Verdacht gegen Staatsanwalt im Hilpert-Prozess
Archivmeldung vom 05.04.2017
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Freigeschaltet durch André OttIm Prozess gegen den ehemaligen Hotelier Axel Hilpert besteht nach rbb-Recherchen der Verdacht, dass der zuständige Staatsanwalt Strafvereitelung im Amt begangen haben könnte. Der Staatsanwalt hatte vor Prozessbeginn gegen die Hauptbelastungszeugin nicht wegen Vorteilsannahme ermittelt, obwohl die Zeugin möglicherweise bei dem umstrittenen Projekt zum eigenen Vorteil gehandelt hat.
Die Zeugin war als Referatsleiterin bei der Landesinvestitionsbank (ILB) für die Förderung der Hotelanlage am Schwielowsee zuständig. Wie der rbb berichtete, soll ihr Mann auf ihre Veranlassung hin die Versicherungen für das Projekt vermittelt und dafür Provisionen kassiert haben. Die zuständige Compliance-Abteilung des ILB prüft derzeit auf Anordnung des Verwaltungsratsvorsitzenden und Finanzministers von Brandenburg, Christian Görke (Die Linke), den Vorgang.
Nach rbb-Recherchen befanden sich unter den beschlagnahmten Akten zu den Firmenkonten Hilperts genügend Belege, wie zum Beispiel Rechnungen und Kontoauszüge, auf denen die Versicherungsprovisionen und der Name des Ehemanns der Referatsleiterin vermerkt waren. Dem rbb liegen diese Dokumente exklusiv vor.
Der rbb legte Prof. Martin Heger, dem Leiter der Juristischen Fakultät der Humboldt Universität Berlin, die Dokumente vor. Für Heger steht der Tatvorwurf der Vorteilsannahme durch die Referatsleiterin im Raum. Doch statt gegen die Referatsleiterin der ILB dazu zu ermitteln, setzte der Staatsanwalt sie als Zeugin an erster Stelle seiner Anklage. "Wenn ein Staatsanwalt untätig bleibt, obwohl er den Verdacht einer konkreten Straftat hat, dann kommt Strafvereitelung in Betracht. Da der Staatsanwalt ein Amtsträger ist, ist es dann eine Strafvereitelung im Amt", sagte Prof. Martin Heger dem rbb.
Auf Nachfragen zu den Vorwürfen gaben sowohl die Referatsleiterin als auch der Staatanwalt keine Stellungnahme ab. Der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft, Dr. Markus Nolte, schrieb dem rbb auf Anfrage, dass "nun sämtliche Unterlagen/Beweismittel in dem Strafverfahren gegen Herrn Hilpert zum Zwecke der Prüfung" angefordert wurden. Die Prüfung dauert an.
Axel Hilpert wird die Veruntreuung von 2,6 Millionen Euro an Fördermitteln vorgeworfen. Das Landgericht Frankfurt (Oder) verurteilte ihn am 13.2. 2017 im Revisionsprozess zu mehr als drei Jahren und neun Monaten Haft. Auch im neuerlichen Urteil berufen sich die Richter der Frankfurter Strafkammer in vielen Teilen auf die Aussagen der Referatsleiterin der ILB und ihrer Mitarbeiter. Hilperts Verteidiger legten erneut Revision ein. Bis zum 20.4. muss die Begründung beim Bundesgerichtshof abgeben werden. Brandenburg aktuell berichtet dazu heute (Mittwoch) um 19.30 Uhr.
Quelle: Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) (ots)