Täglich sterben 60 Mädchen durch die Folgen von Frühverheiratung
Archivmeldung vom 11.10.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićMehr als 22.000 Mädchen sterben jedes Jahr durch zu frühe Schwangerschaften und Geburten infolge von Kinderehen. Da sind 60 Mädchen pro Tag. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse, die Save the Children zum Weltmädchentag (11. Oktober) veröffentlicht.
In West- und Zentralafrika sind Kinderehen weltweit am weitesten verbreitet: Fast die Hälfte (9.600) aller geschätzten Todesfälle im Jahr durch Frühverheiratungen ereignen sich hier - umgerechnet sind das 26 Todesfälle pro Tag. Die Sterberate bei Müttern im Teenageralter ist in der Region viermal so hoch wie in anderen Teilen der Welt. Erschreckend hoch sind auch die Zahlen in Südasien mit jährlich 2.000 Todesfällen (sechs pro Tag), in Ostasien und der Pazifikregion mit 650 Todesfällen (zwei pro Tag) sowie in Lateinamerika und der Karibik mit 560 Todesfällen im Jahr (fast zwei pro Tag).
Durch die Fortschritte der vergangenen 25 Jahre konnten vermutlich 80 Millionen Kinderehen verhindert werden, allerdings stagnierte die positive Entwicklung bereits vor Corona. Die Pandemie hat soziale Ungleichheiten weiter verschärft - das begünstigt Kinderehen. Wachsende Armut, Schulschließungen und überlastete Gesundheitsdienste haben während der Lockdowns die Risiken für Frauen und Mädchen erhöht. Es wird erwartet, dass bis 2030 das Leben weiterer 10 Millionen Mädchen durch Kinderehen in Gefahr sein wird.
Inger Ashing, CEO von Save the Children International: "Frühverheiratung ist eine der schlimmsten und tödlichsten Formen sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Mädchen! Jedes Jahr werden Millionen Mädchen in Ehen gezwungen, oftmals mit viel älteren Männern. Sie dürfen nicht länger Kinder sein, müssen die Schule verlassen und sogar ihr Leben ist in Gefahr. Denn Komplikationen bei einer Geburt sind die häufigste Todesursache bei Mädchen im Teenageralter. Die gesundheitlichen Risiken für Teenagerinnen, die Kinder bekommen, können und dürfen nicht ignoriert werden. Regierungen müssen die Sicherheit und Gesundheit aller Mädchen priorisieren und sicherstellen, dass sie vor Kinderehen und geburtsbedingten Todesfällen geschützt werden. Dies kann aber nur gelingen, wenn Mädchen das Recht haben, mitzureden."
Die soziale Ungleichheit zwischen Männern und Frauen ist nach wie vor ein Grund für Kinderehen, das belegt ein Bericht von Save the Children in Nigeria. Laut der von Save the Children durchgeführten Umfrage ist in vielen Gemeinschaften der Glaube weit verbreitet, dass Kinder junger Mütter gesünder und intelligenter. Das gilt auch für die Überzeugung, dass Mädchen ältere Männer mit ihrem "jungen Blut erfrischen".
Selbst in Ländern, in denen Kinderehen illegal sind, ist die Praxis noch immer üblich, so auch in Burkina Faso, wo es besonders viele Frühverheiratungen gibt.
In dem globalen Bericht, Global Girlhood Report 2021: Girls' rights in Crisis, der heute von Save the Children veröffentlicht wurde, appelliert die Kinderrechtsorganisation an Regierungen:
- die Stimmen aller Mädchen zu hören, indem ihr Recht auf sichere und sinnvolle Beteiligung an öffentlichen Entscheidungsprozessen unterstützt wird.
- die unmittelbare und andauernde Gefahr von geschlechtsspezifischer Gewalt, einschließlich der Frühverheiratung, zu bekämpfen.
- die Rechte aller Mädchen zu garantieren, einschließlich von denen, die von sozialer Ungleichheit und Diskriminierung betroffen sind.
- die sichere und uneingeschränkte Beteiligung von Frauen als Mitarbeiterinnen in der humanitären Hilfe zu gewährleisten.
- sich der Bewegung "Generation Equality" anzuschließen, die sich für die Umsetzung des globalen Beschleunigungsplans für die Gleichstellung der Geschlechter einsetzt - mit dem Ziel, innerhalb von fünf Jahren neun Millionen Kinderehen zu verhindern.
Zusatzinformationen zur Analysemethodik: Frühverheiratung ist ein entscheidender Faktor für Teenager-Schwangerschaften, der weltweit häufigsten Todesursache bei Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren. Die Analyse von Save the Children schätzt die Zahl der Mädchen in diesem Alter, für die die Ehe tödliche Folgen hat, und berücksichtigt dabei vier Variablen: die weibliche Bevölkerung im Jugendalter, die Geburtenrate bei Jugendlichen, die altersspezifische Rate der Müttersterblichkeit und die Prävalenz der Kinderehe bei jugendlichen Müttern.
Die Analyse erfolgt in zwei Schritten: Zunächst wird die Zahl der altersspezifischen Müttersterblichkeit anhand der folgenden Formel berechnet: Geburtenrate bei Jugendlichen/1.000 * jugendliche Müttersterblichkeitsrate/100.000 * jugendliche weibliche Bevölkerung
Dann wird die Zahl mit dem Prozentsatz der jugendlichen Mütter multipliziert, die zum Zeitpunkt der Geburt bereits verheiratet waren. In Anbetracht der Tatsache, dass Kinderehe nicht nur eine Ursache, sondern auch eine Folge von Teenagerschwangerschaften ist (Mädchen, die schwanger werden, entscheiden sich als Folge für eine Heirat oder werden dazu gedrängt), wurden in der Analyse drei Szenarien entwickelt. In den oben genannten Zahlen wurde das mittlere Szenario verwendet.
Quelle: Save the Children Deutschland e.V. (ots)