Kurnaz' Freund als Islamist verdächtigt
Archivmeldung vom 20.03.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDeutschen Sicherheitsbehörden sind nach Informationen des "Tagesspiegel" (Mittwochausgabe) während der Guantanamo-Haft von Murat Kurnaz weitere Hinweise bekannt geworden, die den Terrorverdacht gegen den Bremer Türken verstärkt haben.
Kurnaz war im Herbst 2001 nach Pakistan gereist, dort festgenommen
und von den USA über vier Jahre in Guantanamo festgehalten worden.
Sein Gefährte Selcuk Bilgin, der bei der vorgesehenen gemeinsamen
Ausreise wegen einer nichtbezahlten Geldstrafe am Frankfurter
Flughafen festgenommen worden war, sagte ein Jahr später einem
Deutsch-Libanesen namens Ali T. in der Bremer Abu-Bakr-Moschee,
Kurnaz "nach Afghanistan geschickt" zu haben. Kurnaz bestreitet bis
heute, dass Afghanistan sein Ziel war. Auch der Bruder von Selcuk
Bilgin hatte nach dessen Festnahme erklärt, Selcuk wollte nach
Afghanistan und gegen die Amerikaner kämpfen. Später nahm er die
Aussage teilweise zurück.
Der BND-Untersuchungsausschuss prüft, ob die frühere rot-grüne Bundesregierung Kurnaz 2002 zu Recht als Sicherheitsrisiko einstufte und eine Einreisesperre gegen ihn verhängte. Die Opposition hält die Verdachtsmomente für konstruiert und nicht tragfähig.
Die belastende Aussage von Kurnaz' verhindertem Reisegefährten
Bilgin wurden im Zuge von Ermittlungen gegen den Deutsch-Libanesen
aus Bremen bekannt. Dieser hatte im April 2003 in seiner Heimatstadt
einen Reisebus entführt. Der damals 17-jährige Ali T. forderte die
Freilassung von vier Al-Qaida-Mitgliedern, darunter Ramzi Binalshibh,
einem der Planer der Anschläge vom 11. September. Er drohte mit der
Erschießung der Geiseln und der Explosion einer giftigen Bombe. Zuvor
hatte er einen Abschiedsfilm aufgenommen, in dem er ankündigte, für
den Dschihad zu sterben. Die Polizei beendete die Entführung
unblutig.
Bei der Auswertung der Verhöre von T. kam das Landeskriminalamt
(LKA) Bremen im Mai 2003 zum Schluss, er sei durch Selcuk Bilgin im
Umfeld der Bremer Abu-Bakr-Moschee radikalisiert worden. Bilgin habe
T. versprochen, "ihn in Tschetschenien, Pakistan oder Afghanistan als
Kämpfer ausbilden zu lassen", heißt es in einer zusammenfassenden
LKA-Bewertung, die dem "Tagesspiegel" vorliegt. Demnach zeigte Bilgin
dem späteren Entführer islamistische Werbevideos und sagte ihm, die
Trainingscamps habe Osama bin Laden finanziert. Laut
Vernehmungsprotokoll der Polizei sagte der Entführer: "Selcuk
erzählte mir auch, dass er schon einmal einen jungen Mann in den
Dschihad nach Afghanistan geschickt hatte. Es war der Murat Kurnaz."
Die Polizisten hegten den Verdacht, Bilgin sei "vom vorgesehenen
Kämpfer zum Anwerber/Logistiker aufgestiegen". Das
Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Bremen gegen Bilgin wegen
des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung war jedoch im
Oktober 2002 eingestellt worden. Auch der Generalbundesanwalt stellte
seine Ermittlungen gegen ihn ein. Laut T. spielte bei seiner
Radikalisierung auch der islamistische Vorbeter der Abu-Bakr-Moschee,
Ali Miri, eine zentrale Rolle. Miri hatte zudem nach Aussagen von
Kurnaz' Mutter starken Einfluss auf ihren Sohn. Die Busentführung
hatte T. nach Überzeugung der Ermittler aber selbstständig
vorbereitet. Er wurde im September 2003 zu zwei Jahren auf Bewährung
verurteilt.
Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel