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Nach Doppelmord in Rott am Inn und Axt-Amoklauf in Düsseldorf: Menschenrechtsverein verlangt Untersuchung über die Rolle von Psychopharmaka bei Kapitalverbrechen

Archivmeldung vom 21.03.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.03.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Bild: Gerd Altmann/Carlsberg1988 / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann/Carlsberg1988 / pixelio.de

Die gewaltauslösenden Nebenwirkungen von Psychopharmaka sollen bei Schwerverbrechen, die von Psychiatriepatienten begangen worden sind, stärker als bisher in die polizeilichen Ermittlungen einbezogen werden. Dies fordert die Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte Deutschland e.V. (KVPM) im Zusammenhang mit dem kürzlichen Doppelmord an zwei Senioren im oberbayerischen Rott am Inn und dem Amoklauf am Düsseldorfer Hauptbahnhof.

In beiden Fällen war der jeweilige Täter zuvor in psychiatrischer Behandlung gewesen. Um die Allgemeinheit besser vor den tödlichen Folgen psychiatrischer Fehlbehandlungen zu schützen, müssten Straftaten, die nach der Verabreichung von Psychopharmaka begangen worden sind, in einer separaten Polizeistatistik erfasst werden, schlägt die KVPM vor.

Eine Vielzahl der persönlichkeitsverändernden Psychodrogen ist in ihrer chemischen Zusammensetzung und ihren verheerenden Auswirkungen nach illegalen Drogen ähnlich, betont die Anti-Psychiatrie-Vereinigung. Dass infolge der Einnahme der Psychopillen unmotivierte Gewaltausbrüche auftreten können und die innere Hemmschwelle gegen die Verletzung von Artgenossen herabgesetzt wird, steht in den Beipackzetteln und ist insofern den pillenverschreibenden Psychiatern bekannt.

Auch andere ihrer Therapien wie beispielsweise Elektroschockbehandlungen sind nach Erfahrungen der KVPM geeignet, aus normalen Menschen gefühllose, gewaltbereite Monster zu machen. Deshalb trifft die psychiatrischen Ärzte der genannten beiden Täter eine erhebliche Mitverantwortung für deren Bluttaten.

Die KVPM versorgte inzwischen die Staatsanwaltschaften in Traunstein und in Düsseldorf mit Studien, Expertenaussagen und Gerichtsurteilen, um zu belegen, dass gewalttätige Verbrechen als "Nebenwirkung" psychiatrischer Behandlungsmethoden keine Ausnahme bilden, sondern in viel zu hoher Regelmäßigkeit vorkommen. Gleichzeitig wurden die Staatsanwälte ersucht, ihre Ermittlungen auf die behandelnden Psychiater wegen des Verdachts fahrlässiger Tötung und der Gefährdung der Allgemeinheit auszuweiten.

Der 25-jährige Doppelmörder von Rott am Inn war im Jahr 2010 wegen räuberischer Erpressung in die Psychiatrie eingewiesen worden. Die siebenjährige "Behandlung", die dem Staat Kosten in Höhe von mindestens Euro 600.000 verursachte, verwandelte den jugendlichen Kriminellen in einen kaltblütigen Mörder, der am 27. Februar 2017 zwei Senioren mit Messerstichen tötete, nachdem es zu einem Streit wegen Lärmbelästigung gekommen war. Seine behandelnden Psychiater hatten ihn offenbar als "geheilt" eingestuft und ihm einen unbegleiteten Ausgang gestattet, von dem er nicht mehr zurückkehrte.

Der 36-jährige Fatmir H., der am 09. März 2017 in einer wartenden S-Bahn am Düsseldorfer Hauptbahnhof wahllos mit einer Axt auf Passagiere losging und neun Menschen zum Teil schwer verletzte, war ursprünglich wegen Suizidgedanken in die Psychiatrie eingewiesen worden. Auch er scheint erst durch die psychiatrische "Behandlung" zu einem gemeingefährlichen Gewalttäter geworden zu sein.

Bernd Trepping, Vorstand der KVPM Deutschland, begründete den erneuten Vorstoß, um die Täter hinter den Gewaltverbrechern zur Verantwortung zu ziehen: "Psychiater sind über das Gewalt auslösende Potential von Psychopharmaka bestens unterrichtet und nach Maßgabe des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte dazu verpflichtet, ihre Patienten auf diese Nebenwirkungen hinzuweisen. Sehr viele Psychiater kommen dieser Aufklärungspflicht jedoch nicht nach."

Weitere Fälle psychiatrischer Fehlleistungen mit tödlichen Nebenwirkungen aus jüngster Vergangenheit

Der Germanwings-Copilot Andreas Lubitz stürzte am 24. März 2015 149 Menschen und sich selbst in den Tod, als er ein Verkehrsflugzeug absichtlich zum Absturz brachte. Er hatte im Rahmen seiner psychiatrischen Behandlung unter anderem ein Antidepressivum und das Beruhigungsmittel Lorazepam eingenommen. Ein erhöhtes Suizid-Risiko und gesteigerte Aggression aufgrund der enthemmenden Wirkung ist eine in der Medizin bekannte Nebenwirkung des Präparats.

Der Attentäter von Nizza, der am 14. Juli 2016 mit einem LKW 84 Menschen tötete, war laut Aussage seines Vaters wegen psychischer Probleme in Behandlung. Welche Psychopharmaka ihm verabreicht wurden, erfuhr die Öffentlichkeit bisher nicht.

Der 18-jährige Amokläufer David Ali S., der am 22. Juli 2016 in München neun Menschen erschoss und sich dann selbst tötete, befand sich längere Zeit in psychiatrischer Behandlung. Laut Staatsanwaltschaft München hat er ein Jahr vor seiner mörderischen Tat zwei Monate in einer stationären Einrichtung verbracht. Danach sei er ambulant weiterbehandelt worden und habe Psychopharmaka verordnet bekommen.

Quelle: KVPM Deutschland e.V. (ots)

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