Baumärkte schlampen bei Kundeninformation über schadstoffhaltige Produkte und ihre Rücknahme
Archivmeldung vom 15.04.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.04.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittLaut Verpackungsverordnung muss der Handel seine Kunden über Möglichkeiten zur Rückgabe schadstoffhaltiger Behälter wie zum Beispiel Schaumdosen mit dem Dämmstoff Polyurethan (PU) informieren. Bei einer bundesweiten Testkaufaktion in Baumärkten hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) systematische Verstöße gegen diese Vorschrift festgestellt - jetzt soll die Entsorgungskette insgesamt überprüft werden.
Die Rücknahmepraxis so
genannter Verkaufsverpackungen in Bau- und Heimwerkermärkten
entspricht nicht annähernd den gesetzlichen Vorschriften. Das trifft
insbesondere zu bei schadstoffhaltigen Schaumdosen mit dem in der
Bauwirtschaft und beim Eigenheimbau verbreiteten Dämmstoff
Polyurethan (PU). Praktisch flächendeckend werden die Kunden nicht
aktiv über die Rückgabe- und Entsorgungsmöglichkeiten informiert, auf
Nachfrage sind falsche oder widersprüchliche Auskünfte über eine
sachgerechte Entsorgung die Regel. In der Folge werden so genannte
"Verpackungen schadstoffhaltiger Füllgüter" häufig nicht wie in der
Verpackungsverordnung vorgeschrieben bei einem entsprechend
lizenzierten Unternehmen sachgerecht "stofflich verwertet". Das ist
das Ergebnis einer bundesweiten Testkaufaktion der Deutschen
Umwelthilfe e. V. (DUH) in insgesamt 71 Verkaufsstellen sowie bei
entsprechenden Internetbörsen bzw. im Versandhandel.
"Das Ergebnis unserer Testkäufe ist mehr als ernüchternd",
bilanziert die Projektleiterin für Kreislaufwirtschaft der DUH, Eva
Leonhardt. Von den 71 besuchten Verkaufsstellen habe nur eine einzige
aktiv durch Hinweistafeln und Produkt-Flyer auf die
Entsorgungsmöglichkeiten von gebrauchten PU-Schaumdosen hingewiesen.
In keinem der Geschäfte wurde beim Kauf ohne ausdrückliche Nachfrage
über die Rücknahme von gebrauchten, nicht vollständig entleerten
Verpackungen informiert. Die Antworten des Verkaufspersonals auf
entsprechende Fragen der DUH-Testkäufer waren oft falsch und
widersprüchlich. Mehrfach empfahlen die Angestellten, den Abfall
einfach in die Hausmülltonne zu entsorgen. Ein Mitarbeiter riet
seinem Kunden, die gebrauchte Montageschaumdose mit einem
Schraubenzieher anzustechen, damit der Schaum aushärten könne. Nicht
selten erhielten die Testkäufer in ein und demselben Geschäft von
verschiedenen Mitarbeitern unterschiedliche Auskünfte zu den
Entsorgungsmöglichkeiten. Nur ein einziger Verkäufer verwies auf
Rückgabemöglichkeiten beim lokalen Schadstoffsammelmobil.
Immerhin 51 der 71 besuchten Verkaufsstellen erklärten sich auf
entsprechende Nachfrage der Kundschaft zur Rücknahme der gebrauchten
PU-Schaumdosen bereit, zu der sie gesetzlich verpflichtet sind. Die
Auskünfte auf Fragen zur Entsorgung der PU-Schaumdosen ergaben zudem,
dass ein Großteil der zurückgebrachten Dosen nicht einem dafür
qualifizierten und lizenzierten Recyclingsystem zugeführt wird.
Häufig lautete die schlichte Antwort: "Die schmeißen wir in den Müll,
das machen wir immer so."
"Die Untersuchung zeigt viel dramatischer als wir erwartet hatten,
dass acht Jahre nach Inkrafttreten der Verpackungsverordnung bei der
Umsetzung Schlamperei und Unbekümmertheit eher die Regel als die
Ausnahme sind", kommentierte Leonhardt die Ergebnisse. Nahezu alle
Vertreiber von PU-Schaumdosen verstießen eindeutig gegen die in § 7
Abs. (1) festgelegten Hinweispflichten. In der Konsequenz seien weder
die Angestellten noch die Endverbraucher ausreichend informiert. Eine
falsche Entsorgung sei so trotz bestehender umweltgerechter und für
die Kunden kostenfreier Entsorgungswege programmiert. PU-Reste und
Treibgase sind jedoch unbedingt einer sachgerechten Verwertung
zuzuführen, um Umweltbelastungen zu vermeiden und Ressourcen zu
schonen.
"Wir appellieren an die Handelsunternehmen, ihren gesetzlichen
Informationspflichten gewissenhafter als bisher nachzukommen und
ihren Beitrag zur nachhaltigen Kreislaufwirtschaft zu leisten",
erklärte Umweltexpertin Leonhardt. Bei den Verstößen handele es sich
um klare Ordnungswidrigkeiten, die mit Geldbußen von bis zu 50.000
EUR geahndet werden können. Die DUH werde ihre bundesweiten Testkäufe
fortführen und erwäge entsprechende rechtliche Schritte, falls keine
Besserung der Situation eintrete.
Darüber hinaus plant die DUH, ihre Untersuchungen auf Grundlage
der Anfang Januar diesen Jahres In Kraft getretenen 4. Novelle der
Verpackungsverordnung auszuweiten. § 7 Abs. (2) der Novelle
präzisiert die Pflicht zur stofflichen Verwertung der PU-Schaumdosen
einschließlich der Restinhaltsstoffe. Die DUH werde die Einhaltung
der vorgeschriebenen umweltschonenden Entsorgungswege prüfen und bei
den zuständigen Behörden auf Grundlage der
EU-Unmweltinformationsrichtlinie zusätzliche Auskünfte zur Verwertung
einholen.
Quelle: Pressemitteilung Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH)