Braunschweig: Polizei sagt Karnevalsumzug wegen Terrorgefahr ab
Archivmeldung vom 16.02.2015
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDie Polizei in Braunschweig hat den für den Sonntag geplanten Karnevalsumzug wegen Terrorgefahr abgesagt. "Aus zuverlässigen Staatsschutzquellen war bekanntgeworden, dass eine konkrete Gefährdung durch einen Anschlag mit islamistischem Hintergrund vorliege", teilte die Polizei mit.
Die Entscheidung sei nach Abstimmung mit Oberbürgermeister Ulrich Markurth und dem Zugmarschall gefallen. Alle Besucher wurden gebeten, die Umzugsstrecke nicht aufzusuchen beziehungsweise gar nicht erst die Reise nach Braunschweig anzutreten. Der Karnevalsumzug in Braunschweig gilt als der größte in Norddeutschland.
Bosbach: Gefahrenabwehr höher zu schützendes Gut als Brauchtumspflege
Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschuss, der CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach, hat "die Gefahrenabwehr als das höhere zu schützende Gut im Vergleich zur karnevalistischen Brauchtumspflege" bezeichnet. Gegenüber der "Leipziger Volkszeitung" verwies Bosbach auf die Gefahr durch Nachahmungstäter im Zusammenhang mit der Absage des Braunschweiger Karnevalsumzugs nach konkreten Terrordrohungen.
Umso wichtiger sei es für die Behörden und die Politik, "seriös, ohne Panik, aber entschlossen" zu reagieren. Man müsse den Quellen solcher Warnungen wie in Braunschweig, aber auch beispielsweise jener, die zur Absage der Pegida-Demonstration in Dresden vor vier Wochen geführt hätten, "gewissenhaft nachforschen".
Die konkrete Bedrohungslage "ist sehr ernst zu nehmen und ist zu prüfen, ob und wo noch Schutzlücken im Sicherheitskonzept sind." Bosbach verwies aber auch darauf, dass bei Massenveranstaltungen wie Karnevalsumzügen mit hunderttausenden von Besuchern in Städten allein schon wegen hunderter von innerstädtischen Zu- und Abgängen ein umfassendes Schutzkonzept nahezu unmöglich sei.
Rückzug von Motivwagen: Islamverband kritisiert Karnevalisten
Einen Tag vor Rosenmontag hat der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, Karikaturisten und Karnevalisten zu mehr Auseinandersetzung mit Extremismus aufgerufen. Der Rückzug der Kölner Verantwortlichen, die einen Motivwagen zum Thema aus dem Rosenmontagszug genommen haben, habe ihn irritiert, sagte er dem "Tagesspiegel am Sonntag". Er könne "nicht nachvollziehen, auf wen da Rücksicht genommen wird". Als Muslim sei er besorgt, dass dies als "Einknicken vor den Muslimen" interpretiert werden könne. "Wir sind Teil dieser Gesellschaft, unser Sinn für Humor unterscheidet sich nicht gravierend von dem der nichtmuslimischen Deutschen."
Mazyek stimmte der Formulierung von SPD-Chef Gabriel zu, Pegida gehöre zu Deutschland. Dies stimme "offenbar mehr, als uns lieb ist". Er äußerte sich auch zustimmend zu Gesprächen mit Pegida-Mitläufern: "Eine grundsätzliche Dialogverweigerung hätte die Rädelsführer, die kruden, islamophoben und rassistischen Weltbilder anhängen, noch weiter gestärkt in ihrem Populismus." Ein Gespräch mit den Führungsleuten lehne der Zentralratsvorsitzende aber strikt ab.
Quelle: dts Nachrichtenagentur