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Hoffnung auf Landlust – Ostdeutsche Kommunen suchen kreativ nach einer Zukunft

Archivmeldung vom 07.10.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.10.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Leben auf dem Land und im Dorf: Einfach lebenswerter als in einem Stadt-Moloch (Symbolbild)
Leben auf dem Land und im Dorf: Einfach lebenswerter als in einem Stadt-Moloch (Symbolbild)

Bild: birgitta hohenester / pixelio.de

In den ostdeutschen Städten und Gemeinden leben immer weniger Menschen, seit 1990 die am 7. Oktober 1949 gegründete DDR unterging. Für viele Probleme werden kreative Lösungen gesucht, wie eine Studie zeigt. Manche Kommunen hoffen dabei auf die "Landlust" vieler Großstädter. Dies berichtet das Magazin "RT DE".

Weiter berichtet RT DE: "Der wirtschaftliche Zusammenbruch, der hohe Verlust von Arbeitsplätzen und die daraus resultierende Abwanderung vor allem junger Menschen haben ostdeutsche Kommunen seit den 1990er Jahren verändert und prägen die meisten bis heute."

Das gehört zu den Ergebnissen einer Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, die am Mittwoch veröffentlicht wurde.

Darin wurde anhand von zwölf ausgesuchten Orten – von Dobbertin in Mecklenburg-Vorpommern bis Seifhennersdorf in Sachsen – untersucht, "ob Gemeinden zwischen Rügen und Erzgebirge aufgrund dieser Erfahrungen besonders krisenfest sind – und gewappnet für zukünftige Herausforderungen". Viele Gemeinden haben seit 1990 "massive Einwohnerverluste" zu verzeichnen, heißt es in einer Pressemitteilung des Instituts zur Studie.

"Die gesellschaftliche und wirtschaftliche Transformation stellte die Verantwortlichen in den Rathäusern immer wieder vor neue Aufgaben, für deren Bewältigung es keine Vorbilder und fertige Konzepte gab."

Doch das sei erfolgreich geschehen, so die Studienautoren.

"Die lokalen Verantwortlichen und Verwaltungen mussten Wege finden, dem demografischen Wandel zu begegnen", so Catherina Hinz, Direktorin des Berlin-Instituts. "Es mussten Lösungen her, mit immer mehr leerstehenden Wohnungen umzugehen, die lokale Infrastruktur für eine schrumpfende und alternde Bevölkerung aufrechtzuerhalten oder die zunehmenden Lücken in der Versorgung zu schließen." Zudem hätten Krisen den Kommunen zusätzlich kurzfristige Lösungsstrategien abverlangt, wie Hochwasserereignisse oder jüngst die COVID-19-Pandemie.

Neue Bewohner gewinnen

"Lösungen entstehen dort, wo die Stadtoberhäupter Gestaltungswillen haben und Neugier und Offenheit gegenüber bislang unbekannten Ansätzen aufbringen", erklärt laut der Pressemitteilung Susanne Dähner, Mitautorin der Studie. "Bis heute dreht sich in den Rathäusern vieles darum, wie sich Einwohnerzahlen stabilisieren und im besten Fall neue Bewohner hinzugewinnen lassen."

Laut der Forscherin sorgt bei vielen kleinen Kommunen die aktuell wachsende Landlust für Hoffnung. Um davon zu profitieren, würden die Verantwortlichen in den Rathäusern beispielsweise die Türen leerstehender Gebäude für temporäre Bewohner aus Großstädten öffnen, wie beim Projekt "DeinJahrinLoitz" in dem vorpommerschen Städtchen an der Peene. Der Bürgermeister von Golzow habe 2015 zwei syrische Flüchtlingsfamilien eingeladen, in sein Dorf im brandenburgischen Oderbruch zu ziehen, um die Dorfschule vor der Schließung zu bewahren.

Hoffnung wird laut der Studie auch in die Digitalisierung von Arbeitswelt und Bildung, Verwaltung und gesellschaftlicher Teilhabe gesetzt. So habe das brandenburgische Wittenberge von dem Projekt "Summer of Pioneers" profitiert, das ortsunabhängig und digital Arbeitende für einen sechsmonatigen Aufenthalt in die Elbstadt eingeladen hat. Einige der neuen "Wissensarbeiter" seien dauerhaft geblieben.

Das Institut macht darauf aufmerksam, dass sich der wirtschaftliche Umbruch der Nachwendejahre und die geringere Wirtschaftsstärke des Ostens in den Gemeindekassen widerspiegelt. "In ihrer finanziellen Abhängigkeit von Zuweisungen und Fördergeldern sehen manche der Befragten bis heute eine der größten Herausforderungen, die sie in ihrer Handlungsfähigkeit einschränken", so Institutschefin Hinz. 

Nicht typisch ostdeutsch

Die kommunalen Verantwortlichen wissen laut ihrer Aussage, dass sie Angebote wie Schwimmbad oder Bibliothek trotz knapper Kassen aufrechterhalten müssen, da diese über Lebensqualität und Attraktivität einer Gemeinde bestimmen. Das sei zum Teil nicht mehr ohne den ehrenamtlichen Einsatz der Einwohner möglich, die beispielsweise das Heimatmuseum ehrenamtlich betreuen oder indem lokale Handwerker die Turnhalle kostenlos sanieren helfen.

Wie gut die Gemeinden auf Krisen reagieren, wie innovativ und zukunftsfähig sie sind, hat weniger mit Ost oder West, Stadt oder Land zu tun, wie die Studienautoren betonen. Vielmehr hänge das stark von den handelnden Personen ab, von den Rahmenbedingungen und der Unterstützung, die sie finden. Die gefundenen Lösungen und Strategien seien "in den seltensten Fällen spezifisch ostdeutsch", sondern im Austausch mit verschiedensten Partnern entstanden.

Der eigentlich angekündigte "Ostbeauftragte" der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), sei nicht zur Vorstellung der Studie erschienen, berichtete die Berliner Zeitung am Donnerstag.

"Wanderwitz selbst verlor sein Direktmandat im Wahlkreis Chemnitzer Umland – Erzgebirgskreis II. Gegen einen Mann von der AfD."

In den Monaten vor der Wahl habe der "Ostbeauftragte" viel über die "Diktatursozialisierung" gesprochen, erinnerte die Zeitung. Die habe Wanderwitz bei seinen ostdeutschen Landsleuten noch immer gespürt, ihre Demokratieferne, die zu AfD-Wahlerfolgen führe. Die Studie wurde mit Geldern aus dem Haushalt des "Ostbeauftragten" finanziert.

Die Zeitung erinnerte zudem daran, dass in fast allen ostdeutschen Kommunen 2020 viel weniger Menschen als 1990 lebten. Und bis 2035 werde es in den meisten Orten noch leerer werden, alle ostdeutschen Flächenländer würden weiter Einwohner verlieren.

"Vielerorts stehen Häuser und Wohnungen leer, fehlen Arbeitsplätze, und wenn es sie gibt, bleibe der Osten die 'verlängerte Werkbank' von Unternehmen, die ihre Forschungsabteilungen im Westen haben."

Die Steuereinnahmen der Kommunen sind laut Berliner Zeitung bescheiden, "in Dobbertin in Mecklenburg-Vorpommern etwa kommen pro Einwohner 411 Euro in die Kasse. Im Jahr".

Quelle: RT DE

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