Kardinal Marx zum Abschluss der Amazonassynode in Rom
Archivmeldung vom 27.10.2019
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Freigeschaltet durch André OttZum Abschluss der Sonderversammlung der Bischofssynode für den Amazonas am heutigen Sonntag (27. Oktober 2019) erklärt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx: "Drei Wochen intensiver Beratung liegen hinter uns. Papst Franziskus' Enzyklika Laudato si' und ihre Vision des 'Gemeinsamen Hauses' standen im Mittelpunkt."
Marx weiter: "Die Bischofssynode hat uns deutlich vor Augen geführt, dass es höchste Zeit ist, das 'Gemeinsame Haus' der Erde auch in neuen Allianzen zu schützen. Es wurde gesprochen von einem Bündnis zwischen Glaube, Wissenschaft und Jugend. Die Synode hat uns und der internationalen Öffentlichkeit gezeigt, wie dramatisch die Fragen von Schöpfung und Klimagerechtigkeit sind. Die Überlebensfähigkeit der globalen Ökosysteme steht auf dem Spiel. Diese Situation und die Verantwortung für das 'Gemeinsame Haus' gehen uns alle an. Ausdrücklich nenne ich hier auch die junge Generation, die uns seit Monaten vor Augen hält, dass wir als menschliche Gemeinschaft gemeinsam handeln müssen.
Ich bin dankbar für diese Erfahrung der Synode, denn klar ist: Wir müssen - ob im Amazonas oder in Deutschland - von der Frage ausgehen, was der Mensch braucht. Wie handeln wir? Was tun wir für die Menschen? Welche Folgen hat das? Erst dann kommt die Frage nach der Kirche und ihren Strukturen. Denn die Kirche ist nicht für sich selbst da, sie steht in Gottes Dienst am Menschen.
Durch die Synode haben das Amazonasgebiet und die dort lebenden Menschen internationale Aufmerksamkeit gefunden. Die Kulturen der indigenen Bevölkerung, aber auch die Bedrohung der Lebensbedingungen wurden intensiv erörtert. Die Synode hat gefragt, wie wir mit dem Amazonasgebiet umgehen. Ich bin deshalb unseren Hilfswerken dankbar für die vielfältigen Aktivitäten, die sie schon seit langer Zeit in der Region leisten: Sie unterstützen die Pastoral der Kirche vor Ort, fördern soziale wie schulische Projekte und tragen auch dazu bei, das gravierende Menschenrechtsverstöße nicht unbemerkt bleiben.
Die Synode ist nicht bei der Analyse der sozialen und ökologischen Probleme stehen geblieben. Es ist gut, dass das Abschlussdokument eine Reihe konkreter Punkte nennt, um die Richtung einer verantwortlichen politisch-gesellschaftlichen Entwicklung anzuzeigen. Dabei geht es zum Beispiel um Fragen nach ethisch verantwortlichen und nachhaltigen Investments, die entschlossene Entwicklung alternativer Energien, aber auch die Notwendigkeit, das herkömmliche ökonomische System auf den Prüfstand zu stellen, wie es Papst Franziskus in der Enzyklika Laudato si' getan hat. Wir werden als Kirche in Deutschland überlegen, welche Konsequenzen, vielleicht auch welches konkrete Projekt wir zur Bewahrung der Schöpfung über die vielen Initiativen hinaus starten können, die es schon gibt.
Froh bin ich, dass die Synode ausdrücklich in ihrer Debatte über die Seelsorge der Zukunft auch über die Rolle und neue Beteiligungsmöglichkeiten von Frauen in der Kirche und die Frage der 'viri probati', also die Möglichkeit, in Beruf, Familie und Kirche bewährte Männer zu Priestern zu weihen, gesprochen hat. Diese Diskussion zeichnete sich durch eine Intensität aus, die ich so nicht erwartet hätte. Das zeigt: Es sind Fragen, die die Kirche weltweit beschäftigen. Eine Synode hat nicht die Aufgabe, hier Lösungen zu geben, aber die aufgeworfenen Fragen müssen vertieft werden und zwar auf weltkirchlicher Ebene. Die Synode hat die pastorale Situation im Amazonas verdeutlicht - eine Situation, die sich in anderen Erdteilen auch oder in ähnlicher Weise zeigt. Wir in Deutschland können von den Erfahrungen der Kirche am Amazonas lernen und zugleich einen Beitrag zum Dialog mit der Weltkirche leisten, um offene Fragen in den kommenden Jahren zu erörtern. Ausgangspunkt muss auch hier sein: Was braucht der Mensch für Leib und Seele?
Die Synode habe ich als eindrucksvolles Forum des Zuhörens erlebt, um zu lernen, was den anderen berührt. Wir werden das Abschlussdokument in der Bischofskonferenz diskutieren und auswerten. Die Debatten in der Synode haben mich für unseren bevorstehenden Synodalen Weg der Kirche in Deutschland bestärkt: Es geht darum, zuzuhören, aufeinander zuzugehen und einmütig in die Zukunft zu gehen."
Quelle: Deutsche Bischofskonferenz (ots)