Deutschland ist düster gestimmt
Archivmeldung vom 14.09.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Deutschen blicken unter allen Europäern am pessimistischsten in die Zukunft. Nur 24 Prozent glauben, dass es ihnen in fünf Jahren besser gehen wird als heute. Nur die Tschechen (26 Prozent) sehen ihre persönliche Zukunft ähnlich düster. Am optimistischsten sind die Iren (61 Prozent), gefolgt von den Spaniern (59 Prozent). Zu diesem Ergebnis kommt der Datenreport 2006 auf der Basis europaweiter Befragungen.
Der Report informiert über die Entwicklung der Lebensbedingungen und der
Sozialstruktur sowie das subjektive Wohlbefinden der Bürger. Er wird erstellt
vom Statistischen Bundesamt in Zusammenarbeit mit Forschern des
Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) und des Zentrums für
Umfragen, Methoden und Analysen in Mannheim (ZUMA).
Auch die
Arbeitsmarktsituation schätzen die Bundesbürger im Vergleich zu anderen
Europäern deutlich schlechter ein. Nur drei Prozent der Deutschen beurteilen
diese als "gut" oder "sehr gut", im Vergleich zu 82 Prozent der Iren, 68 Prozent
der Dänen und 65 Prozent der Briten. "Deutschland gehört, was die Lebensqualität
seiner Bürger angeht, nicht mehr zur europäischen Spitzengruppe", betonten Dr.
Roland Habich (WZB) und Dr. Heinz-Herbert Noll (ZUMA).
Im Bereich
Gesundheit zeigen die Ergebnisse, dass die Zahl der Arztbesuche seit Einführung
der Praxisgebühr am stärksten bei Personen in der untersten Einkommensgruppe und
mit schlechtem Gesundheitszustand zurückgegangen ist. "Es scheint eingetreten zu
sein, was manche Kritiker befürchtet haben", sagten Habich und Noll. Gesetzlich
Versicherte verfügen zunehmend über eine private Zusatzversicherung. Dies trifft
im unteren Einkommensviertel nur auf fünf Prozent zu, im oberen Viertel dagegen
bereits auf 22 Prozent.
Die neuen Daten belegen, dass Chancenungleichheit
bei der Bildung bereits im Vorschulalter beginnt. Die Forscher fanden heraus,
dass Migrantenkinder und Kinder aus sozial schwachen Familien Kindergarten oder
Vorschule seltener besuchen als Kinder aus Familien mit höherem sozialen Status.
Der Befund ist insofern alarmierend, weil die vorschulische Bildung Auswirkungen
auf die spätere Schulleistung hat. So haben Migrantenkinder mit vorschulischer
Bildung eine zweimal hö¬here Chance, ein Gymnasium zu besuchen als
Migrantenkinder ohne Vorschule. Auch (westdeutsche) Arbeiterkinder haben eine
etwa fünf Mal höhere Chance, das Gymnasium zu besuchen, wenn sie den
Kindergarten oder die Vorschule besucht haben.
Am herkömmlichen Bild der
Familie halten immer weniger Deutsche fest. Der Aussage "Es ist für alle
Beteiligten viel besser, wenn der Mann voll im Berufsleben steht und die Frau zu
Hause bleibt und sich um den Haushalt und die Kinder kümmert", stimmten 2004 im
Schnitt noch 40 Prozent der Westdeutschen und nur 17 Prozent der Ostdeutschen
zu. Zum Vergleich: 1991 hatten die Anteile in Ostdeutschland noch 33 Prozent und
in Westdeutschland 50 Prozent betragen. Die Erwerbstätigkeit von Müttern mit
Kleinkindern wird dagegen vor allem in Westdeutschland noch skeptisch beurteilt.
Die Aussage "Ein Kleinkind wird sicherlich darunter leiden, wenn seine Mutter
berufstätig ist", teilen dort 63 Prozent der Bevölkerung, in Ostdeutschland
lediglich 29 Prozent.
Weitere Ergebnisse und eine Zusammenfassung des
Datenreports unter:
http://www.wz-berlin.de/wzb/pdf/dr06/statement_wzb_zuma.pdf
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.