Steuerhinterziehung: 3 Fallen bei Selbstanzeige
Archivmeldung vom 16.04.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittZu spät, zu lückenhaft und zu klamm für die Nachzahlung. Das sind die drei Fallen, in die reuige Steuersünder tappen können, wenn sie sich selbst anzeigen, um den drakonischen Strafen zu entgehen.
Bei 10.000 Euro Steuerhinterziehung werden 140 Euro Netto-Tagessätze fällig, ab 50.000 Euro Hinterziehung ist eine Gefängnisstrafe zwingend, ab einer Million Euro sogar ohne Bewährung (Urteil des Bundesgerichtshofes 1 StR 416/08). Die Höchststrafe bei Haft beträgt zehn Jahre, bei Geld 20 Millionen Euro.
Fehler Nummer 1: Die Selbstanzeige geht zu spät beim Finanzamt ein
Das ist der Fall, sobald die Steuerhinterziehung als entdeckt gilt. Ein aktueller Fall verdeutlicht das Dilemma: Betriebsprüfer vom Finanzamt stießen in den Büchern einer Firma auf hohe Umsätze mit einem Einzelunternehmer und informierten das Finanzamt an dessen Wohnsitz. Die dortigen Beamten stellten fest, dass der Unternehmer die Einkünfte in seiner Steuererklärung verschwiegen hatte, und forderten ihn zur Stellungnahme auf. Die Selbstanzeige, die er daraufhin schickte, war ungültig, sagte der Bundesfinanzhof in letzter Instanz (X R 20/07). Der Unternehmer habe gewusst, dass er aufgeflogen war. Für echte Reue sei es folglich zu spät gewesen, stellten die Richter klar.
Noch nicht zu spät ist es dagegen beispielsweise, wenn ein Steuerflüchtling an der Grenze mit Bargeld oder verdächtigen Kontoauszügen erwischt worden ist. Steueranwalt Dr. Jörg Alvermann (37), Partner der Kanzlei Streck Mack Schwedhelm (Köln, Berlin, München), sagte der Wirtschaftswoche.: „In solchen Fällen schicken die Zöllner eine Mitteilung ans Finanzamt.“ Bevor diese dort eingehe, sei eine Selbstanzeige noch möglich. „Allerdings sollten Betroffene vorsichtshalber noch am selben Tag reagieren“, rät der Steueranwalt.
Fehler Nummer 2: Die Selbstanzeige ist lückenhaft
Denn es reicht nicht, darin sein Konto in der Schweiz zu melden – sämtliche hinterzogenen Einkünfte müssen peinlich genau aufgelistet werden. Doch aus Angst vor einer Razzia heben die Sünder oft keine Kontoauszüge auf und haben deshalb keinen Überblick, wie viel Zinsen und Dividenden ihr Schwarzgeld abgeworfen hat. Schweizer oder Liechtensteiner Banken liefern die Daten zwar auf Anfrage, das kann aber bis zu zwei Monate dauern.
Wer es eilig hat, etwa weil er gerade an der Grenze mit Bargeld erwischt wurde oder Streit mit seiner Ex hat, sollte seine Einnahmen möglichst genau schätzen und aufrunden. Alvermann: „Auf der Selbstanzeige können Betroffene dann vermerken, dass es sich um eine Schätzung handelt und dass sie die Angaben binnen zwei Monaten konkretisieren werden.“
Fehler Nummer 3: Selbstanzeigern fehlt das Geld für die Nachzahlung
Diese Gefahr ist derzeit besonders real, denn die Finanzkrise hat auch in Schwarzgelddepots gewaltige Löcher gerissen. „Straffreiheit tritt nur ein, wenn die Steuern innerhalb der vom Finanzamt gesetzten Frist nachgezahlt werden können“, warnt Steueranwalt Dr. Jens Wolff von der Kanzlei Holthausen & Partner gegenüber der Wirtschaftswoche. In der Regel betrage diese Frist zwei bis vier Wochen. „Manchmal ist sie aber auch kürzer – da haben die Finanzämter einen großen Spielraum.“
Für die Berechnung der zu erwartenden Forderung gilt: Zu zahlen sind die in den vergangenen zehn Jahren hinterzogenen Steuern sowie Strafzinsen von sechs Prozent pro Jahr. In welchem Jahr die Nachzahlungspflicht beginnt, hängt davon ab, wann der Steuerbescheid vom Finanzamt eingegangen ist.
Ein Beispiel: Traf der Bescheid für 1998 im Folgejahr ein, begann die zehnjährige Verjährungsfrist Ende 1999 – womit 1998 noch nicht verjährt ist. Damalige Einnahmen müssen also jetzt aufgelistet werden. Immerhin: „Für die Strafbefreiung reicht es aus, wenn die Steuern der strafrechtlich noch nicht verjährten Zeiträume nachgezahlt werden“, sagt Alvermann. Das seien derzeit in der Regel die Jahre 2003 bis 2008, es müsse aber „im Einzelfall sorgfältig geprüft werden“.
Besonders teuer wird es für Unternehmer, die unversteuerte Einnahmen ins Ausland geschafft haben. Denn dann müssen sie nicht nur die Kapitalerträge der Folgejahre, sondern auch die Summe selbst nachträglich versteuern. Und in solchen Fällen fordert der Fiskus in der Regel nicht nur die Einkommensteuer, sondern auch andere Abgaben wie die Gewerbesteuer, Sozialversicherungsbeiträge und womöglich gar Mehrwertsteuer. Deshalb kann die gesamte Nachforderung schnell den Wert des angelegten Vermögens überschreiten.
Wer wieder eine weiße Weste hat, kann sein Geld ruhig in der Schweiz, in Monaco oder in Luxemburg lassen. Ersparnisse im Ausland sind nicht illegal, solange die Erträge in der Heimat dem Fiskus gemeldet werden. Eine massenhafte Kapitalflucht aus Steueroasen ist damit keineswegs ausgemacht. Die Schweizer etwa geben sich selbstbewusst und verweisen auf die Expertise ihrer Banken in der Vermögensverwaltung. „Ich weiß nicht, wie viel Geld der Stadt Zürich nur dank des Bankgeheimnisses zugeflossen ist“, sagt die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch. „Ich weiß nur: Dieses Geld haben wir nicht nötig.“
Quelle: GoMoPa (Siegfried Siewert / www.gomopa.net)