Video: Das "Wilde Weib" zieht eine ganze Gemeinde in seinen Bann
Archivmeldung vom 11.09.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Stück "Wildes Weib" machte die Gemeinde Birstein für ein Wochenende zum künstlerischen Brennpunkt der Region. Mit nicht enden wollenden stehenden Ovationen wurde die ausverkaufte Uraufführung des Musicals vor der geschichtsträchtigen Kulisse des Birsteiner Schlosses gefeiert.
Am letzten Wochenende im August fanden in Birstein, am Rande des Vogelsberges gelegen, erstmalig die Birsteiner Festspiele statt. Dabei handelte es sich um eine ganz besondere Veranstaltung, da sie von einer engagierte Gruppe junger Birsteiner organisiert wurde und sich nahezu der ganze Ort, sei es als Laienschauspieler oder durch sonstige Unterstützung daran beteiligte.
Neben der Premieren Aufführung wurde das Musiktheater insgesamt fünfmal an dem Wochenende, vor ausverkauften Plätzen gezeigt. Das unter der Leitung von Thalia Schuster (Text/Regie) aufgeführte Musical, greift die alte hessische Sage über das Wilde Weib auf, das einst im Birsteiner Wald gehaust haben soll. Die Spuren der Legende führen neben Birstein in viele weitere hessische Gemeinden bis in den Norden Deutschlands, in denen das Weib als Freya bekannt ist. Thalia Schuster behandelt das Motiv des Wilden Weibsbildes frei und verwandelt die Sage in ein märchenhaftes, dramaturgisch stimmiges Stück. Die musikalische Umsetzung lag in den Händen vom Komponisten Jochen Flach.
Zum Inhalt: Unter den Bürgern von Birstein geht das Gerücht um eine Frau -möglicherweise eine Hexe- , die mit vielen Kindern im Wald lebt, um. Mit ihr werden alle Unglücksfälle, wie zurückgehender Wildbestand und ausbleibender Nachwuchs in Verbindung gebracht. Das Wilde Weib wird von den Jägern im Wald gefangen genommen und anschließend vor den Fürsten und das öffentliche Gericht geführt. Dabei trickst sie den Fürsten scheinbar aus und kann dadurch soviel Landgrund gewinnen, dass sie in Zukunft mit ihren Kindern darauf leben kann.
Thalia Schuster, die an der Freiburger Oper als Regieassistentin tätig ist, gelingt es, mit ihrer Inszenierung das Publikum von der ersten Minute an zu packen: Beeindruckenden Massenszenen stehen ergreifenden Monologe gegenüber, es zeigen sich übergehende offene Szenenwechsel und klare Bilder mit Liebe zum Detail und viel Farbe. Die Musik für ein Orchester aus 21 Musikern von Jochen Flach ergänzt die Szenen und führt diese fort. Die Musikkomposition ist geprägt von zarten eingängigen Melodien, die durch nuancierte Instrumentierung unterschiedliche Farben wiedergeben. Während im Vorspiel das Morgengrauen mit zarten Streichern und der Querflöte ausgedrückt wird, zeigt Flach besonders bei den Finali einen vollen Orchesterklang („Gleich wird es entschieden“, „Birstein erstrahlt in neuem Glanz“).
Bei der Uraufführung am Freitag (29.08.08) wurde die musikalische Leitung souverän und sehr ausdrucksvoll von Harald Dittmeier übernommen. Mit viel Feingefühl setzte er besonders die Arien des Wilden Weibes an. Die Hauptrollen wurden mit Nachwuchstalenten besetzt. So glänzte in der Titelrolle Lisa Wiesner mit einer glockenklaren Sopranstimme, die schauspielerisch zwischen übernatürlicher Schönheit und unbeugsamer Gefährlichkeit zu schwanken schien. Der Fürst (Alexander Reisewitz, Tenor) verkörperte musikalisch wie inhaltlich überzeugend einen Herrscher, der zwischen offizieller Pflicht und der Freiheit eines Individuums zu entscheiden hatte. Neben Daniela Krack (Fürstin) und Jürgen Maul (Jägerhauptmann) spielte das Volk (Projektchor) eine wesentliche Rolle. Die jeweiligen Akte wurden mit Chören eröffnet und beendet. Mit viel Freude und Genauigkeit wurden die jeweiligen Gemütszustände wiedergegeben. Der umfassenden Bogen wurde durch einen Erzähler gespannt. Jörg Höller füllte diese Rolle mit einer beeindruckenden Intensität aus und zog somit auch noch den letzten Zuschauer mitten ins Geschehen hinein. Im Laufe des Festspielwochenendes wusste neben den oben genannten Darstellern auch die Doppelbesetzung zu begeistern. Das Wilde Weib wurde von Lysann Kuchra ausdrucksvoll verkörpert, den schauspielerisch sehr versierten Fürsten spielte Johannes Hubert und die imposante Fürstin gab Rita Tonn. Die Uraufführung wurde mit sehr viel Begeisterung aufgenommen. Weitere Programmpunkte der Birsteiner Festspiele waren ein Märchenwanderpfad (ein theaterpädagogisches Projekt mit der Haupt- und Realschule Birstein, sowie den Birsteiner Festspielen), geschichtliche Führungen durch Birstein und das Birsteiner Schloss (Leitung: Peter Kauk) sowie ein Blick hinter die Kulissen und Gesprächsrunden mit dem Organisationsteam.
Bemerkenswert ist die Resonanz die die Aufführung das Musical "Wildes Weib" in Birstein und Umgebung ausgelöst hat, So äußerten sich Zuschauer mit Kommentaren wie:
"Jetzt kann man wieder stolz sein, Birsteiner zu sein" oder auch "Endlich sind die Streitereien in Birstein vorbei und man gehört wieder zusammen" und "Das Projekt hat uns Birsteiner wieder zusammen geführt".
Wenn man nun bedenkt, dass die Idee für die Birsteiner Festspiele beim "Kaffeetrinken" entstanden und nun das Ergebnis sieht, sollte das auch anderen Mut geben "Stammtisch" Ideen in die Tat umzusetzen.
Von den Birsteiner Festspielen wird sicherlich auch in Zukunft noch einiges zu hören sein.
Wer die erfolgreiche Aufführung verpasst hat oder Interesse an der Entstehungsgeschichte, dem bietet sich ab November die Möglichkeit, das ganze sich noch einmal auf DVD anzusehen. Weitere Informationen finden Sie auch im Internet unter: www.birsteiner-festspiele.de
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