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Polizeigewalt hängt von den Vorurteilen einer Gemeinde ab

Archivmeldung vom 16.08.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.08.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Ford Crown Victoria, das NYPD-Standardfahrzeug
Ford Crown Victoria, das NYPD-Standardfahrzeug

Foto: User:Quasipalm
Lizenz: CC-BY-SA-2.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Trayvon Martin, Michael Brown, Philando Castiles: In den vergangenen Jahren mehren sich in den USA die Nachrichten über schwarze Amerikaner, die von Polizisten erschossen wurden. In den meisten Fällen waren die Männer unbewaffnet und hatten weder eine kriminelle Vergangenheit noch verbrecherische Absichten. Eine ganze Gesellschaft ist in Aufruhr: Sind die Männer dem Rassismus weißer Amerikanerinnen und Amerikaner zum Opfer gefallen? Eine neue Studie zeigt einen Zusammenhang zwischen tödlicher Polizeigewalt und auf die Ethnie bezogener Vorurteile auf.

Der Kognitionsforscher Dr. Jimmy Calanchini, derzeit Gastwissenschaftler an der Universität Freiburg, hat gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen herausgefunden: Auf die Ethnie bezogene Vorurteile, die Weiße in einer bestimmten Region über Schwarze haben, bestimmen die Wahrscheinlichkeit, mit der die Polizei in diesem Gebiet Schwarze töten wird. Die Forschungsgruppe nutzte einen Big-Data-Ansatz, um das erste statistische Modell zu erstellen, das aufgrund solcher Vorurteile Prognosen über tödliche Polizeigewalt erlaubt. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Social Psychological and Personality Science“ erschienen.

Calanchini und seine Kollegen erforschten die so genannten implicit bias von mehr als zwei Millionen Amerikanern aus unterschiedlichen Gebieten der USA. Mit dem Begriff sind Annahmen gemeint, die Menschen mehr oder weniger unbewusst über ihr Gegenüber treffen: Ist eine Person einladend oder abweisend, gut oder schlecht, harmlos oder gefährlich? Die Gruppe wählte einen neuen Ansatz: Anstatt die implicit bias auszuwerten, die einzelne Polizistinnen und Polizisten über unterschiedliche ethnische Gruppen haben, konzentrierten sie sich auf den Kontext, in dem Polizeiarbeit üblicherweise stattfindet. Die Forschenden kombinierten Informationen aus polizeilichen Datenbanken mit demografischen Faktoren unterschiedlicher Regionen und den impliziten Annahmen sowie explizit geäußerten Vorurteilen der Menschen, die in den jeweiligen Gebieten wohnen.

„Wir haben erwartet, dass wirtschaftliche und demografische Faktoren eine Rolle spielen würden, zum Beispiel der Wohlstand, der Bildungsgrad oder die Kriminalitätsrate in einer Region“, sagt Calanchini. „Tatsächlich entschieden aber die implicit bias der Bewohnerinnen und Bewohner und die Frage, wie sehr sie bestimmte soziale Gruppen mit Bedrohung in Verbindung bringen, über die Wahrscheinlichkeit, mit der die Polizei Gewalt ausübte.“ Besonders sind Afro-Amerikaner davon betroffen. „Wo die Vorurteile ihnen gegenüber stärker sind, besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass sie von Polzisten getötet werden.“ Jedoch warnt Calanchini vor der Unterstellung, dass Rassismus das Verhalten von Polizisten beeinflusse. „Eine mögliche Interpretation unserer Ergebnisse wäre, dass die Vorurteile eines Gebiets mehr tödliche Polizeigewalt gegen Schwarze verursachen.“ Der Forscher präsentiert allerdings eine weitere Auslegung seiner Studie: „Wenn die lokalen Medien über die Fälle berichten, in denen Schwarze aus unterschiedlichen Gründen von der Polizei getötet wurden, könnte es dazu beitragen, dass die Bewohner einer Gegend Schwarzen gegenüber mehr Vorurteile entwickeln. Wir können beide Erklärungen derzeit nicht ausschließen.“

Jimmy Calanchini wurde an der University of California, Davis/USA promoviert. Seit August 2016 ist er Gastwissenschaftler in der Abteilung Sozialpsychologie und Methodenlehre der Universität Freiburg. Das „Forschungsstipendium für Postdoktoranden“ der Alexander von Humboldt-Stiftung ermöglicht ihm einen zweijährigen Aufenthalt. Die Studie verfasste er gemeinsam mit Dr. Eric Hehman von der Ryerson University in Toronto/Kanada und mit Jessica K. Flake von der York University in Toronto.

Quelle: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau 

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