Tabuthema Genitalverstümmelung im Fokus: Bedarf an Aufklärung ist auch in Deutschland groß
Archivmeldung vom 31.01.2023
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Freigeschaltet durch Mary SmithEin schmerzhafter Eingriff mit schwerwiegenden Folgen: Mehr als 200 Millionen Mädchen und Frauen weltweit sind an den Genitalien beschnitten. Darauf macht der Internationale Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung am 6. Februar aufmerksam. Um auch in Deutschland gegen diese schwere Menschenrechtsverletzung vorzugehen, baut die Kinderrechtsorganisation Plan International in Zusammenarbeit mit regionalen Beratungs- und Anlaufstellen die bundesweite Netzwerkarbeit aus. Denn im Zuge der globalen Migration hat sich die Tradition der weiblichen Genitalbeschneidung auch in Europa zunehmend verbreitet. Damit möglichst viele gefährdete und betroffene Mädchen und Frauen in Deutschland erreicht werden, hat Plan International sein Informationsmaterial für diese Zielgruppe nun in mehrere Sprachen übersetzt.
"Die Beschneidung der weiblichen Genitalien ist auch in den meisten afrikanischen Communities bei uns in Deutschland immer noch ein Tabuthema", sagt Kathrin Hartkopf, Sprecherin der Geschäftsführung von Plan International Deutschland. "Die Gefahr, dass die betroffenen Mädchen und Frauen nicht wissen, an wen sie sich wenden sollen, wenn es beispielsweise zu gesundheitlichen Komplikationen kommt, ist groß. Wir dürfen sie nicht allein lassen. Aufklärung ist der erste Schritt. Die betroffenen Familien müssen wissen, dass es Beratung und Unterstützung für sie gibt."
Schätzungen zufolge leben allein in Deutschland aktuell rund 75.000 Betroffene, mehr als 20.000 Mädchen gelten als gefährdet, die Dunkelziffer ist hoch. Die meisten von ihnen wissen nicht, dass es für sie Anlaufstellen gibt. "Aufklärung und Prävention funktionieren am besten in einem starken Verbund", sagt Edell Otieno-Okoth, Referentin bei Plan International Deutschland für das Thema weibliche Genitalverstümmelung. "Wir haben es uns darum zur Aufgabe gemacht, die Aufklärung über weibliche Genitalverstümmelung gemeinsam mit Partnerorganisationen voranzutreiben. Mit einer Zusammenstellung der rund 50 Beratungs- und Anlaufstellen in den einzelnen Bundesländern zeigen wir betroffenen Familien Wege zur Unterstützung auf. Ebenso ist es uns wichtig, Fachkräfte aus dem Gesundheits- und Sozialbereich - wie beispielsweise Hebammen, Kinderärzt:innen oder Sozialarbeiter:innen - zu informieren und sie für den Umgang mit Gefährdeten und Betroffenen zu sensibilisieren."
Seit 20 Jahren setzt sich Plan International in mehreren Ländern Afrikas gegen weibliche Genitalverstümmelung ein, unter anderem in Ägypten, Äthiopien, Burkina Faso, Guinea, Guinea-Bissau, Mali und Sierra Leone. So führt die Kinderrechtsorganisation in Guinea in Zusammenarbeit mit lokalen Regierungen Informationsveranstaltungen und Schulungen in mehr als 80 Gemeinden durch und hilft beim Aufbau von Beratungsstellen. In Deutschland unterstützt Plan International die afrikanischen Communities beispielsweise dabei, auch in den eigenen Herkunftsländern Veränderungen anzustoßen. So startet Mitte 2023 ein länderübergreifendes Projekt gegen weibliche Genitalverstümmelung, das den aktiven Dialog der Communities in Deutschland mit Netzwerken und Vereinen in Guinea und Kenia fördert - und damit auch einen Austausch mit politischen Entscheidungsträger:innen vor Ort. Ziel ist es, die Gemeinden in den Projektländern zu einer nachhaltigen Abkehr zu bewegen.
Mit dem Handbuch Weibliche Genitalverstümmelung/Beschneidung - Informationen für gefährdete und betroffene Mädchen und Frauen in Deutschland bietet Plan International Deutschland nun auch auf Englisch, Französisch und Arabisch Unterstützung an. Die Nachfrage nach dem Ratgeber ist so groß, dass 4.000 weitere Exemplare neu gedruckt wurden. Die Broschüre steht aber auch in digitaler Form als Download zur Verfügung. Sie kann von Arztpraxen, Beratungsstellen, Behörden und betroffenen Communities per E-Mail kostenfrei und in höherer Stückzahl unter [email protected] angefordert werden.
Quelle: Plan International Deutschland e.V. (ots)