Mehrere rechtsextreme Verdachtsfälle bei Bundestagspolizei - Auch wegen Lied "L'amour toujours"
Archivmeldung vom 13.12.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićIn der Polizei des Deutschen Bundestags hat es wieder mehrere rechte und mutmaßlich rechtsextreme Verdachtsfälle gegeben. Das bestätigte eine Sprecherin des Bundestags auf taz-Anfrage. Die neuerlichen Verdachtsfälle sind auch deshalb brisant, weil das Parlament am kommenden Donnerstag in erster Lesung über ein Gesetz für die Bundestagspolizei beraten soll.
Nach taz-Recherchen soll ein Beamter mehrfach durch Reichsbürgeraussagen
aufgefallen sein: Deutschland sei keine Demokratie, sondern eine GmbH.
Zwei weitere mutmaßliche Vorfälle stehen in Zusammenhang mit dem Lied
"L'amour toujours", das zu einem Meme der rechten Popkultur geworden
ist. Im Frühjahr ging ein Video aus Sylt viral, in dem Feiernde zur
Melodie des Liedes den Hitlergruß andeuteten und "Deutschland den
Deutschen, Ausländer raus" sangen.
Wie die "taz" unter Berufung
auf Kreise der Bundestagspolizei weiter schreibt, soll eine Beamtin
einem Kollegen bei dessen Abschied als Widmung in ein Geschenk
geschrieben haben, ihr Lieblingslied sei: "Deutschland den Deutschen,
Ausländer raus". Ein Vorgesetzter soll die Widmung gesehen haben. Ein
anderer Beamter soll das Lied im Pausenraum in provozierender Absicht
laut über sein Handy abgespielt haben. Bei einem dritten Vorfall soll
ein Polizist durch einen Kollegen rassistisch diskriminiert worden sein.
Die
Sprecherin des Bundestags erklärte auf taz-Anfrage, dass in einem Fall
ein Disziplinarverfahren begonnen worden sei. In einem weiteren erfolgte
eine "dienstliche Missbilligung", kein Disziplinarverfahren. Ein
dritter Fall habe "keine disziplinarrechtliche Relevanz" gehabt, man
habe ein "Sensibilisierungsgespräch" geführt. Auf welchen der von der
"taz" geschilderten Fälle sich welche Maßnahme bezog, sagte die
Sprecherin nicht. Aus Gründen des Datenschutzes könne man sich nicht
detaillierter äußern. Im Fall des Beamten, der mit Reichsbürgeraussagen
aufgefallen sein soll, werde im Rahmen eines Disziplinarverfahrens
ermittelt.
Aus Kreisen der Bundestagspolizei heißt es, dass
einige der genannten Maßnahmen erst nach Anfrage der Zeitung ins Rollen
gekommen seien. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas sagte auf taz-Anfrage,
dass allen Verdachtsfällen konsequent nachgegangen werde: "Als
Hausleitung machen wir klar, dass bestimmte Verhaltensweisen nicht
akzeptiert werden."
Schon 2021 berichtete das Blatt über
rechtsextreme Vorfälle bei der Bundestagspolizei. Sie schrieb damals,
dass ein Beamter im Pausenraum im Reichstagsgebäude den Hitlergruß
gezeigt haben soll und ein weiterer in einer Reichsbürgerpartei aktiv
war. Beamte berichteten von Chatgruppen und rassistischen Aussagen. In
der Folge wurden mehrere Beamte suspendiert und Disziplinarverfahren
angestrengt. Alle 200 Beamten wurden einzeln befragt, auch dazu, wer mit
der "taz" gesprochen habe.
Am Donnerstag soll der Bundestag nun
über ein Polizeigesetz für die Polizei des Deutschen Bundestags beraten.
Es ist eines der wenigen Vorhaben, das der Bundestag in dieser
Legislaturperiode noch beschließen könnte. Wenn das Gesetz vor den
Wahlen beschlossen werden soll, ist die kommende Woche die letzte
Chance. Bisher ist die Bundestagspolizei über den Artikel 40 des
Grundgesetzes und die Hausordnung geregelt. "Das ist sehr abstrakt",
hatte die Präsidentin des Bundestags, Bärbel Bas, im Oktober gesagt. Sie
verstehe den Wunsch der Polizisten, mehr Rechtssicherheit zu bekommen.
Auch Betroffene von polizeilichen Maßnahmen würden davon profitieren.
"Es geht darum, die Befugnisse endlich auf eine klare gesetzliche
Rechtsgrundlage zu stellen."
Mit dem geplanten Polizeigesetz will
Bas die Verdachtsfälle aber nicht in Verbindung bringen: "Das
parlamentarische Verfahren zum Bundestagspolizeigesetz steht in keinem
Zusammenhang zu Verdachtsfällen, die sich gegen Angehörige der
Bundestagspolizei richten", sagte sie auf taz-Anfrage.
Quelle: dts Nachrichtenagentur