Studie: Deutsche bleiben auch nach Lockdown auf Konsumbremse: Wie die Konsum-Kaninchen vor der Schlange
Archivmeldung vom 08.04.2020
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.04.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttDie Hälfte der deutschen Konsumenten befürchtet finanzielle Einbußen durch die Corona-Krise - und zieht deshalb aktuell beim Konsum die Notbremse. Diese "neue Sparsamkeit" werden viele Deutsche aber auch nach einer möglichen Lockerung der Eindämmungs-Maßnahmen beibehalten. Die wirtschaftliche Erholung kann sich dadurch deutlich verlangsamen oder gar in eine negative Konsumspirale münden.
Die Branchen werden dadurch jedoch unterschiedlich betroffen sein. Das sind Kernergebnisse einer repräsentativen Befragung der GIM Gesellschaft für Innovative Marktforschung. Hierzu wurden 1.020 Personen zu den persönlichen finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise und deren Einfluss auf geplante Ausgaben befragt.
Die Verschlechterung der finanziellen Situation ist für Viele nicht nur ein kurzfristiges Phänomen: Ein Drittel aller Befragten (33%) erwartet, dass sich die persönliche finanzielle Situation auch im nächsten Jahr verschlechtert. Für den Konsum bedeutet das: selbst wenn sich die Situation in Deutschland wieder normalisiert haben sollte, planen viele Deutsche vorerst sparsam zu bleiben. Dabei bestehen aber große Unterschiede zwischen einzelnen Konsumbereichen. Die Lebensmittelbranche könnte sogar von der Krise profitieren.
41% aller Befragten gehen davon aus, in absehbarer Zukunft etwas oder viel weniger Geld für Urlaub auszugeben. Stark betroffen sein werden außerdem Ausgaben für Unterhaltung (z.B. Kino, Theater, Ausstellungen, Freizeitparks) - hier gehen 38% von geringeren Ausgaben aus. Ebenso betroffen: Ausgaben für Restaurant- und Kneipenbesuche: 39% wollen oder müssen ihre Ausgaben in diesem Bereich senken.
Ein knappes Drittel (30%) geht davon aus, weniger zu sparen bzw. in Geldanlagen investieren zu können. Immerhin mehr als jeder Fünfte (22%) hat vor, Kosten für Versicherungen zu reduzieren. Am Auto oder an Ausgaben für Mobilität wollen 32% bzw. 28% der Befragten sparen. Für Bekleidung wollen 29% die Ausgaben reduzieren.
Weniger gespart werden soll an Kosten für Wohnen (15%), wobei jedoch für die Einrichtung mit Möbeln (31%), die Ausstattung mit Haushaltsgeräten (26%) oder Unterhaltungselektronik (31%) weniger Geld zur Verfügung steht.
Eine Branche kann sich Hoffnungen manchen, nicht von Einsparungen betroffen zu sein: bei Lebensmitteln plant ein gutes Fünftel der Befragten (20%), sogar mehr Geld ausgeben zu wollen. Ihnen stehen lediglich 12% gegenüber, die niedrigere Ausgaben in diesem Bereich erwarten.
Insgesamt blicken die Deutschen mit Sorgen auf Vollbremsung, die die deutsche Wirtschaft durch den Lockdown hingelegt hat: 87% sehen Deutschland aktuell in einer sehr großen Krise und 77% machen sich Sorgen um die wirtschaftliche Entwicklung. 53% machen sich Sorgen um ihre persönliche finanzielle Situation und 28% um ihren Arbeitsplatz.
Entsprechend werden auch finanzielle Einbußen aufgrund der Krise erwartet: 21% fürchten leichte, 20% deutliche und 6% sogar existenzbedrohende finanzielle Einbußen. Wenig überraschend stimmen 53% daher der Aussage zu, dass sie gerade sehr sparsam leben.
GIM Geschäftsführer und Studienverantwortlicher Dr. Jörg Munkes ordnet die Ergebnisse so ein: "Selbst wenn Unternehmen nach dem Lockdown schnell wieder hochgefahren werden können, wird sich die Konsumlaune in Deutschland ohne externe Impulse vermutlich langsamer aufhellen. Im worst case ist sogar mit einer negativen Konsumspirale zu rechnen, bei der eine schwache Binnennachfrage die Konjunktur noch weiter abkühlen lässt".
Über die Studie:
Grundgesamtheit: Bevölkerung in Deutschland über 18 Jahre
Stichprobe: Repräsentativ quotiert nach Alter, Geschlecht, Bildung und Bundesland
Erhebungsverfahren: Onlineinterviews (CAWI)
Fallzahl: 1020 Befragte
Erhebungszeitraum: 3. bis 8. April 2020
Schwankungsbreite (95% Konfidenzintervall): 1,4 (bei 5% Anteilswerten) bis 3,1 (bei 50% Anteilswerten)
Quelle: GIM Gesellschaft für Innovative Marktforschung GmbH (ots)