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Pfandzockerei bei Lidl

Archivmeldung vom 22.08.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.08.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Offensichtlich um zusätzliche Gewinne zu erzielen, greifen Großbrauereien im Discountermarkt zu einer besonders heimtückischen Strategie: Seit diesem Sommer verkauft der Billigdiscounter Lidl Bier der Marken Veltins, Wernesgrüner und Franziskaner in Einwegflaschen und nimmt seinen Kunden dafür das übliche Einwegpfand von 25 Cent pro Flasche ab.

Die Einwegglasflaschen unterscheiden sich für den Laien kaum erkennbar von den bekannten Mehrwegflaschen derselben Marken. Die beim Discounter Lidl verkauften Einweg-Flaschen sehen den Mehrwegflaschen aus dem Getränkefach- und mehrwegorientiertem Lebensmittelhandel so ähnlich, dass selbst Mitarbeiter im Getränke- und Lebensmittelhandel den Unterschied auf den ersten Blick nicht erkennen. Wie Tests der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) ergaben, verbuchen auch die gängigen Pfandrückgabeautomaten die Flaschen als Mehrweg, wenn diese in einen Mehrweg-Bierkasten einsortiert werden. Die offensichtlich geplante Irreführung kommt die Verbraucher teuer zu stehen: Sie haben bei Lidl 25 Cent Einweg-Pfand pro Flasche bezahlt und bekommen bei der Rückgabe im Getränkehandel oder einem Lebensmittelgeschäft meist nur 8 Cent pro Flasche zurück.

"Es ist kein Zufall, dass die bei Lidl verkauften Einweg-Bierflaschen ihren Pendants aus dem Mehrwegbereich zum Verwechseln ähnlich sehen. Der Schmuddeldiscounter Lidl zeigt einmal mehr sein wahres Gesicht. Hier wird ganz offensichtlich darauf spekuliert, für jede fälschlicherweise als Mehrweg erkannte Flasche 25 Cent Pfandschlupf einbehalten zu können", sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Der Discounter Lidl und die Großbrauereien kassieren pro Einwegflasche 25 Cent vom Kunden. Dieses Geld bleibt in der Kasse, wenn der Kunde die Flasche zu einem Teilnehmer am Mehrwegsystem zurückbringt. Dort bekommt der Verbraucher bei Verwechslungen 8 Cent zurück, was dem üblichen Pfand für Mehrwegbierflaschen entspricht. Die Brauereikonzerne machen also pro falsch zurück gegebener Flasche einen Gewinn von 25 Cent, was im Fachjargon "Pfandschlupf" genannt wird, und schädigen gleichzeitig das Mehrwegsystem mit einer ungerechtfertigten Auszahlung von 8 Cent Pfand für eine Einwegflasche, die dann auch noch aussortiert werden und der ordnungsgemäßen Entsorgung zugeführt werden muss.

Die DUH hat heute als klageberechtigter Umwelt- und Verbraucherschutzverband die betroffenen Unternehmen aufgefordert, die Produktion und den Verkauf der irreführenden Bier-Einwegflaschen sofort einzustellen. Resch kündigte "rechtliche Schritte" gegen die Unternehmen an, wenn "die Brauereien ihre bewusste Irreführung der Verbraucher nicht sofort stoppen". Roland Demleitner, Geschäftsführer des Verbandes Private Brauereien Deutschland e.V., kritisierte heftig den jüngsten Vorstoß der Konzerne und Discounter gegen das Mehrwegsystem. "Der Kampf um Marktanteile auf dem Biermarkt nimmt groteske Züge an. Der Wettbewerb darf nicht auf dem finanziellen Rücken der Verbraucher ausgetragen werden und auch nicht zu Lasten des weltweit einmaligen und nachweislich umwelt- und klimafreundlichen Mehrwegsystems gehen", mahnte Demleitner.

Die ersten Einwegflaschen mit Franziskaner Weissbier hat Lidl in der Sechser-Packung im Juni verkauft. Nach diesem Testballon kommen fast wöchentlich andere Biermarken und die für junge Konsumenten entwickelten Biermischgetränke hinzu. Die DUH-Tester haben im Getränkefachhandel und in Lebensmittelgeschäften beobachtet, dass die leeren Einwegflaschen sowohl einzeln als auch in gemischten Kästen mit Mehrweg- und Einweg-Flaschen zurückgenommen werden. In allen Fällen wurden die zurückgenommenen Einwegflaschen mit Mehrwegflaschen verwechselt und folglich nur 8 Cent Pfand pro Flasche ausbezahlt.

Veltins weist Vorwurf der "Irreführung der Verbraucher" durch die Deutsche Umwelthilfe als unzutreffend und Panikmache zurück

Die Brauerei C. & A. Veltins, Meschede-Grevenstein, weist den von der Deutschen Umwelthilfe erhobenen Vorwurf der "Irreführung der Verbraucher" durch Einwegglasflaschen als unzutreffend und überzogene Panikmache zurück. Unabhängig davon, dass jede der beim Lebensmitteldiscounter vertriebenen Veltins-Einwegflasche mit dem gesetzlich vorgeschriebenen und deutlich für den Verbraucher erkennbaren DPG-Logo gekennzeichnet ist, unterscheiden sich die von Veltins abgefüllten Einwegflaschen von den im gleichen Markenauftritt abgefüllten Mehrwegflaschen sichtbar. "Allein schon die Höhe der Flaschen ist so unterschiedlich, dass das Einweggebinde aus dem Mehrwegkasten erkennbar herausragt", so Herbert Sollich, Marketingdirektor der Brauerei C. & A. Veltins. Dadurch seien die Mehrwegkästen für den Verbraucher nicht mehr stapelbar. Sollich: "Die gesamte Flaschengeometrie ist unterschiedlich - ein einfacher Vergleich beweist das." Auf diese Weise entspreche die Brauerei den Vorgaben der Deutschen Pfandgesellschaft (DPG). "Wir bringen nur Produkte in den Handel, die auch entsprechend Recht und Gesetz verkehrsfähig sind." Das gesamte Segment der Einwegflaschen besitzt im nationalen Biermarkt nur Nischencharakter. Der Markanteil liegt laut Markforschungsinstitut Nielsen aktuell bei 1% und hat damit angesichts der Mehrwegdominanz untergeordnete Marktbedeutung.

Quelle: Deutsche Umwelthilfe e.V. /  Brauerei C. & A. Veltins

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