Experte: Situation Geflüchteter verschärft psychische Erkrankungen
Die Lebenssituation von Geflüchteten in Deutschland trägt nach Einschätzung des Dachverbands Psychosozialer Zentren in Deutschland zur Auslösung oder Verstärkung psychischer Erkrankungen bei.
"Die Unterkünfte sind in der Regel Massenunterkünfte. Schwer
traumatisierte Menschen werden in Gemeinschaftszimmern untergebracht,
darunter auch Kinder", sagte der Geschäftsleiter der Bundesweiten
Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und
Folteropfer (BAfF), Lukas Welz, ntv.
Hinzu kommt demnach ein
unsicherer Rechtsstatus, der oftmals jahrelang ungeklärt ist und
begleitet wird von Debatten über Abschiebungen. "Das ist ein hoher
Unsicherheitsfaktor", so Welz. "Viele sind zur Passivität verdammt,
dürfen nicht arbeiten gehen und haben keine sozialen Möglichkeiten, den
Tag zu gestalten oder sich selbst zu ermächtigen."
Auch
rassistische Ausgrenzung könne zu einer starken Belastung führen.
"Psychische Erkrankungen werden hier mitunter verschärft oder sogar mit
ausgelöst." Welz kritisiert ein unzureichendes Hilfsangebot. "Eine
psychosoziale Beratung, die stabilisierend oder auffangend wirken
könnte, fehlt in vielen Unterkünften." Häufig komme es erst gar nicht zu
einer Identifizierung der psychischen Erkrankung.
Zudem schließe
das Asylbewerberleistungsgesetz Geflüchtete von Sozial- und
Gesundheitsleistungen aus, so der BAfF-Geschäftsleiter. "Das führt dazu,
dass nur ein Bruchteil jener, die psychotherapeutischen
Behandlungsbedarf haben, diesen auch finanziert bekommen." Deutschland
habe in dieser Hinsicht ein strukturelles Problem.
Der Experte
geht davon aus, dass diese Situation politisch gewollt ist. "Die Politik
lässt sich treiben von rechtspopulistischen Forderungen. Das Argument
ist ja, Deutschland für geflüchtete Menschen möglichst unattraktiv zu
machen", sagte Welz. "Dabei ist eine angemessene psychische
Stabilisierung Gelingensbedingung für Integration und Teilhabe und
sollte entsprechend staatlich, nachhaltig und flächendeckend gefördert
werden."
Am Mittwoch hatte in Aschaffenburg ein offenbar
psychisch kranker Mann aus Afghanistan ein marokkanisch-stämmiges Kind
und einen Erwachsenen getötet. "Der Täter von Aschaffenburg etwa wurde
offenbar in eine Umgebung verlegt, in der die psychosoziale Anbindung
nicht ausreichend war, obwohl er davor in psychiatrischer Behandlung
war", sagte Welz.
Quelle: dts Nachrichtenagentur