NSU: Verübte ein V-Mann des Verfassungsschutzes NRW den Bombenanschlag in der Kölner Probsteigasse?
Archivmeldung vom 21.12.2017
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.12.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn dieser Woche fand nun bereits der 400. Verhandlungstag im NSU-Prozess statt, bei dem ein Urteil vor Ostern eine Überraschung wäre. Die Spur in Richtung des Verfassungsschutzes scheint schon längst nicht mehr verfolgt zu werden. Im Gegenteil: Es kommt einem gerade so vor, als wäre hier ein "Maulkorberlass" ausgesprochen und eine solche Ermittlungsrichtung - von wem auch immer - zu einem Tabuthema erklärt worden. Dabei gibt es hier immer noch sehr viele Ungereimtheiten, wie der dritte Teil der Recherchen von Oliver Nevermind belegt.
Bereits die ersten beiden Beiträge, die auf ExtremNews von einem investigativen Journalisten mit dem Pseudonym "Oliver Nevermind" über die sogenannten "NSU-Morde" veröffentlicht wurden, zeigten ein ganz anderes Bild, als das, was ansonsten der Öffentlichkeit präsentiert wird.
Unter dem Titel "Der NSU-Schwindel" schreibt Nevermind im dritten Teil: "Am 21. Dezember 2000 betrat ein junger Mann ein von einem Iraner betriebenen Lebensmittelmarkt in der Probsteigasse, dieser hatte einen Korb bei sich, welchen er, ohne etwas gekauft zu haben, zurück ließ. In dem Korb befand sich eine Christstollendose, die eine selbstgebaute Bombe enthielt. Der Inhaber des Geschäfts stellte den Korb zur Aufbewahrung in das Hinterzimmer. Am 19. Januar 2001 explodierte der Sprengsatz, als die damals 19-jährige Tochter des Ladenbesitzers die Dose öffnete. Selbige wurde schwer verletzt.
Der Vater und die Schwester des Opfers hatten den Täter im Laden gesehen. Ihrer Beschreibung nach wurde ein Phantombild erstellt. Dieses hatte keinerlei Ähnlichkeit mit Uwe Böhnhardt oder Uwe Mundlos, dafür aber mit einem anderen Rechtsextremisten, dem VS-Informanten Johann Helfer.Wer ist Johann Helfer?
Dank der Tatsache, dass Helfer in einem rechtsextremen Magazin im Rahmen eines Interviews eine eingehende Selbstbeschreibung abgab und sein Werdegang auch anhand anderer Quellen gut nachvollzogen werden kann, können wir ein sehr genaues Bild zeichnen:
1981–1985
Helfer tauchte im Umfeld der Jugendorganisation der KPD/ML auf. Er fiel dort durch verbale Militanz und seine Begeisterung für Waffen auf. Zudem war Helfer Mitte der 1980er Jahre Mitglied einer Gruppe, die unter dem Namen „Anarchistische Terrorfront“ (ATF) agierte. Trotz ihres Namens war die ATF ideologisch rechts anzusiedeln. Von der Polizei wurde sie als politisch „verworren“ eingeordnet.1984 offerierte die ATF per Aushang in einem Supermarkt in Köln-Zollstock den Ankauf von Waffen sowie die Ausführung von Anschlägen aller Art. Ebenfalls im Jahr 1984 trat die Bande durch Brand- und Sprengstoffanschläge auf leerstehende Gebäude in Erscheinung. Daraufhin wurden mehrere Mitglieder der Gruppe verhaftet. Ob Helfer unter den Verhafteten war ist unbekannt, aber sehr wahrscheinlich. Fest steht jedoch, dass er im Jahr 1985 wegen Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz verurteilt wurde.
1986–1989
Helfer ging dann als Wehrpflichtiger zur Bundeswehr, wo er eine Ausbildung als Scharfschütze erhielt.
1987 wird er als Kontaktperson des „Heimatschutzverbandes“, in einer Anzeige im „Internationalen Waffenspiegel“ aufgeführt. Der „Heimatschutzverband“ war eine paramilitärische Wehrsportgruppe, welche sich in Richtung des „Werwolf“-Konzeptes orientierte. Es wurden u. a. Wehrsportübungen mit Schusswaffen veranstaltet. Nach Angaben des „Bundesführers“ soll es eine Zusammenarbeit mit dem MAD (Militärischer Abschirmdienst, Geheimdienst der Bundeswehr) gegeben haben.
1989–1997
Helfer war eigenen Angaben zufolge Mitglied der „Nationalistischen Front“ (NF), einer nationalrevolutionären Kaderorganisation der militanten Rechten. Die NF, die u.a. die Bildung eines „Nationalen Einsatzkommandos“ (NEK), einer paramilitärischen Gruppe, in Angriff nahm, wurde 1992 verboten.
1998–2012
In Köln wurde 1998 die „Kameradschaft Walter Spangenberg“ gegründet, H. war Gründungsmitglied und hatte die Funktion des stellvertretenden Kameradschaftsführers inne.
1999 trat er dem kurz zuvor gegründeten „Kampfbund Deutscher Sozialisten“ (KDS) bei und avancierte dort zum „stellvertretenden Gausekretär Rheinland“.
Der KDS unterhielt Verbindungen zu Gruppen wie der „Dänischen Nationalsozialistischen Bewegung“, die wiederum enge Verbindungen zum „Blood & Honour-Netzwerk“ in Skandinavien aufwies. Blood and Honour verfügte mit „Combat 18“ selber über einen militanten Arm, der 1999 Bombenanschläge in Großbritannien verübte, bei denen drei Menschen getötet und knapp 160 verletzt wurden.
Zurück zum Anschlag selber.
Im Prozess beschrieb der aus dem Iran stammende Ladenbesitzer den Attentäter als schmächtig, mit längeren lockigen oder welligen Haaren bis über die Ohren. Das Gesicht sei schmal und knochig gewesen.
Schon damals fiel einer Beamtin des Kölner Staatsschutzes auf, dass das Phantombild des Täters dem stadbekannten Rechtsextremisten Johann Helfer äußerst ähnlich ist.
Bemerkenswert ist, dass dem Opfer und den Zeugen bewusst ein Foto vorgelegt wurde, auf dem Helfer wegen der schlechten Bildqualität kaum zu erkennen ist. Und nicht nur das, die Lichtbildvorlagen wurden auch so manipuliert, dass Helfer gerade nicht erkannt werden konnte.
„Die Beschaffenheit dieser Vorlagen wurde von den Abgeordneten kritisiert. So besorgte sich das BKA ein Passbild von H., das ihn mit kurzen Haaren und einem Dreitage-Bart zeigt. Dieses Passbild wurde dann mit langen Haaren, ähnlich der Zeichnung des Phantombilds, versehen. Bei einer Wahllichtbildvorlage wird der Zeugin nicht nur ein Bild des Verdächtigen gezeigt, sondern dieses in eine Sammlung weiterer Fotos ähnlich aussehender Personen gemischt.
Im konkreten Falle enthielt die Vorlage neben dem Foto von Johann H. vor allem Fotos mutmaßlicher NSU-Mitglieder und -Unterstützer. Bei allen Personen wurden die Frisuren verändert, so dass sie lange Haare ähnlich dem Phantombild trugen. Den Bart bei H. hingegen retuschierte man nicht weg, obwohl der Bombenleger keinen Bart getragen haben soll. Warum überhaupt das Passfoto von H. und nicht ein Foto von ihm mit langen Haaren genutzt wurde, blieb unklar.“ Auch die vom VS dem BKA übermittelten Aufnahmen, wiesen eine Qualität auf, die selbst von der zuständigen BKA-Beamtin als „sehr schlecht“ beschrieben wird.
Hier brachte erst die Vorlage einer besseren Aufnahme Helfers Klarheit: Die zur Tatzeit 14-jährige Schwester von Mashia M. hat nach Betrachtung des Fotos ausgesagt, „die Zusammensetzung aller Merkmale entspreche ihrer Erinnerung an den Täter. Sie habe beim Anblick des Fotos „direkt ein Kribbeln gespürt“.
Ebenso auffällig ist, dass der Verfassungsschutz die Information, dass Helfer wegen eines Sprengstoffdeliktes verurteilt wurde, bewusst zurück hielt.
Zwar fand [die BKA-Beamtin] [später ] noch heraus, dass H. 1985 wegen eines Sprengstoffdeliktes eine Jugendstrafe erhielt, diese Information hatte der VS nicht übersandt, weitere Ermittlungen oder eine Vernehmung von H. führte sie nicht mehr durch.
Meldung an das Innenministerium nicht weitergegeben:
[Direkt nach dem Anschlag] wurde eine so genannte WE-Meldung erstellt, die das Innenministerium und die verschiedenen Behörden zeitnah in Kenntnis über dieses „wichtige Ereignis“ (WE) setzen sollte. Doch nach Angaben des damaligen VS-Leiters Hartwig Möller soll der Anschlag nie beim Geheimdienst „angelandet“ sein.
Wurden Akten geschreddert, um die Täterschaft des V-Mannes Helfer zu verbergen?
Dies wollte die damals zuständige VS-Leiterin Mathilde Koller (Amtszeit 2009-2012) „zumindest nicht ausschließen“.
War das Staatsschutz-Dezernat „Ausländerextremismus“ in die Ermittlungen eingebunden?
Während die Staatsschutzabteilung Links-/Rechtsextremismus ableugnet konkret an den Ermittlungen beteiligt gewesen zu sein, schloss der damals zuständige Ermittlungsleiter nicht aus, dass der Fall vom Dezernat „Ausländerextremismus“ bearbeitet wurde, dies würde Sinn ergeben, da in vielen Fällen der sog. Dönermordserie Spuren sehr deutlich in diese Richtung weisen (PKK/Graue Wölfe). Ggf. ist die Ermittlungsarbeit auch von seinem damaligen Vorgesetzten übernommen worden, welcher aber nicht mehr befragt werden kann, da er in der Zwischenzeit verstorben ist-wie praktisch.
Beging Helfer noch weitere Anschläge?
Zwischen 1992 und 1993 wurden in Köln drei Bombenanschläge durchgeführt. Am 21. Dezember 1992 wurde vor der Wohnungstür einer türkischen Familie in Köln-Ehrenfeld ein als Weihnachtsgeschenk verpacktes Paket abgelegt. Beim Öffnen des Pakets explodierte es. Zwei Familienmitglieder erlitten Verbrennungen. Schwer verletzt wurden auch zwei Männer, die im Februar und März 1993 auf der Straße einen Autostaubsauger und einen Winkelschleifer fanden. Als sie die Geräte an den Strom anschlossen, zündeten professionelle Sprengkapseln die TNT-Sprengsätze. Beide Sprengfallen waren in Vierteln abgelegt worden, in denen viele Ausländer wohnten.
Dazu passend: Im März 1993 ging beim Verfassungsschutz ein Hinweis ein. So sollen Neonazis von der Nationalistischen Front, der Helfer zum damaligen Zeitpunkt angehörte, im November 1992 in der Nähe von Bonn TNT erworben haben, auch ein Anschlag sei geplant gewesen.
Reaktion des VS: Keine.
Subsumieren wir:
- wir haben ein Phantombild, welches Johann Helfer wie aus dem Gesicht geschnitten ist
- auch die anderen Körpermerkmale (Größe, Statur usw.) sind stimmig
- Johann Helfer war V-Mann des Verfassungsschutz
- Johann Helfer ist wegen eines Sprengstoffdeliktes vorbestraft
- Johann Helfer war in einer Gruppe names Anarchistische Terror Front aktiv, welche Brand- und Sprengstoffanschläge verübte
- Johann Helfer war in der Gruppe Heimatschutzverband aktiv, in welcher man sich an dem Werwolfkonzept (welches u. a. Terroranschläge gegen politische Gegner vorsieht) orientierte
- Der Heimatschutzverband arbeitete anscheinend mit dem Militärgeheimdienst „MAD“ zusammen
- Johann Helfer war Mitglied in der Nationalistischen Front, einer Organisation, die einen paramilitärischen Flügel aufbauen wollte, dieses ggf. schon getan hatte
- Johann Helfer galt schon zu Beginn seiner politischen Karriere als Waffennarr mit einem Hang zu Explosivstoffen
- Johann Helfer stand mit Blood and Honour-Aktivisten (wie oben geschrieben hält sich B&H mit Combat18 einen bewaffneten Arm, der bereits für verheerende Bombenanschläge verantwortlich zeichnete) in Kontakt
- durch absichtliche Vorlage von ungeeigneten Lichtbildern wurde die Identifizierung Helfers seitens der Opfer erschwert
- der Verfassungsschutz hielt bewusst die Information, dass Helfer wegen Sprengstoffverbrechen vorbestraft ist, zurück
- der Verfassungsschutz behauptet ihm sei die WE (Wichtiges Ereignis)-Mitteilung über den Bombenanschlag nicht zugesandt worden, weswegen man sich nicht mit dem Fall befasst habe
- Akten zu den Ermittlungen wurden anscheinend vernichtet
- von 1992-1993 wurden drei Bombenanschläge verübt, deren Opfer jeweils Ausländer waren.Diese Bombenanschläge wiesen einen ähnlichen Modus Operandi auf ( z.B. in einem Fall Deponieren einer Bombe in einem Weihnachtsgeschenk und bei dem Anschlag in der Probsteigasse Deponieren der Bombe in einer Christstollendose)
- die drei Bombenanschläge wurden mittels TNT verübt, der Verfassungsschutz hatte Anfang 1993 Kenntnis von Ankäufen von TNT durch Mitglieder der Nationalistischen Front
Was könnte man daraus schlussfolgern?
- Nichts, dies sind alles zufällige Ereignisse, die mit dem Bombenanschlag nicht in Verbindung stehen.
- Helfer hat diesen Anschlag im Auftrag des VS begangen, evtl. um bei Bedarf das Schreckgespenst des Rechtsterrorismus aus der Mottenkiste zu holen, darum wurden die Ermittlungen von Seiten des Geheimdienstes massiv sabotiert.
- Helfer hat diesen Anschlag aus politischen Motiven (Rassismus/Ausländerhass) begangen, jedoch ohne Wissen des VS.Er hat sich also quasi selbstständig gemacht.Als dem VS bekannt wurde, dass ihr Spitzel der Täter ist, bekam man kalte Füße, weil man u. a. befürchtete, dass ein Terrorist im Staatssold ein politisches Erdbeben auslösen könnte und infolge dessen im VS Kontrollinstanzen eingeführt werden könnten, die dafür sorgen würden, dass der Geheimdienst nicht mehr frei agieren könnte.
Entscheiden Sie für sich selbst:
Halten Sie, unter dem Eindruck der Indizienlast, Helfer für den Bombenleger? Oder handelt es sich nur um eine Verkettung unglücklicher Umstände, dass dieser Eindruck entsteht?
Wenn Sie der Meinung sind, dass Helfer der Täter war, aus welcher Motivation mag er gehandelt haben?
Wenn es Aktionen zu Verschleierung der Täterschaft Helfers seitens des VS‘ oder einer anderen staatlichen Stelle gab, warum wurden diese durchgeführt?
Machen Sie sich Ihre eigenen Gedanken, ..."
Hinweis: Textauszüge wurden sinnwahrend gekürzt, verändert und ergänzt.
Hier der Link zum ersten Teil "Der NSU, alles nur ein Schwindel?": https://www.extremnews.com/berichte/politik/7edd1688c958cb2
Hier der Link zum zweiten Teil "Weitere Informationen zum möglichen NSU Schwindel?": https://www.extremnews.com/berichte/politik/ef63168b143812f
Weiteres vom Autor des Berichts Oliver Nevermind:
https://olivernevermind.wordpress.com/
https://www.facebook.com/Oliver-Nevermind-149737355773872/
Quelle: Oliver Nevermind