120.000 EUR und mit den weiteren bereitgestellten Komplementärmitteln der Denkmalpflege und der kirchlichen Behörden der gestellten Herausforderungen annehmen.
Quelle: Universität Stuttgart (idw)