Eltern fordern Schulvielfalt und freie Schulwahl ohne Zusatzkosten - Elternstudie 2019 offenbart Misstrauen gegenüber staatlichen Schulangeboten
Archivmeldung vom 19.09.2019
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Freigeschaltet durch André OttGäbe es echte Wahlfreiheit zwischen staatlichen, konfessionellen und freien Schulen, würde die Mehrheit der Eltern ihr Kind auf eine freie Schule schicken. Das ergab die Studie "Bildung und Schule - Elternstudie 2019". Zudem sprechen sie sich klar gegen das meist notengebundene Leistungsprinzip und für ein allgemeines Handyverbot an deutschen Schulen aus.
Für die repräsentative Untersuchung wurden im Januar und Februar 2019 im Auftrag des Bundes der Freien Waldorfschulen bundesweit 2.064 Eltern schulpflichtiger Kinder im Alter bis zu 18 Jahren vom Meinungsforschungsinstitut Mentefactum befragt. Angenommen Schulkosten und Schulentfernung wären gleich, würden 47 Prozent der Eltern eine freie Schule für ihr Kind wählen. 41 Prozent würden sich für eine staatliche, 6 Prozent für eine konfessionelle Schule entscheiden.
Dieser Trend zeigt sich auch bei Eltern, deren Kind aktuell eine staatliche Schule besucht: bei 48 Prozent käme ihr Kind dann auf eine freie Schule "Der große Vertrauensvorschuss, den Schulen in freier Trägerschaft offensichtlich bei deutschen Eltern genießen, ist gleichzeitig ein eindeutiges Misstrauensvotum gegenüber dem staatlichen Schulangebot und ein deutliches Plädoyer für die Ermöglichung von Schulvielfalt", sagt Bildungsforscher Prof. Dr. Heiner Barz von der Universität Düsseldorf bei der Präsentation der Studienergebnisse.
Klare Stellung beziehen Eltern auch bei der Frage nach der Schulfinanzierung: 84 Prozent meinen, dass Eltern und Kinder das Recht haben sollten, sich ohne Zusatzkosten für die Schule ihrer Wahl entscheiden zu können. 71 Prozent der Eltern sind der Meinung, dass der Staat hinsichtlich der Finanzierung staatlicher und freier Schulen keinen Unterschied machen sollte.
Vermittlungsauftrag der Schulen
Eindeutig fällt das Elternvotum bei der Frage nach dem vorrangigen Vermittlungsauftrag von Schule aus: 83 Prozent der Eltern erwarten eine vielfältige humanistische Bildung, die vor allem auf das Leben vorbereitet. Nur jeder Sechste (16 %) sieht die vorrangige Schulaufgabe in der direkten Vorbereitung auf den Beruf. Mehr als jedes neunte Elternteil (93 %) sagt, der Schulunterricht müsse dafür sorgen, dass die Kinder auch praktische, künstlerische und musische Kenntnisse und Erfahrungen erwerben. Dem an deutschen Schulen meist vorherrschenden Leistungsprinzip stehen die meisten Eltern kritisch gegenüber: 93 Prozent der Eltern sind der Meinung, dass Schule nicht nur auf Prüfungen ausgerichtet sein sollte, sondern auch die Entwicklung einer selbstbewussten Persönlichkeit fördern müsse.
Digitalisierung: lieber erst ab Klasse 5
Nur 16 Prozent der Eltern finden, dass Grundschulkinder in den Klassen 1 bis 4 digitale Geräte nutzen sollten. Eine deutliche Mehrheit (54 %) hält ihre Verwendung frühestens im Verlauf der der Klassen 5 bis 7 für sinnvoll. 21 Prozent votieren für die 8. Klasse als frühesten Zeitpunkt für die Nutzung von Tablets und Computern im Schulunterricht, immerhin 7 Prozent würden sie komplett aus der Schule heraushalten. Mit 85 Prozent der Befragten spricht sich zudem die klare Mehrheit der Eltern für ein allgemeines Handyverbot für unter 16-Jährige an deutschen Schulen aus, 13 Prozent sind dagegen. Unerlässlich ist es für die überwältigende Mehrheit der Eltern, dass die deutschen Schulen neben den Finanzmitteln für die Digitalisierung zusätzlich Gelder für die Kreativitätsförderung der Schüler erhalten. 9 von 10 Eltern (88 %) unterstützen diese Forderung.
Forderungen an die Bildungspolitik: Faire Finanzierung für freie Schulen
Damit Schulvielfalt verbunden mit echter Wahlfreiheit für die Eltern und Chancengleichheit für die Kinder entstehen kann, bedarf es laut Henning Kullak-Ublick vom Bund der Freien Waldorfschulen grundlegender Veränderungen im deutschen Schulsystem. "Vor allem muss die unterschiedliche Finanzierung von staatlichen und nicht-staatlichen Schulen beendet werden", lautet eine seiner konkreten Forderungen an die Bildungspolitik - auch mit Blick auf die Ergebnisse der Elternstudie 2019. "Die jetzige Schulgesetzgebung fördert ein Zweiklassensystem, indem sie den freien Schulen eine gleichberechtigte Finanzierung vorenthält, zur Erhebung von Schulgeld zwingt und dadurch bewusst Hürden für einen ungehinderten Zugang schafft", sagt Kullak-Ublick. Echte Chancengleichheit sei aber nur durch Vielfalt im Schulwesen möglich, unabhängig von den Schulträgern und den finanziellen Möglichkeiten der Eltern.
Alle Ergebnisse und Informationen zur "Elternstudie 2019": www.waldorfschule.de/elternstudie
Quelle: Bund der Freien Waldorfschulen (ots)