Clint Eastwood über den amerikanischen "Hunger nach Heldentum"
Archivmeldung vom 21.02.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDer amerikanische Schauspieler und Regisseur Clint Eastwood, 76, spricht in der ZEIT über den amerikanischen "Hunger nach Heldentum": "Die Leute warten, dass ein brillanter Kopf auftaucht, keine Ahnung woher, und das Land eint ... Die Leute sehnen sich nach einem, der ihnen sagt, wie es wieder vorangeht."
Zur deutschen Geschichte unter Hitler sagt Eastwood: "Ihr
Deutschen seid sensibler als irgendjemand, wenn es um mächtige
Männer, um Führer geht. Es ist unglaublich, wenn man sich die
Wochenschauen aus der Nazizeit ansieht; man sieht dann einen
perfekten politischen Verkäufer, der seinen Standpunkt, pow!, mit
ungeheurer Kraft verfocht. Leider war er kein Held. Aber stellen Sie
sich vor, man hätte diese Macht und verwendete sie für etwas Gutes;
man fragt sich schon, was ein Führer erreichen könnte, der etwas
Positives mit derselben Kraft verficht."
Offenbar habe der Mensch aus seiner Geschichte wenig gelernt, so Eastwood, der mit seinem Antikriegsfilm 'Letters from Iwo Jima' Chancen hat, am 25. Februar gleich mehrere Oscars zu gewinnen: "1945 war der Pazifische Krieg zu Ende. Fünf Jahre später waren wir in Korea; danach waren wir in Vietnam. Es geht immer weiter; es scheint nie der Punkt zu kommen, wo wir sagen: Okay, genug, das war's."
Auf die Frage, was aus ihm geworden wäre, wenn er kein berühmter
Filmschauspieler geworden wäre, sagt Eastwood: "Oh, ich hätte einen
Aufstieg bis zum Assistant Manager einer Texaco-Tankstelle hingelegt.
Oder, wenn ich nach England gezogen wäre, würde ich vermutlich
regelmäßige Zwischenstationen im Pub einschieben, um den Kindern zu
entgehen, die daheim schreiend auf mich warten." Denkbar, so
Eastwood, sei auch, dass er Pianist geworden wäre: "Dann säße ich
jetzt in einer Bar und hätte ein Tässchen für die Trinkgelder auf dem
Piano, da wären vielleicht fünf Dollar drin, und irgendjemand käme
zum 15. mal zu mir und würde sagen: Ach, spiel doch noch mal
'Melancholy Baby' für mich."
Quelle: Pressemitteilung DIE ZEIT