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Wohnung? Schwer für Mindest- und Niedriglöhner

Archivmeldung vom 08.07.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.07.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Massenmenschenhaltung in der Dr.-Wilhelm-Külz-Straße in Hoyerswerda, Plattenbau und Sozialwohnungen (Symbolbild)
Massenmenschenhaltung in der Dr.-Wilhelm-Külz-Straße in Hoyerswerda, Plattenbau und Sozialwohnungen (Symbolbild)

Foto: Doris Antony
Lizenz: GFDL
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Die Mieten in Deutschland steigen beständig. Inzwischen sind sie so hoch, dass jeder fünfte Beschäftigte für eine ordentliche Wohnung aufstockende Leistungen aus Hartz IV benötigt. Dies berichtet das Magazin "RT DE".

Weiter berichtet RT DE: "Mehr als sieben Millionen Menschen müssen in Deutschland mit einem Stundenverdienst von unter 11,50 Euro auskommen, denn sie arbeiten im sogenannten Niedriglohnbereich. Rund 930.000 davon bekommen nach den letzten vorliegenden offiziellen Zahlen nur den Mindestlohn von momentan 9,50 Euro pro Stunde. Damit lässt sich schwerlich eine Wohnung finden und auch bezahlen.

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Susanne Ferschl hat sich vorrechnen lassen, wie viel jemand, der ganztags zum Mindestlohn arbeitet, noch für die Wohnung ausgeben dürfte, ehe eine sogenannte Aufstockung durch Hartz IV nötig wird. Die Antwort lautete: ganze 423 Euro, warm. Ein Schuft, der Böses dabei denkt, wenn die durchschnittlichen übernommenen Warmmieten im ALG II bundesweit hier eine Punktlandung auf genau 422 Euro liefern.

Aber das ist der bundesweite Schnitt, und selbst der ist nicht ganz ehrlich. Nach den Statistiken der Arbeitsagentur liegen die realen Mieten nämlich je nach Region um neun bis zehn Euro über den anerkannten, ebenfalls nur im Durchschnitt.

Der Schwellenwert von 423 Euro, ab dem ein Vollzeitbeschäftigter mit Mindestlohn Anspruch auf zuzahlende Leistungen hätte, wird jedoch vielerorts überschritten. Ferschl hat die Zahlen für Bayern abgefragt, wo der landesweite Schnitt der von den Jobcentern gezahlten Warmmieten bei 467 Euro lag. Aber nur in Passau, Bamberg, Bayreuth, Schweinfurt, Kaufbeuren und Memmingen lag die durchschnittlich übernommene Miete unter 423 Euro, in allen anderen bayerischen Städten lag sie darüber.

Spitzenreiter war München mit einem Durchschnitt von 597 Euro für eine alleinstehende Person. Der Musterfall-Mindestlöhner müsste also zusätzlich zu seinem Lohn noch 175 Euro aufgezahlt bekommen, um nach Zahlung der Miete noch seinen Anspruch nach dem SGB II zu decken.

Am Beispiel München lässt sich aber noch eine weitere Rechnung durchführen, nach denselben Vorgaben. Wer Niedriglohn erhält, also die oben erwähnten 11,50 Euro, der hätte nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben und nach Abzug der Freibeträge, die ihm wegen der Erwerbstätigkeit zustehen, ein anzurechnendes Einkommen von 1.047,77 Euro. Da bliebe bei einer Miete in Höhe der durchschnittlichen Zahlung im SGB II gerade noch ein Rest von fünf Euro über den Bedarf hinaus.

Man darf dabei jedoch nicht nur den Durchschnittswert betrachten, in dem sich ja auch langjährige Mietverhältnisse und immer noch ein Teil Sozialwohnungen finden, sondern auch auf die Mietobergrenze schauen, die aktuell für München gilt (und bei der es, wie überall bei diesen Grenzen, immer noch schwer sein dürfte, tatsächlich eine Wohnung zu finden) – die liegt seit dem 01.01.2021 bei 681 Euro bruttokalt, heißt, warm noch einmal um, sagen wir mal, 80 Euro höher, also bei 761 Euro.

Bei diesem Beispiel hat selbst der Niedriglöhner von den anrechenbaren 1.047,77 Euro monatlich nach Abzug der Miete nur noch 286,77 Euro übrig oder Anspruch auf 159,23 Euro aufzahlender Leistungen. Und ein Niedriglöhner, das ist eben schon jeder Fünfte. Pauschal heißt das: Überall dort, wo die Miete für eine Person über 600 Euro warm liegt, reicht selbst die Obergrenze des Niedriglohns nicht mehr, um die Wohnung zu finanzieren.

Ganz so exotisch ist das bayerische Beispiel nicht. In Baden-Württemberg liegt etwa der landesweite Durchschnitt der im SGB II übernommenen Mieten bei 435,27 Euro, also auch über der aus dem Mindestlohn bezahlbaren Schwelle. Auch Berlin liegt mit durchschnittlichen Kosten der Unterkunft in Höhe von 432 Euro darüber. (Bei der Bundesagentur für Arbeit lässt sich das für jeden Wohnort oder Bundesland überprüfen.)

Das Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen schreibt in einer aktuellen Darstellung zum Mindestlohn: "Der bisher geltende gesetzliche Mindestlohn wirkt sich nur in begrenztem Maße auf den Umfang des Niedriglohnsektors aus. Das liegt vor allem an der auch im europäischen Vergleich geringen Höhe des gesetzlichen Mindestlohns. Zudem blieb die Entwicklung der Höhe des gesetzlichen Mindestlohns seit seiner Einführung deutlich hinter der allgemeinen Lohnentwicklung zurück. Der gesetzliche Mindestlohn erfüllt damit lediglich die Funktion, das Ausfransen des Lohnspektrums nach unten zu begrenzen."

Ferschl zieht aus diesen Rechenbeispielen jedenfalls gegenüber der Augsburger Allgemeinen den Schluss, der Mindestlohn müsse "endlich auf ein armutsfestes Niveau von 13 Euro angehoben und die Tarifbindung gestärkt werden". Grüne und SPD haben eine Erhöhung auf zwölf Euro in ihren Wahlprogrammen stehen."

Quelle: RT DE

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