Wallraff wieder undercover unterwegs
Archivmeldung vom 29.04.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittZEITmagazin-Reporter Günter Wallraff war wieder undercover unterwegs. Einen Monat lang arbeitete er als Niedriglöhner in der Fabrik, die für Lidl Brötchen backt, in der Backfabrik Weinzheimer in Stromberg in Rheinland-Pfalz.
Das Unternehmen hat sich ganz Lidl europaweit verschrieben - der Discounter ist der einzige Auftraggeber. Entsprechend hoch ist der Druck auf das Unternehmen: es muss so billig wie möglich produzieren, koste es, was es wolle.
Wallraff arbeitete bis zur Erschöpfung, erlitt mehrfach, wie auch seine Kollegen, Brandverletzungen. Die Niedriglöhner von Weinzheimer, zu denen der 65-jährige Wallraff, der mit den Papieren eines 51-Jährigen eingestellt wurde, zählte, arbeiten unter unwürdigen Bedingungen: ihnen wird immer wieder nicht nur ein Teil des zustehenden Lohnes vorenthalten, sie leben auch in ständiger Sorge, willkürlich abgemahnt zu werden, und in dauernder Gefahr, sich zu verletzen, weil Sicherheitsbestimmungen nicht eingehalten werden. Nachdem sich im vorigen Jahr ein Betriebsrat gründete, recherchierte Wallraff, hat der Firmenbesitzer Bernd Westerhorstmann den gewählten Betriebsratsvorsitzenden aus dem Unternehmen gemobbt.
Die Repression der Arbeiter, so recherchierte Wallraff, ist so groß, damit die Fabrik seinem Kunden Lidl billige Brötchen liefern kann. Die Brötchen werden häufig unter unhygienischen Bedingungen (Schimmel) hergestellt.
Wallraff plädiert nach der Undercover-Recherche dafür, den Discounter Lidl, der durch seinen Preisdruck für die Ausbeutung der Arbeiter bei seinem Zulieferer verantwortlich ist, so lange zu boykottieren, bis die Arbeitsbedingungen sich nicht grundlegend verbessert haben.
Günter Wallraff, 65, ist
Deutschlands bekanntester Undercover-Journalist. Bekannt wurde in den
60er Jahren durch seine Industriereportagen. Im vorigen Jahr arbeitete
er verdeckt in Call-Centern. Seine Reportage im ZEITmagazin LEBEN löste
eine Gesetzesinitiative aus, wonach Kunden vor unerwünschten
Werbeanrufen besser geschützt werden sollen.
Quelle: ZEITmagazin LEBEN