Pflegeheime unter Druck - KI hilft, Engpässe zu managen Digitalisierung in der Pflege Diskussion zum internationalen Tag der Pflege am 12.5.
Archivmeldung vom 08.05.2023
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.05.2023 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Mary SmithWarum werden digitale Technologien und KI-basierte Lösungen in der Pflege bislang so selten genutzt? Ist das eine reine Budgetfrage oder liegt es vielleicht an der unzureichenden digitalen Infrastruktur unserer Pflegeheime?
Wie die aktuelle Nobi AgeTech-Umfrage zeigt, haben knapp 80 % aller Einrichtungen kein stabiles und zuverlässiges W-Lan in allen Räumen. Die technischen Mindestanforderungen sind also häufig nicht gegeben. An dem mangelnden Interesse des Pflegepersonals liegt es jedenfalls nicht. Laut der Umfrage aus März 2023, stehen PflegerInnen dem Einsatz digitaler Systeme sehr positiv gegenüber. Mehr als 96 % der Befragten sind der Überzeugung, dass diese Hilfsmittel in Zukunft eine wichtige oder sogar sehr wichtige Rolle in ihrem Arbeitsalltag spielen werden. 94 % sind gerne bereit, diese Techniken in ihren Arbeitsalltag zu integrieren.
Pflegeheime unter Druck - digitale Technologie hilft, Engpässe zu managen
Pflegeheime stehen unter hohem Erwartungsdruck, was die Qualität der Pflege und die Sicherheit der BewohnerInnen angeht. Gleichzeitig sind Personalmangel und hohe Fluktuation eine große Herausforderung für Management und Betreiber. Digitale Systeme, die sich nahtlos in den Alltag integrieren und sich mit existierenden Ruf- und Dokumentationssystemen verbinden lassen, können dazu beitragen, Personal zu entlasten und gleichzeitig die Pflegequalität zu steigern. Durch den gezielten Einsatz von digitalen Hilfsmitteln werden Personalkapazitäten eingespart, die an anderer Stelle für die menschliche Pflege besser eingesetzt werden können. Was langfristig noch wichtiger ist: Digitale Lösungen können helfen, die Zufriedenheit beim Pflegepersonal zu steigern und dadurch die Fluktuation zu reduzieren. Auch die pflegebedürftigen Menschen profitieren von der Entlastung ihrer BetreuerInnen durch digitale Hilfsmittel: Wenn die PflegerInnen mehr Zeit haben für die menschliche Zuwendung, steigt ihr Glückslevel und sie fühlen sie sich wohler in der Einrichtung.
Beispiel Sturzerkennung mit KI: 80 % mehr Stürze gemeldet
Ein Beispiel für die Unterstützung des Pflegepersonals durch KI-gesteuerte Technologie ist die smarte Leuchte zur Sturzerkennung und Sturzprävention des belgischen Startups Nobi. PflegerInnen leben ständig mit der Angst, dass einer der betreuten älteren Menschen unbemerkt stürzt und dann länger, ggf. verletzt, ohne Hilfe am Boden liegt. Deshalb werden Pflegezimmer ständig kontrolliert, auch in der Nacht. Ein großer Aufwand für das Personal und eine laufende Störung der Privatsphäre und der Nachtruhe für die BewohnerInnen.
Um herauszufinden, ob diese Kontrollfunktion von einer KI-gesteuerten Leuchte übernommen werden kann, wurde im August 2022 im belgischen Pflegeheim Gerstjens ein sechsmonatiger Pilotversuch gestartet. Das Ergebnis hat alle Beteiligten überrascht und gleichzeitig erschreckt: In den 20 mit Nobi-Leuchten ausgestatteten Zimmern wurden 62 Stürze erkannt. Damit wurden dort im Testzeitraum 80 % mehr Stürze festgestellt, als in der vergleichbaren Anzahl an Zimmern ohne das System. Man kann also davon ausgehen, dass ohne Nobi viele Stürze unerkannt bleiben. Bewohner, die in der Lage sind, nach einem Sturz selbstständig aufzustehen, melden dies häufig nicht. Oft aus Scham oder weil sie nicht stören wollen. Den Betroffenen ist jedoch kaum bewusst, dass selbst kleine, scheinbar harmlose Vorfälle manchmal große Folgen haben können. Dank Nobi hat das Personal im Pflegeheim Gerstjens jetzt einen Überblick über 100 % aller Sturzvorfälle und kann im Bedarfsfall nach einem Sturz schnell Hilfe leisten. Selbst Stürze, die sonst unter dem Radar geblieben wären, weil die Bewohner nach einem Sturz noch selbständig aufstehen konnten, werden nun in der Pflegeakte gemeldet. Das funktioniert automatisch, ohne dass das Personal alles manuell in die Akte einträgt.
"Ich habe heute ein großartiges Beispiel dafür gesehen, wie intelligente Technologie das Personal unterstützen und so die Qualität der Pflege verbessern kann. Technologie in der Pflege kann einen erheblichen Mehrwert schaffen", sagte Hilde Crevits, flämische Ministerin für Wohlfahrt, Volksgesundheit und Familie, bei ihrem Besuch in Gerstjens.
Die Betreibergruppe Care-Ion war so überzeugt von dem Pilotversuch, dass sie bis Ende 2024 weitere 700 Zimmer in ihren verschiedenen Einrichtungen mit smarten Nobi Leuchten ausstatten möchte.
Experten diskutieren Thema "Künstliche Intelligenz in der Altenpflege" im "Haus der Zukunft" in Berlin am 9. Mai
Viele Branchen profitieren von deutlichen Arbeitserleichterungen durch neue, digitale Lösungen und Tools. Warum werden diese Angebote in der Altenpflege bislang so wenig genutzt? Dieses Thema diskutieren Experten am 9. Mai im "Haus der Zukunft" in Berlin.
Dr. Kathrin Seibert vom Institut für Public Health und Pflegeforschung (IPP) der Universität Bremen ist eine der profiliertesten deutschen Forscherinnen zum Thema "Digitalisierung und Pflege". In den letzten Jahren forschte sie hauptsächlich im Bereich Pflegeprojekte und KI. Sie ist überzeugt, das digitale Hilfsmittel ein großes Potential in der Altenpflege haben."Der Nutzen von Pflegetechnologie muss für Pflegebedürftige, Pflegepersonal und pflegende Angehörige in der Praxis spürbar sein", sagte sie bei der Vorstellung der Veranstaltung "Rettet künstliche Intelligenz unsere Altenpflege?" Auch Sascha Saßen, der bei Korian, einem der größten deutschen Anbieter von Pflegedienstleistungen, das Qualitätsmanagement verantwortet, sieht den künftigen Einsatz digitaler Anwendungen in den Einrichtungen positiv. Saßen will die Internet- und W-Lan-Ausstattung in den Korian-Pflegeheimen weiter ausbauen, um in allen Bereichen eine stabile Netzverbindung zu ermöglichen. Intensive Schulungen der Mitarbeitenden sollen sie zur Nutzung der neuen Technologien befähigen.
Quelle: nobi (ots)