Erfolgshonorare für Anwälte zulassen
Archivmeldung vom 08.09.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittLaut Bundesverfassungsgericht ist das Verbot von Erfolgshonoraren für Anwälte verfassungswidrig. Bis zum 30. Juni 2008 hat der Gesetzgeber Zeit, eine entsprechende Regelung zu finden und darin zumindest Ausnahmetatbestände zu definieren oder das Verbot vollständig aufzuheben. In einem aktuellen Gutachten sprechen sich Bochumer Wissenschaftler vom Lehrstuhl für Human Resource Management dafür aus, Erfolgshonorare zuzulassen.
Das Verbot habe in der Vergangenheit Rechtsanwälte und Mandanten massiv benachteiligt, so die Wissenschaftler um Prof. Dr. Stefan Winter. Es berühre nicht nur berufsständische Interessen, sondern verletzte "in eklatanter Weise" Verbraucherinteressen von Rechtssuchenden in Deutschland. Überreicht haben die RUB-Forscher ihre Stellungnahme unter anderem dem Bundesjustiz- und -verbraucherschutzministerium, den Rechtspolitischen Sprechern der Fraktionen im Bundestag, dem Deutschen Anwaltsverein und der Verbraucherzentrale Bundesverband.
Stellungnahme im Internet
Die Stellungnahme haben die RUB-Wissenschaftler Prof. Stefan Winter, Hin-Yue Benny Tang und Christian Schwab auch im Internet veröffentlicht: http://www.rub.de/hrm/erfolgshonorare
Keine
amerikanischen Verhältnisse
Die Bochumer Wirtschaftswissenschaftler beschäftigen sich in ihrer Stellungnahme sowohl mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Dezember 2006 als auch mit einem entsprechenden Regelungsvorschlag des Deutschen Anwaltsvereins (DAV) vom August 2007. "Lediglich die vollständige Aufhebung des Verbots führt zu ökonomisch und gesellschaftlich akzeptablen Ergebnissen für Rechtsanwälte und Mandanten", heißt es in der Stellungnahme. Und weiter: "Das Erfolgshonorar ist die beste denkbare Honorarform für einen Großteil der Mandate von Rechtsanwälten. Die gelegentlich auftretenden Probleme sind mit relativ einfachen regulatorischen Maßnahmen zu beheben." Die "Furcht vor amerikanischen Verhältnissen" beruhe im Wesentlichen auf Unkenntnis der tatsächlichen Gegebenheiten auf dem US-amerikanischen Rechtsmarkt, so die Forscher.
Eigener Vorschlag als Anregung
Der Regelungsvorschlag des DAV sei nicht überzeugend: Er enthalte betriebswirtschaftliche Analysen, die teilweise unvollständig und teilweise sogar objektiv falsch seien. Daraus leiten die Bochumer Wirtschaftswissenschaftler einen eigenen Vorschlag ab, den sie als "ökonomisch begründete Anregung" für den Gesetzgeber verstehen. Demnach sollte das erzielbare Honorar in der Höhe beschränkt sein, je nach Verfahrenstiefe (Vergleich, erste Instanz, zweite Instanz) gestaffelt sein und im Misserfolgsfall zu einer Honorierung führen, die geringer wäre als die nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
"Waffengleichheit"
fördern
Der Vorteil für Kläger und Beklagte liegt auf der Hand: Beide Seiten könnten in gleichem Umfang Prozessrisiken auf ihre Anwälte verlagern. Das Bundesverfassungsgericht äußerte in seinem Urteil Bedenken, dass die Zulassung von Erfolgshonoraren die prozessuale Waffengleichheit gefährden könnte. Diese Bedenken seien "explizit falsch", so die RUB-Wissenschaftler. Gerade bei einem Rechtsstreit zum Beispiel zwischen Privatperson und Unternehmen könne von Waffengleichheit bisher keine Rede sein. Das Verbot ignoriert berechtigte Interessen von Mandanten, die sich in einer unterlegenen Verhandlungsposition befinden. "Wenn man also Waffengleichheit vor Gericht als Gemeinwohlziel anerkennt, so ergibt sich daraus unmittelbar das Gebot, Erfolgshonorare vollständig zu legalisieren. Es ist dann Sache der Mandanten und sollte auch deren Sache sein, zu entscheiden, ob Erfolgshonorare für sie vorteilhaft erscheinen oder nicht", heißt es in der Stellungnahme abschließend.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.