Beamtenbund wirft Bahn schlechtes Personalmanagement vor
Archivmeldung vom 13.08.2013
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDer Bundesvorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, Klaus Dauderstädt, hat der Bahn "schlechtes Personalmanagement" vorgeworfen. Das gelte nicht nur für Mainz, sondern im Unternehmen Bahn generell. "Hier hat es an Nachwuchsgewinnung, an Zukunftsorientierung gefehlt", sagte Dauderstädt der "Saarbrücker Zeitung" (Mittwochausgabe).
Offenbar sei es jetzt nicht möglich, kurzfristig von anderen Stellwerken Personal nach Mainz abzuziehen, weil die Personaldecke überall zu dünn sei. "Also könnte auch an anderen Bahnhöfen so eine Situation jederzeit eintreten." Schon jetzt sei der Imageschaden für das Unternehmen enorm. "Man hätte besser in mehr Personal investiert, statt in Plakate."
Strikt wandte sich Dauderstädt gegen den Vorschlag von FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle, die Bahn an die Börse zu bringen. "Genau der gegenteilige Schluss ist richtig. Der Fall Mainz zeigt, dass man die öffentliche Infrastruktur nicht wie einen profitorientierten Großkonzern führen kann."
Union offen für Ausschuss-Sondersitzung zum Bahn-Chaos
Der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Dirk Fischer (CDU), hat sich offen für eine Sondersitzung des Bundestags-Verkehrsausschusses zu den Personalengpässen der Bahn im Stellwerk am Mainzer Hauptbahnhof gezeigt. "Wir haben nichts zu verbergen", sagte Fischer "Handelsblatt-Online". Grundsätzlich stehe daher einer Ausschuss-Sondersitzung nichts im Wege. Allerdings sei der Freitag zu kurzfristig angesetzt. "Es muss ein von der Sache her vernünftiger Zeitpunkt gefunden werden."
Derzeit seien viele Abgeordnete entweder im Urlaub oder Wahlkampfterminen verpflichtet. Die SPD hatte wegen der Engpässe in Mainz eine Sondersitzung des Bundestags-Verkehrsausschusses für Freitag beantragt, in der auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) über die Ursachen der Personalkrise berichten soll.
Grünen-Politiker Beck: Ramsauer muss wegen Bahnchaos Urlaub abbrechen
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, hat scharfe Kritik am Krisenmanagement von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) im Zusammenhang mit dem Zug-Debakel am Mainzer Hauptbahnhof geäußert. "Der einzige, der jetzt seinen Urlaub abbrechen muss, ist der Verkehrsminister, der die Schuld an der Misere trägt", sagte er "Handelsblatt-Online". "Es kann doch nicht sein, dass Ramsauer seinen Skandal irgendwo faul am Strand aussitzt, während einfache Bahnmitarbeiter sich für ihre verdienten Urlaubstage rechtfertigen müssen".
Die Politik trage mit entscheidenden Weichenstellungen Mitschuld an dem Desaster, sagte Beck weiter. "Netz und Betrieb sollten bei der Bahn endlich getrennt werden", monierte er. "Die einseitige Gewinnorientierung der Bahn, mit fester Abführung an die Bundeskasse, hat ihren Preis. Den zahlen gerade die Bahnkunden in Mainz."
Harsche Kritik äußerte auch der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, Anton Hofreiter (Grüne). "Die Probleme in Mainz sind ein Symptom für den bahnpolitischen Stillstand unter Schwarz-Gelb in den vergangenen vier Jahren", sagte Hofreiter.
Den neuen Überlegungen von FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle für einen Börsengang des bundeseigenen Konzerns erteilte Hofreiter eine klare Absage. Brüderle kenne offensichtlich die Position der eigenen Partei nicht. Bisher habe die FDP immer gegen den Börsengang der Bahn mit dem Argument gekämpft, dass ein natürliches Monopol wie das Schienennetz besser nicht privatisiert werde, weil dies dem Wettbewerb schaden würde. "Die Privatisierung in England hat gezeigt, welche katastrophalen Folgen die Privatisierung des Netzes haben kann", mahnte Hofreiter. "Klug wäre stattdessen, die Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge gegenüber dem Netz aufzuheben. Dies hatte Schwarz-Gelb sogar in den Koalitionsvertrag geschrieben, aber nie umgesetzt."
Linke wünscht sich nach Bahn-Chaos die alte Bundesbahn zurück
Angesichts der aktuellen Organisations- und Personalprobleme bei der Bahn und der von FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle neu aufgelegten Privatisierungsforderung baut die Linkspartei für die Zukunft auf die Rückkehr der Vergangenheit mit der alten Bundesbahn.
Linken-Chefin Katja Kipping sagte der "Neuen Presse" (Mittwochausgabe): "Den Neoliberalismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf." Der Fehler der Privatisierung von 1994 müsse zurück gedreht werden. "Nicht jeder Zug muss sich rechnen, jeder Schaffner schon gar nicht. Wir müssen die Bahn zurück holen."
Mainzer Krisenbahnhof: Eisenbahn-Bundesamt macht Druck auf Deutsche Bahn
Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) macht Druck auf die Deutsche Bahn. "Ihnen wird aufgegeben, unverzüglich den sicheren, für die Durchführung des planmäßigen Verkehrs erforderlichen, uneingeschränkten Betrieb des Stellwerkes Mainz wieder aufzunehmen", heißt es in einem dem "Handelsblatt" (Mittwochausgabe) vorliegenden Bescheid des EBA vom 12. August, der an die Bahn-Tochter DB Netz AG adressiert ist.
Das EBA schreibt der Bahn-Tochter, diese werde durch den Bescheid verpflichtet, dem Bundesamt "alle zwei Wochen schriftlich über die getroffenen und geplanten Maßnahmen zur Verhinderung besetzungsbedingter Nutzungseinschränkungen des Stellwerks Mainz zu berichten". Die Aufsichtsbehörde reagiert damit auf die anhaltenden Probleme im Stellwerk Mainz. Wegen Personalmangels im Stellwerk müssen dort ganztägig Züge umgeleitet werden. Das EBA rechnet damit, dass "aufgrund fortbestehend dauerkranker Fahrdienstleiter, anstehender gewährter Urlaube, angefallener und noch auszugleichender Überstunden" mit Ausfällen "weit über den 30. August hinaus gerechnet werden muss".
Das EBA kommt zu dem Schluss, dass die DB Netz AG gegen ihre gesetzlichen Pflichten verstoßen hat. Das Unternehmen sei verpflichtet, das Stellwerk während der planmäßigen Betriebszeiten sicher zu betreiben. Dazu gehöre auch, dass "genügend und qualifiziertes Person zur Verfügung steht".
Die DB Netz AG habe durch die angeordnete Nutzungseinschränkung des Stellwerk den Bahnbetrieb "erheblich tangiert". In dem Bescheid heißt es weiter, der Stellwerksbereich Mainz sei "hoch belastet und für eine qualitativ hochwertige Erbringung der Eisenbahnverkehrsleistungen überregional notwendig". Ohne Besetzung des Stellwerkes seien "netzweite Auswirkungen im Personenfernverkehr und im Güterverkehr" zu erwarten.
Rheinland-pfälzischer Infrastrukturminister: Ramsauer hat bei Bahn-Problemen versagt
Nach Ansicht des rheinland-pfälzischen Infrastrukturministers Roger Lewentz (SPD) ist die Bundesregierung mit schuld an den massiven Personalproblemen bei der Bahn. Dem Sender hr-info sagte Lewentz, der zuständige Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) habe "in der Vergangenheit wohl geschlafen".
Als Ramsauer dann von den Problemen erfahren habe, habe er auch noch zu spät reagiert und keine Vorsorge getroffen. In der Vergangenheit seien Fehler bei der Personalplanung gemacht worden. Es sei immer nur gespart worden, das räche sich jetzt: "Nicht nur Geld abschöpfen für den Bundeshaushalt, sondern dafür sorgen, dass in Deutschland eine solche Infrastruktur auch funktioniert, das erwarten wir."
Lewentz sagte weiter, es habe auch an vielen anderen Bahnhöfen in Deutschland schon Probleme gegeben. Von dem Ausmaß in Mainz seien aber alle Beteiligten überrascht worden: "Deutschland blamiert sich gerade. Das darf in einem Hochtechnologieland nicht passieren." Seit rund einer Woche herrscht am Mainzer Hauptbahnhof Chaos mit Zugausfällen und Umleitungen, weil fast die Hälfte der Fahrdienstleiter in Urlaub oder krank ist.
Verkehrsausschussvorsitzender warnt vor Sicherheitsrisiko wegen Personalmangel bei der Bahn
Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), hat vor einem "Sicherheitsrisiko" gewarnt, wenn Fahrdienstleiter der Bahn ihren Urlaub unterbrechen. "Es geht um Mitarbeiter, die Höchstbelastungen zu tragen haben", sagte Hofreiter der "Rheinischen Post".
Der Grünen-Politiker verwies darauf, dass die belasteten Mitarbeiter, die vielfach Überstunden leisten müssten, ihren Urlaub benötigen. " Es führt zum Sicherheitsrisiko, wenn man nicht genug Fahrdienstleiter ausbildet und einstellt", sagte Hofreiter. "Die Fahrdienstleiter sind für den Zugverkehr das gleiche wie Fluglotsen im Luftverkehr."
SPD: Ramsauer mitschuldig an Stellwerksproblemen bei der Bahn
Die SPD hat Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) eine Mitschuld an den aktuellen Personalproblemen der Bahn gegeben und ihm schwere Versäumnisse vorgeworfen. "Die Situation bei den Bahn-Stellwerken zeigt, dass Bundesverkehrsminister Ramsauer seiner Funktion als oberster Vertreter des Eigentümers der Deutschen Bahn nicht gerecht wird", sagte der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sören Bartol, dem Kölner Stadt-Anzeiger. "Offensichtlich hat Herr Ramsauer in den letzten Jahren gegenüber der Bahn nicht die richtigen Fragen gestellt."
Da helfe es nicht, wenn der Minister nun seinen Staatssekretär als Mitglied des Aufsichtsrats einen Brief an Bahn-Chef Rüdiger Grube schreiben lasse. "Es zeigt sich hier wieder ein altes Verhaltensmuster von Herrn Ramsauer, wie beim Flughafen BER, bei Stuttgart 21. Er versteckt sich hinter dem Rücken seiner Staatssekretäre und wird seiner Eigentümerrolle nicht gerecht."
Ramsauer sei auch dafür verantwortlich, dass im Eisenbahnbundesamt Personal fehle, sagte Bartol weiter. "Die Bahnpolitik muss wieder Chefsache beim Bundesverkehrsminister werden", forderte der SPD-Verkehrsexperte. Zur Lösung der aktuellen Problem schlug er vor, bereits pensionierte Mitarbeiter zu aktivieren, die kurzfristig aushelfen könnten.
Grüner Verkehrspolitiker: Bahn-Chaos in Mainz war vorhersehbar
Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), hat das anhaltende Chaos im Mainzer Hauptbahnhof als "vorhersehbar" kritisiert. Im Deutschlandfunk sagte er am Montagmorgen, momentan gebe es keine schnelle Lösung. Es bestehe "bloß die Hoffnung, dass die kranken Fahrdienstleiter schnell wieder gesund werden".
Als Ursache für den Ausfall vieler Züge nannte der Grünen-Politiker den Renditedruck von Seiten des Verkehrsministeriums und des Bahnvorstands: "Die Bahn wird seit vielen, vielen Jahren von der Mehrheitspolitik auf kurzfristige Rendite gesteuert, und kurzfristige Rendite erzielt man halt am leichtesten, wenn man bei Unterhaltsmaßnahmen spart, wenn man beim Personal spart, wenn man bei all den Dingen, die mittel- und langfristig notwendig sind, spart."
Zudem würden seit Jahren zu wenig Fahrdienstleiter ausgebildet: Diese könne man auch nicht "von heute auf morgen" generieren, denn neben der entsprechenden Ausbildung müssten Fahrdienstleiter auch Ortskenntnis besitzen. "Im Grunde sind Fahrdienstleiter so was wie Fluglotsen", so Hofreiter. Laut Deutscher Bahn könnte das Chaos in Mainz noch bis Ende des Monats andauern.
Bahn räumt bundesweite Probleme bei Stellwerk-Personal ein
Die Deutsche Bahn hat nach den anhaltenden Zugausfällen am Mainzer Hauptbahnhof aufgrund von Personalmangel bundesweite Probleme bei ihren Stellwerken eingeräumt. Wie der Vorstandschef der DB Netz AG, Frank Sennhenn, am Montag im ARD-"Morgenmagazin" sagte, sei nicht nur der Mainzer Hauptbahnhof betroffen. Vielmehr sei die Lage im ganzen Land angespannt, die Situation für die Bahn "sehr peinlich". Er kündigte an, bis Ende des Jahres 600 neue Fahrdienstleiter anzustellen. Unterdessen ist für den Mainzer Bahnhof noch immer keine Lösung gefunden worden.
Mittlerweile machen in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Regionalzüge nur noch stündlich und Fernverkehrszüge noch seltener Halt. Sennhenn führt das große Ausmaß der Einschränkungen auf drei Krankmeldungen innerhalb von nur sieben Tagen zurück. "Und das ist etwas, was man in der Personalbemessung normalerweise nicht so berücksichtigt", so der Vorstandschef.
Fast-Zusammenstoß bei der Bahn in Mainz
Der bundesweite Personalmangel auf den Stellwerken der Bahn, der schon seit Tagen den Zugverkehr rund um den Eisenbahnknotenpunkt Mainz weitgehend lahm legt, ist offenbar dramatischer als bisher bekannt und berührt womöglich auch die Sicherheit des Bahnverkehrs. Das gehe aus einem Schreiben des Gesamtbetriebsrats der DB Netz AG an den Vorstand hervor, berichtet die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung".
Demnach stellen die Betriebsräte darin einen Zusammenhang der prekären Personalsituation mit einem Fast-Zusammenstoß zweier S-Bahnen in Mainz am 1. August her. In dem Schreiben heiße es: "Auch wenn die Ermittlungen...noch nicht abgeschlossen sind und nach dem heutigen Stand davon auszugehen ist, dass die beteiligten Fahrdienstleiter keine Schuld trifft, bleibt festzustellen, dass wiederum nur zwei Fahrdienstleiter statt drei und ein Zugmelder zum Zeitpunkt des Fast-Unfalls auf diesem hoch belasteten Stellwerk Dienst taten".
Die Arbeitnehmervertreter warnen: Diese Situation sei "keine Ausnahme, sondern stellt den Regelfall dar, von denen es täglich bundesweit viele andere gibt". Am Nachmittag des 1. August war eine S-Bahn bei der Einfahrt in den Mainzer Hauptbahnhof auf ein falsches Gleis geraten. Ein auf diesem Gleis entgegenkommender S-Bahn-Zug konnte erst im letzten Moment bremsen. Die Züge kamen in wenigen Zentimetern Abstand zum Stehen.
Die Staatsanwaltschaft und das Eisenbahnbundesamt ermitteln. Die Personalräte hätten seit 28 Monaten die Unternehmensführung auf die Mängel aufmerksam gemacht, ohne dass es zu einer Reaktion gekommen wäre, heißt es in dem Brief an den Vorstand. Alleine im Jahr 2012 seien 60.000 Schichten wegen Personalmangels ausgefallen. Jeden Tag könnten im Bereich von DB Netz 165 Schichten auf hochkomplexen Stellwerken nicht besetzt werden.
"Die Situation im Fahrdienstleiterbereich ist aus unserer Sicht heute schlimmer als noch vor einem Jahr - und da war sie schon prekär", so der Gesamtbetriebsrat. Es sei "nicht weiter akzeptabel", dass durch Überstunden, nicht gewährten Urlaub, nicht gewährte Ruhezeiten und Ruhewochenenden die Belegschaft "gesundheitlich stark belastet und überlastet" werde. Die Bahn müsse die "Handlungssicherheit" wieder herstellen.
"Bild": Bahnchef sagt Urlaub ab - Spitzengespräch geplant
Angesichts der immer schärferen Kritik am Personalengpass bei der Bahn zieht Bahnchef Rüdiger Grube auch persönliche Konsequenzen. Nach einem Bericht der "Bild-Zeitung" hat der Manager seinen Urlaub abgesagt und plant für kommenden Mittwoch ein Spitzengespräch mit den Arbeitnehmervertretern.
"Aus diesem Grund habe ich meinen Urlaub abgesagt, um gemeinsam mit meinen Vorstandskollegen und den Kollegen der DB Netz AG aktiv an Lösungen zu arbeiten", zitiert die Zeitung aus einer E-Mail Grubes an die Mitarbeiter, die am Montag verschickt wurde. Es gehe darum, eine Lösung für "die Situation am Stellwerk in Mainz" zu finden.
Grube zeigte sich zugleich verärgert über die jüngsten Vorkommnisse bei der Bahn. "Eine Verkettung von unglücklichen und teils ärgerlichen Umständen hat zu einer breiten Debatte über unser Unternehmen geführt", schreibt der Bahnchef. Es betrübe ihn, dass der Eindruck entstanden sei, "wir Eisenbahner wären nicht zur Stelle, wenn es einmal eng wird. Das Gegenteil ist der Fall", schreibt Grube.
Quelle: dts Nachrichtenagentur