Trendbarometer Elektromobilität: Der holprige Weg zum Massenmarkt
Archivmeldung vom 23.02.2023
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Freigeschaltet durch Mary SmithElektromobilität ist längst nicht mehr nur ein Trend - E-Fahrzeuge sind vielmehr schon in der Einfahrt zum Massenmarkt. Nicht nur die Auswahl von E-Auto-Modellen seitens der Hersteller steigt rasant, auch die Reichweite der Fahrzeuge wird immer größer. Immer mehr Menschen fahren inzwischen elektrisch und nennen Nachhaltigkeitsaspekte als Hauptgrund für den Kauf eines E-Fahrzeugs. Doch es gibt auch einige Stolpersteine. Das zeigt das neue Trendbarometer Elektromobilität der Management- und Technologieberatung BearingPoint, das seit 2021 den Verbraucher:innen in Sachen Elektromobilität auf den Zahn fühlt.
Mit dem E-Auto-Boom im letzten Jahr - 31 Prozent aller Neuzulassungen waren E-Fahrzeuge (BEV und PHEV) - steigt nicht nur die Zahl der E-Auto-Käufer, sondern auch die derjenigen Menschen, die Erfahrungen mit E-Autos sammeln. Immer mehr Verbraucher:innen sind bereits mit einem E-Auto gefahren und viele hat die neue Technologie überzeugt. Trotzdem braucht die Antriebswende noch Zeit: gut die Hälfte der befragten Autokäufer:innen würde sich aktuell noch für einen Verbrenner entscheiden. Vor allem der noch oft hohe Preis von E-Fahrzeugen schreckt viele ab. Das ist eines der Ergebnisse des aktuellen Trendbarometers Elektromobilität der Management- und Technologieberatung BearingPoint.
Nachhaltigkeit ist Haupttreiber für die Antriebswende - Immer mehr Verbraucher:innen fahren elektrisch
Während in den letzten Trendbarometern nur jede:r Fünfte bereits mit einem E-Auto gefahren ist, sind es 2023 mit 27 Prozent schon deutlich mehr. Die Umfrage zeigt, dass insbesondere dieses Erleben des elektrischen Fahrens überzeugt. Der Anteil derjenigen, die sich für ein E-Auto begeistern können, ist bei dieser Gruppe mehr als dreimal so hoch wie bei Befragten ohne E-Erlebnis in der Vergangenheit. Für 42 Prozent der Befragten, die ein E-Auto kaufen wollen, sind ökologische Aspekte weiterhin klar die Hauptmotivation beim Kauf von E-Autos. Doch auch finanziell erhoffen sich viele Verbraucher:innen einen Vorteil durch den Kauf eines E-Autos durch Einsparungen entweder bei Unterhalts- und/oder Servicekosten (25 Prozent) - ähnlich wie im Vorjahr. Mit Blick auf die auslaufende Förderung sind es nur 9 Prozent der Befragten, die sich davon steuerliche Vorteile erhoffen (2022: 12 Prozent).
Dr. Stefan Penthin, Globaler Leiter Automotive und Industrial Manufacturing bei BearingPoint: "2023 wird in Sachen Elektromobilität ein sehr spannendes Jahr. Die Hersteller bringen eine Vielzahl neuer E-Fahrzeuge auf den Markt, gleichzeitig sinkt die staatliche Förderung für E-Autos. Dazu kommt, dass die aktuell hohen Strompreise - wenn sie auch langfristig hoch bleiben - den finanziellen Mehrwert von E-Autos insgesamt durchkreuzen können. Dieses Zusammenspiel wird zwar kurzfristig Auswirkungen auf die Nachfrage haben. Allerdings schieben die Hersteller immer noch hohe Auftragsbestände für Elektrofahrzeuge vor sich her, was sich u.a. an den immer noch sehr langen Lieferzeiten ablesen lässt. Dieser Auftragspuffer dürfte dämpfend auf eine potenzielle Nachfragedelle wirken. Ein Einbruch bei den Zulassungszahlen für Elektrofahrzeuge ist deshalb nicht zu erwarten - auch wenn der deutsche Markt in 2023 wohl weniger stark wachsen dürfte als in den Vorjahren. Die Investitionen seitens der Industrie und des Staates in die Antriebswende sind enorm und der Umstieg auf die Elektromobilität ist ein sehr wichtiger Faktor für das Gelingen der Energiewende, erfolgreichen Klimaschutz und emissionsfreie Städte. Ich bin optimistisch, dass uns die Herkulesaufgabe gelingt, spätestens mit Blick auf die kommenden zehn Jahre. Denn das elektrische Fahren hat längst den kritischen Punkt überschritten und ist auf dem Weg in den Massenmarkt, auch wenn noch nicht alle Käufer:innen überzeugt und auch noch nicht alle Anwendungszwecke heute bereits gut möglich sind."
Bei Neukauf E-Auto? Weniger Verbraucher als noch letztes Jahr würden einen Stromer kaufen
Betrachtet man die Ergebnisse des Trendbarometers im Vergleich zum Vorjahr, sieht man vor dem Hintergrund der geringeren stattlichen Förderung und der gestiegenen Stromkosten einen kleinen Dämpfer. Mit 23 Prozent sagen leicht weniger Befragte als im letzten Trendbarometer, dass ihr nächstes Auto ein E-Auto werden könnte (2022: 25 Prozent). Doch mit Blick auf die 28 Prozent, die keine Anschaffung eines Autos planen, sind das immer noch 32 Prozent der potenziellen Autokäufer:innen, die Interesse an einem E-Auto haben. Für die Zulassungszahlen also aktuell noch Potenzial nach oben - selbst mit auslaufender Förderung in diesem Jahr.
E-Auto: Verbraucher:innen haben beim Neukauf weiterhin vor allem Modelle von VW im Blick
Betrachtet man die Hersteller, für die sich potenzielle Interessenten von E-Autos begeistern können, spiegelt die Befragung in etwa die aktuellen Zulassungsstatistiken wider. Für 38 Prozent kommt für die meisten Befragten ein E-Auto des Volkswagen-Konzerns (VW, Seat, Skoda) in Frage. Mit Abstand folgen E-Fahrzeuge von Hyundai/Kia (28 Prozent) sowie aus dem Stellantis-Konzern (27 Prozent), die u.a. mit Opel, Fiat, Citroen und Peugeot ebenfalls ein großes Markenangebot bündeln. Außer den Premiummarken, wie BMW, Mercedes, Audi und Porsche - die im Mittelfeld bei 20 bis 22 Prozent liegen - liegt noch Tesla mit 23 Prozent in der Gunst der E-Auto-Käufer (2022: 27 Prozent).
Hoher Preis, "Reichweitenangst" und unzureichende Lademöglichkeiten bleiben weiter Kritikpunkte
In der Befragung zeigen sich - wie auch schon in den Vorjahren - die üblichen Kritikpunkte bei der Entscheidung gegen ein E-Auto: zu hohe Fahrzeugpreise (26 Prozent), zu geringe Reichweite (23 Prozent) und eine (noch immer) unzureichende Ladeinfrastruktur (19 Prozent). Eine untergeordnete Rolle spielt die Angst vor Wertverlust, die wie zuletzt von nur drei Prozent der Befragten genannt wird.
Mehr als jeder Vierte will gar kein Auto kaufen
Für 28 Prozent stellt sich die Frage E-Auto vs. Verbrenner nicht - sie geben an, gar kein Auto kaufen zu wollen. Die genannten Gründe dafür sind vielfältig, am häufigsten genannt werden aber die Weiternutzung des bestehenden Fahrzeugs (31 Prozent), die Kosten für die Anschaffung (17 Prozent) sowie ökologische Gründe (16 Prozent).
"Die Politik hat mit dem Verbrennerausstieg 2035 klare Signale gesetzt, welcher Technologie man die größten Chancen mit Blick auf die Mobilität der Zukunft zutraut. Dabei sind Innovationsprozesse immer schwierig und langwierig - bei einem Herzensthema wie dem Auto in Deutschland alle mal. Aktuell sehen wir eine Spaltung zwischen Fans und Gegnern der Elektromobilität. Hier gilt es, die Vorbehalte aus dem Weg zu räumen und alle mitzunehmen. Für viele sind nach wie vor hohe Anschaffungspreise, zu wenig Lademöglichkeiten und Reichweitenangst entscheidende Gründe, die aktuell gegen ein E-Auto sprechen. Das ist zum einen verständlich, zeigt zum anderen aber auch die Achillesverse der Elektromobilität. Sie muss vor allem für die Verbraucher:innen auch bezahlbar sein, wenn sie sich breit am Markt durchsetzen und die Verbrenner ersetzen soll. Problem: Es gibt aktuell nur wenige wirklich bezahlbare E-Autos im Segment der Kleinwagen und der unteren Mittelklasse. Hier sind die Hersteller und der Gesetzgeber gefragt - Stichwort Förderung - um den Umstieg auch für die kleinere Brieftasche möglich zu machen. Es bleibt spannend zu sehen, wie hier die Preis- und Modellentwicklung in den nächsten Jahren weitergehen wird", resümiert Dr. Stefan Penthin.
Über die Umfrage
Seit 2021 veröffentlicht BearingPoint das Trendbarometer Elektromobilität im halbjährlichen Rhythmus. Die für das Trendbarometer verwendeten Daten beruhen auf einer von BearingPoint in Auftrag gegebenen Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH, an der 2098 Personen zwischen dem 1. und 3. Februar 2023 teilnahmen. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.
Quelle: BearingPoint GmbH (ots)