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Wir sind Kirche gratuliert dem "etwas anderen" Sozialbischof Jacques Gaillot

Archivmeldung vom 31.08.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 31.08.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Jacques Gaillot Bild: www.partenia.org
Jacques Gaillot Bild: www.partenia.org

Mit Respekt und großer Dankbarkeit für sein beispielloses Wirken gratuliert die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche Bischof Jacques Gaillot zur Vollendung seines 75. Lebensjahres am 11. September 2010. Bischof Gaillot ist ein Bischof, der keine sozialen Tabus kennt und in christlicher Nachfolge den Menschen in Not am Rande der Gesellschaft wirklich nahe ist. Sein unermüdliches Engagement galt und gilt vor allem den „Sans-papiers“ (den Ausländern „ohne Papiere“).

Jacques Jean Edmond Georges Gaillot wurde am 11. September 1935 in Saint-Dizier (Haute-Marne) geboren, absolvierte eine klassische Ausbildung und studierte in Langres und Rom. Als Seminarist nahm er 1957 bis 1959 während des Algerienkrieges 18 Monate am Militärdienst teil. Dort erlebte er die Tragödie des Krieges und beschloss, sich für den Weg der Gewaltlosigkeit einzusetzen. 1961 wurde er zum Priester geweiht.

Bald nach seiner Ernennung zum Bischof im Jahre 1982 ist Jacques Gaillot durch seine eindeutigen Stellungnahmen bekannt geworden: zu Atomwaffen, zur Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen, zum Golfkrieg, zur Todesstrafe, zu Aids, zur Solidarität mit dem palästinensischen Volk und zur Apartheid in Südafrika. Gaillot plädierte schon damals für eine Kirche, die näher bei den Menschen ist und die Herausforderungen der modernen Zeit wahrnimmt und erfüllt.

Am 13. Januar 1995 wurde Gaillot - vermutlich nach direkter Intervention der französischen Regierung - von Papst Johannes Paul II. als Bischof von Évreux enthoben und zum Titularbischof von Partenia ernannt, einer seit dem 5. Jahrhundert im Wüstensand Algerien versunkenen Diözese, etwa dort, wo er als junger Mann seinen Militärdienst leistete.

Ausschlaggebend für das Vorgehen des Vatikans waren nicht Fragen der kirchlichen Lehre, wie Kardinal Meisner 2004 in diffamierender Weise verbreitete, sondern Gaillots Einsatz für die am Rande der Gesellschaft Stehenden, vor allem Proteste und Aktionen gegen die restriktiven Einwanderungsgesetze des damaligen französischen Innenministers Charles Pasqua.

Die überraschende Absetzung als Bischof von Évreux und „Versetzung“ nach Partenia löste bei Christen und Nichtchristen in vielen Ländern große Entrüstung aus. An zahlreichen Orten fanden Protestversammlungen und Unterschriftssammlungen statt. Da die ehemalige Diözese Partenia nicht mehr existiert, ist der Name zum Symbol all derer geworden, die in der Gesellschaft und in der Kirche unterdrückt werden und am Rande stehen. Seit Januar 1996 ist das Bistum Partenia auch im Internet präsent (www.partenia.org). Damit und durch viele Reisen ist Gaillot seitdem Bischof einer virtuellen Diözese, die vielen Menschen auf der ganzen Welt eine spirituelle Heimat gibt.

Häufig ist er auch in Deutschland unterwegs. Auf Initiative von Wir sind Kirche wurde er 1998 zum Mainzer Katholikentag und 2003 zum Ökumenischen Kirchentag in Berlin offiziell eingeladen. 2004 nahm er am Katholikentag in Ulm teil. Einen Eklat gab es, als Kardinal Meisner den Auftritt von Bischof Gaillot am 28. Oktober 2004 in der Bonner Beethovenhalle sowie andere Vorträge im Kölner Erzbistum verhinderte. Denn Bischof Gaillot gehört nach wie vor – auch wenn er seine Amt auf andere Art ausübt – zur Gemeinschaft der französischen Bischöfe.

Buchtipp: Rechtzeitig zum 75. Geburtstag erscheint das von Roland Breitenbach herausgegebene Buch „Die Freiheit wird euch wahr machen“ über Bischof Jacques Gaillot im Reimund-Maier-Verlag Schweinfurt. Zahlreiche Bücher von Gaillot sind im Herder-Verlag und in der Edition K. Haller erschienen.

Quelle: Wir sind Kirche

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