Zentralrat der Juden "erschrocken über Wahlerfolg der AfD"
Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, hat sich "erschrocken" über das Abschneiden der AfD bei der Bundestagswahl gezeigt. "Obwohl dieses Ergebnis nach den Umfragen zu erwarten war, bin ich an diesem Abend auch erschrocken über den Wahlerfolg der AfD, die ihren Stimmenanteil in nur drei Jahren verdoppelt hat", sagte Schuster der "Welt".
"Es muss uns alle umtreiben, dass ein Fünftel der deutschen Wähler einer
mindestens in Teilen rechtsextremistischen Partei ihre Stimme gibt, die
sprachlich und ideologisch offen Verbindungen zum Rechtsradikalismus
und Neo-Nazismus sucht, mit den Ängsten der Menschen spielt und ihnen
nur scheinbare Lösungen anbietet."
Weiter sagte Schuster: "Der
heutige Wahlabend lässt eine schwierige Regierungsbildung erahnen. Ich
appelliere an alle handelnden Personen, sich ihrer Verantwortung für
eine stabile Regierung bewusst zu sein. Wir brauchen aus der politischen
Mitte realistische Lösungen für die drängenden Probleme unseres
Landes."
Die katholische Kirche in Deutschland zeigte sich nach
den ersten Hochrechnungen am Sonntagabend zumindest erfreut über die
gewachsene Teilnahme an der Bundestagswahl. "Die stark gestiegene
Wahlbeteiligung ist ein gutes Zeichen für unser Land, dass die
Demokratie ernstgenommen wird", sagte der Vorsitzende der katholischen
Deutschen Bischofskonferenz (DBK), der Limburger Bischof Georg Bätzing,
der "Welt". Die Mehrheit der Wähler wolle "eine Stärkung der
demokratischen Mitte", fügte Bätzing hinzu. Das zeige sich am
Wahlergebnis.
Bätzing forderte eine rasche Regierungsbildung ohne
extremistische Kräfte, aber im Geiste gegenseitigen Verständnisses und
sachorientierter Kompromisssuche. "Ich hoffe, dass wir jetzt zügig eine
stabile Regierung bekommen, die die Probleme anpackt. Der Wahlkampf ist
vorüber, jetzt muss gehandelt werden", sagte der DBK-Vorsitzende.
Bätzing
weiter: "Die demokratischen Kräfte müssen - zum Wohl der Bürgerinnen
und Bürger - zusammenarbeiten", sie müssten "zuhören, einander verstehen
und konstruktiv um gerechte Lösungen ringen und zu Kompromissen bereit
sein".
Bei der Suche nach einer Regierung müssen sich die
Parteien nach Bätzings Auffassung an europäischen Werten orientieren:
"Deutschland muss in einem demokratischen Europa eingebunden sein, als
rechtsstaatliches, freiheitliches, weltoffenes und solidarisches Land.
Extremistische
Kräfte und solche, die trotz des völkerrechtswidrigen Angriffs auf die
Ukraine mit Putins Russland sympathisieren, dürfen nicht den Ton
angeben." Bätzing weiter: "Gerade angesichts der internationalen
Situation wünsche ich mir sehr, dass Europa durch diese Wahl und die
neue Regierung gestärkt wird."
Quelle: dts Nachrichtenagentur