Altkanzler Kohl gibt Interview über Gesundheitszustand
Archivmeldung vom 03.04.2010
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.04.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAus Anlass seines 80. Geburtstages hat sich Altbundeskanzler Helmut Kohl erstmals seit seinem Sturz vor zwei Jahren eingehend zu seinem Gesundheitszustand und zum Hergang des damaligen Unfalls geäußert.
"Wenn meine Frau nicht gewesen wäre, wäre ich nicht mehr am Leben", erklärte Kohl in einem Interview mit der "Bild-Zeitung" (Samstagausgabe). Den Unfall, der vor zwei Jahren zu einem schweren Schädel-Hirn-Trauma führte, schildert Kohl so: "Ich bin an besagtem Samstag morgen zuhause auf der Treppe schwer gestürzt. Zu allem Unglück war ich allein im Haus, meine Frau Maike - damals waren wir noch nicht verheiratet - war einkaufen. Ich habe zunächst versucht, sie anzurufen, aber mich offenbar verwählt, und schließlich meinen Fahrer erreicht. Von zuhause bin ich dann in die Unfallklinik gefahren, die wenige Minuten vom Haus entfernt liegt. Ich hatte schwere Blutergüsse an den Armen, die Kopfverletzung wurde zunächst nicht bemerkt, und ich sollte aber zur Beobachtung noch in der Klinik bleiben. Auf Veranlassung meiner Frau wurde ich dann noch am gleichen Nachmittag in die Heidelberger Uniklinik zu meinen langjährigen Vertrauensärzten verlegt. Nachdem hier ein schweres Schädel-Hirn-Trauma diagnostiziert wurde, wurde ich noch in der gleichen Nacht erfolgreich operiert. Insofern hatte ich in all dem Unglück auch sehr viel Glück." Die Folgen des Sturzes seien "dramatisch, aber nicht ungewöhnlich bei einem Schädel-Hirn-Trauma dieser Art und dieser Schwere" gerwesen, so Kohl. Er habe nach dem Unfall "die Hoffnung fast aufgegeben. Wenn meine Frau nicht bei mir gewesen wäre und mir immer wieder Mut gemacht und mich mit viel Gefühl für das Machbare und Notwendige gefordert hätte, hätte mein Schicksal einen anderen Weg genommen."
Es gehe ihm jetzt, zwei Jahre nach dem Unfall, "ganz gut. Zu sagen, es geht mir richtig gut, wäre sicher übertrieben, aber ich werde ja schließlich auch 80 Jahre alt." Im Anschluss an eine Gallenoperation vor einigen Wochen habe er sich "nach manchen Komplikationen, die sich nachträglich doch noch ergeben haben, erstaunlich schnell erstaunlich gut erholt". In der Folge von Sturz und Operation vor zwei Jahren sei er wochenlang "kaum ansprechbar" gewesen, so Kohl, "jede Bewegung war eine enorme Kraftanstrengung, vom Laufen ganz zu schweigen. Es ist ein Wunder, dass ich heute hier so mit Ihnen zusammen sitzen und reden kann. Das Sprechen und das Laufen fallen mir zwar noch schwer, aber in den vergangenen Monaten bis heute habe ich enorme Fortschritte gemacht - was Sie ja auch hören können. Daran haben viele einen Anteil, dafür bin ich vielen sehr dankbar - den Ärzten, den Therapeuten und Pflegekräften, meinen Freunden und vor allem meiner Frau Maike, über die in diesem Zusammenhang ja auch sehr viel Unsinn geschrieben wird.
Wissen Sie, das ist eigentlich ganz einfach: Wenn meine Frau nicht gewesen wäre, wäre ich nicht mehr am Leben, und wenn sie nicht bei mir wäre, wäre mein Leben heute sehr viel weniger lebenswert. Wir haben viel Freude miteinander. Wir genießen die Zeit, die uns der liebe Gott geschenkt hat. Das ist uns wichtig. Und wir tun dies in schöner Zweisamkeit sowie im Kreise guter Freunde."
Ob er zu den Feierlichkeiten im Oktober zum 20. Jahrestag der Wiedervereinigung nach Berlin kommen werde, sei noch unklar, so Kohl in "Bild": "Im Moment habe ich dies vor, möchte mich aber noch nicht festlegen." Sein persönlicher Wunsch zum 80. Geburtstag sei, so Kohl, "dass ich mit meiner Frau noch viele schöne und gute Jahre habe" und "dass sie so bleibt, wie sie ist. Sie ist eine großartige Frau."
Quelle: dts Nachrichtenagentur