Details des neuen Erbschaftsteuerrechts: Für einige Unternehmen ist das alte Recht günstiger
Archivmeldung vom 13.11.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Bundesregierung hat in vielen Bereichen wichtige Korrekturen am bisherigen Gesetzesentwurf zum Erbschaftsteuerrecht vorgenommen. Diese führen zu zahlreichen Verbesserungen bei der Besteuerung von Betriebsvermögen.
Allerdings werden die positiven Änderungen durch erhebliche Verschärfungen in anderen Teilbereichen in den Schatten gestellt. Dies ergibt eine erste Analyse der Detailregelungen des Erbschaftsteuerreformgesetzes durch die Wirtschaftskanzlei Rödl & Partner.
"Die Koalition hat die Kritik der Wirtschaft ernst genommen und viele Verbesserungswünsche aufgegriffen. Das Erbschaftsteuerreformgesetz bringt aber erhebliche Verschlechterungen mit sich. Für ertragsstarke Familienunternehmen, insbesondere in der Rechtsform der Personengesellschaft, bleibt daher unter Umständen das alte Erbschaftsteuerrecht die bessere Wahl", erklärt Dr. Christian Rödl, Geschäftsführender Partner von Rödl & Partner. "Wir raten den Unternehmen, schnellstmöglich Übertragungen noch in diesem Jahr zu prüfen. Einige Mandanten haben sich bereits zu diesem Schritt entschieden."
Ein Wahlrecht bei der Verschonungsregelung besteht nur auf dem Papier. Erst im 9. und 10. Jahr der Unternehmensfortführung ergeben sich Vorteile des 100-Prozent-Modells gegenüber dem 85-Prozent-Modell. Die Lohnsummenregelung macht die Verschonungsregel zum Lotteriespiel. "Realistisch kommt eine Steuerbefreiung nur für sehr wenige Unternehmen in Betracht", erklärt Steuerrechtsexpertin Britta Dierichs. "Auf dieses Feigenblatt hätte man getrost verzichten können."
Die Detailregelungen, die derzeit den Koalitionsfraktionen zur Beratung vorliegen, weisen einige erhebliche Änderungen auf. Die wichtigsten Punkte:
» Wohnungsunternehmen werden in die Begünstigungsregelungen des neuen Erbschaftsteuerrechts für Betriebsvermögen einbezogen. Allerdings bleibt die Diskriminierung für Unternehmen, die Gewerbeimmobilien halten und vermieten, bestehen. » Lohnsummenkriterium: Die jährliche weicht einer kumulierten Betrachtung. Die bisher vorgesehene Indexierung fällt weg. Unternehmen sind daher grundsätzlich im Rahmen der Behaltefrist flexibler. Dafür wurde die Lohnsumme auf 650 Prozent verschärft. » Behaltefrist: Verkürzung auf 7 Jahre und Verzicht auf die "Fallbeilregelung". Die Erbschaftsteuer kann "abgearbeitet" werden. Problematisch werden zu hohe Entnahmen, sie können zum anteiligen Wegfall des Verschonungsabschlags führen. » Umstrukturierungen: Sämtliche Umstrukturierungen nach Umwandlungssteuergesetz, auch Rechtsformwechsel oder Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften, sind unschädlich, wenn die Behaltefrist für die gewährten Anteile nicht verletzt wird. » Die Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen ist unschädlich, wenn die Mittel in das Produktivvermögen investiert werden. Die Frist für die Reinvestition beträgt sechs Monate. » Verwaltungsvermögen: Die Betriebsaufspaltung ist kein Quasi-Ausschlusskriterium für die Verschonungsregelung mehr. Voraussetzung bleibt aber, dass die Betriebsaufspaltungssituation an den Erwerber weitergegeben wird. » Die Haftung des Übergebers für etwaige Erbschaftsteuernachforderungen soll im Erlassweg ausgeschlossen werden. » Die Verpachtung von Betrieben führt nicht mehr zwingend zur Annahme von Verwaltungsvermögen. Begünstigt wird beispielsweise die Verpachtung an den Unternehmensnachfolger. » Die Bewertungsvorschriften werden in das Bewertungsgesetz übernommen. Das vereinfachte Ertragswertverfahren steht nunmehr allen Unternehmen als Wahlrecht offen. Der fixe Risikoaufschlag auf den Kapitalisierungszins von 4,5 Prozent gilt nur im Rahmen des vereinfachten Ertragswertverfahrens. Die bisher drohende massive systemimmanente Überbewertung von Betriebsvermögen wird damit vermieden. » Persönliche Verhältnisse werden bei der Bewertung grundsätzlich nicht berücksichtigt. Nur bei Übertragung eines ererbten Gesellschaftsanteils auf die Mitgesellschafter oder die Gesellschaft ist nur der Abfindungsanspruch statt des steuerlichen Anteilswertes vom Erben zu versteuern. Die Differenz müssen aber die durch das Ausscheiden des Erben begünstigten Gesellschafter der Erbschaftsteuer als eigenen Erwerb unterwerfen. » Eine Anrechnung der Erbschaftsteuer bei der Einkommensteuer zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung wird ermöglicht. » Das Wahlrecht, für Erwerbe von Todes wegen nach dem 31.12.2006 bereits das neue Recht anzuwenden, bleibt erhalten. Allerdings bleiben die persönlichen Freibeträge auch bei Anwendung des neuen Rechts auf dem alten Niveau.
Fazit: Kritische Punkte bereinigt - Verschärfungen hinzugefügt
Der Koalitionskompromiss zur Erbschaftsteuer hat Verbesserungen in einigen Detailregelungen gebracht. Eine wesentliche Erleichterung für Familienunternehmen ist damit allerdings nicht verbunden. Sehr ertragsstarke Unternehmen, Immobilienunternehmen mit Ausnahme von Wohnungsunternehmen und Unternehmen mit risikobehafteten Zukunftsaussichten sollten eine Übertragung noch in diesem Jahr ernsthaft prüfen. "Wir setzen darauf, dass der Bundesrat noch Verbesserungen des Gesetzentwurfs durchsetzen kann. Dies könnte zu einer besseren Akzeptanz der Erbschaftsteuer auf Unternehmensseite beitragen", bekräftigt Rödl.
Quelle: Dr. Christian Rödl, LL.M., Rechtsanwalt, Steuerberater