Stadtplaner Albert Speer über die Ethik des Bauens
Archivmeldung vom 25.07.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittVon der aufgekommenen Debatte, ob es moralisch vertretbar sei, für eine Diktatur wie China zu bauen, hält der deutsche Stadtplaner Albert Speer nichts. "Ich halte die Forderung, in China nicht zu bauen, für Blödsinn. Das ist eine typisch deutsche Anmaßung", so Speer.
Der Sohn von Albert Speer senior, welcher für Adolf Hitler die Umgestaltung Berlins plante und Minister für Rüstung und Kriegsproduktion im "Dritten Reich" war, arbeitet bereits seit vielen Jahren in China. 2006 erhielt er den Zuschlag für eine neue Stadt für 300.000 Menschen nahe dem nordchinesischen Industriezentrum Changchun. Das Kunstmagazin art traf Speer nun exklusiv in seinem Büro in Frankfurt am Main und sprach mit ihm über die Ethik des Bauens und die Rolle der Architektur im gesellschaftlichen Wandel.
Eine Grenze zieht der Stadtplaner bei Regierungen, in denen es um eindeutige Militärdiktaturen geht. Doch sonst versteht er sich als Dienstleister. "Woher nehmen wir das Recht, irgendjemandem vorzuschreiben, was er soll, darf oder tun muss." Auch vor dem Hintergrund seiner Familiengeschichte und dem Wirken seines Vaters hält er von einer solchen Form der Einmischung nichts. Er könne sich an kein Beispiel aus all den Jahren erinnern, wo staatlicher Einfluss und staatliches Prestige und Propaganda eine Rolle gespielt haben.
Repräsentationsbauten wie das chinesische Olympiastadion sieht er nicht als Mittel der Propaganda. Vielmehr könne man in ein Gebäude mit einer derartigen Qualität unendlich viel hineinlesen: Vom Glückssymbol "Vogelnest" bis zur Darstellung der unterschiedlichen Kulturen, Sprachen und Völker Chinas. Eine solche Vielfalt zeige Offenheit, so Speer gegenüber art. Anders sieht Speer das bei dem CCTV-Gebäude für das staatliche Fernsehen von Rem Koolhaas. Dort symbolisiere die Architektur einen Machtanspruch, stehe für Kommerz und staatliche Propaganda und auch statisch und konstruktiv sei der CCTV-Tower zudem "mit der Faust durchs Auge" geplant. "Und unter ökologischer, energie- und materialsparender Perspektive ist dieser Bau alles andere als innovativ." Für das Olympiastadion allerdings lässt er diese Kritik nicht gelten: "Die Olympischen Spiele sind das Weltereignis überhaupt, und für so etwas kann man auch mal so ein Stadion bauen. Das muss man nicht unter ökologischen Gesichtspunkten betrachten."