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Studie: Corona-Verschwörer glauben öfter an das Böse

Archivmeldung vom 23.12.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.12.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Bild: "obs/Gleichklang Limited"
Bild: "obs/Gleichklang Limited"

Corona-Verschwörer und selbsternannte Querdenker halten die Corona-Pandemie für eine durch Regierungen und Geheimgruppen geplante Täuschung der Bevölkerung. Es wird berichtet, dass es sich bei den Corona-Skeptikern um Esoteriker handele. Die psychologische Online-Dating Plattform Gleichklang.de wollte es genauer wissen, was Corona-Leugner glauben.

Dabei zeigte sich, dass Corona-Skeptiker nicht allgemein häufiger esoterische Glaubensinhalte vertreten, aber spezifisch öfter an das Wirksamwerden des Bösen glauben.

Untersuchung

Diplom-Psychologe Guido F. Gebauer führte eine Online-Befragung mit 1207 Teilnehmenden durch, die über Facebook-Anzeigen für eine Umfrage zum Thema "Einstellungen und Gesellschaft" geworben wurden. Die Rekrutierung wurde durch Gleichklang finanziert. Unter den Teilnehmenden waren 817 Frauen und 390 Männer im Alter von 18 bis 79 Jahren (Durchschnittsalter 43 Jahre).

Die Untersuchungsfrage war, ob, und wenn ja, welche esoterischen Glaubenssätze mit der Bejahung von Corona-Verschwörungen assoziiert sind? Es wurde in der Befragung unterschieden zwischen dem esoterisch-pantheistischen Glauben an eine göttliche Kraft im Menschen, sowie dem esoterischen Glauben an das Wirksamwerden böser Mächte.

Erfragte Inhalte

Auf einer fünfstufigen Skala (starke Ablehnung, Ablehnung, weder noch, Zustimmung, starke Zustimmung) wurden die Teilnehmer gebeten, zu 12 Corona-Verschwörungen Stellung zu nehmen. Für jeden Teilnehmer wurde ermittelt, wie viele Verschwörungen bejaht wurden, wobei der resultierende Punktewert zwischen minimal 0 (keine Bejahung) und maximal 12 (Bejahung aller Verschwörungstheorien) schwankte.

Zusätzlich wurden die Teilnehmenden gebeten, folgende religionsbezogenen Aussagen auf der gleichen fünfstufigen Skala zu bewerten:

  • Ich glaube an eine göttliche Kraft in jedem Menschen.
  • Ich glaube, dass das Böse Macht über uns gewinnen will.

Mit der ersten Aussage wurde der esoterisch-pantheistische Glaube an eine göttliche Kraft im Menschen erhoben. Mit der zweiten Aussage wurde der esoterische Glaube an das Wirksamwerden böser Mächte erfragt. Statistisch analysiert wurde nun, ob Zusammenhänge zwischen den Antworten auf diese beiden religionsbezogenen Fragen und der Bejahung von Corona-Verschwörungen bestanden. Zusätzlich wurden die Auswirkungen von Geschlecht, Alter und Bildungsstand untersucht.

Ergebnisse

Es zeigten sich folgende Ergebnisse:

  • 65 % der befragten Frauen und 62,6 % der befragten Männer stimmten keiner Corona-Verschwörung zu. Umgekehrt stimmten 35 % der befragten Frauen und 37,4 % der befragten Männer mindestens einer der 12 erfragten Corona-Verschwörungen zu (eher ja oder ja).
  • 37,1 % der Frauen und 29,9 % der Männer, die keiner Corona-Verschwörung zustimmten, bejahten einen esoterisch-pantheistischen Glauben an eine göttliche Kraft im Menschen.

Fast identisch waren die Zustimmungsraten bei denjenigen, die mindestens einer Corona-Verschwörung zustimmten:

  • hier bejahten 38,1 % der Frauen und 26,0 % der Männer einen esoterisch-pantheistischen Glauben an eine göttliche Kraft im Menschen.

In der Zustimmungs-Häufigkeit zu einem esoterisch-pantheistischen Glauben gab es keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen denjenigen, die keiner oder mindestens einer Corona-Verschwörung zustimmten.

Anders sah es aber beim Glauben an das Wirksamwerden böser Mächte aus:

  • nur 7,2 % der Frauen und 7,4 % der entsprechenden Männer, die keiner Corona-Verschwörung zustimmten, bejahten den esoterischen Glauben an das Wirksamwerden böser Mächte.
  • demgegenüber bejahten 18,9 % der Frauen und 27,4 % der Männer, die mindestens einer Corona-Verschwörung zustimmten, den esoterischen Glauben an das Wirksamwerden böser Mächte.

Dieser Unterschied war sowohl für Frauen als auch für Männer statistisch signifikant.

Wie aber sehen diese Zusammenhänge aus, wenn ausschließlich diejenigen betrachtet wurden, die in sehr hohem Ausmaß Corona-Verschwörungen zustimmten?

  • 10,8 % der befragten Frauen und 12,1 % der befragten Männer stimmten mindestens fünf Corona-Verschwörungstheorien zu.
  • 36,6 % der Frauen und 33,3 % der Männer mit sehr hohem Verschwörungs-Glauben bejahten einen esoterisch-pantheistischen Glauben an eine göttliche Kraft im Menschen.

Diese Häufigkeit unterschied sich statistisch nicht signifikant von denjenigen Frauen und Männern, die keiner oder weniger als 5 Verschwörungstheorien zustimmten.

Erneut ergab sich aber ein gänzlich anderes Bild beim Glauben an das Wirksamwerden böser Mächte:

  • 32,1 % der Frauen und 49,1 % der befragten Männer mit sehr hohem Verschwörungsglauben bejahten den esoterischen Glauben an das Wirksamwerden böser Mächte.

Befragte Männer und Frauen mit sehr starkem Verschwörungs-Glauben bejahten den Glauben an das Wirksamwerden böser Mächte statistisch signifikant häufiger als Befragte, die an keine Verschwörung oder an mindestens eine und höchstens vier Verschwörungen glaubten. Personen mit höherem Bildungsstand bejahten Corona-Verschwörungen statistisch signifikant seltener als Personen mit geringerem Bildungsstand. Das Alter zeigte demgegenüber keinen statistischen Zusammenhang mit der Zustimmung zu Corona-Verschwörungen. Die häufigere Zustimmung zum Glauben an das Wirksamwerden böser Mächte bei Personen, die an Corona-Verschwörungen glaubten, blieb auch bei Kontrolle für Bildungsstand und Alter bestehen.

Was bedeuten diese Befunde?

Psychologe Gebauer gelangt zu folgender Interpretation: Die oftmals aufgestellte Vermutung zu einem Zusammenhang zwischen esoterischen Glaubensvorstellungen und der Corona-Leugnung sei zu pauschal. Der esoterisch-pantheistische Glaube an eine göttliche Kraft im Menschen, also an eine Kraft des Guten, zeige keinen Zusammenhang zum Glauben an Verschwörungstheorien.

Ob eine solcher esoterisch-pantheistischer Glauben vorhanden sei oder nicht, verändere die Wahrscheinlichkeit nicht, ob einer Corona-Verschwörung zugestimmt werde oder nicht. Eine allgemeine Aussage, dass esoterisches Denken als ein Risikofaktor für den Glauben an Corona-Verschwörungen zu bewerten sei, könne daher nicht getroffen werden. Werde so eine Aussage getätigt, würden Menschen mit esoterischen Glaubenswelten unbegründet unter einen Generalverdacht gestellt. Anders sei es allerdings bei dem esoterischen Glauben an das Wirksamwerden böser Mächte. Hier zeige sich statistisch tatsächlich ein Effekt dahingehend, dass Menschen mit solchen Glaubensvorstellungen häufiger an Corona-Verschwörungen glaubten.

Die Untersuchung erlaube keine Kausalschlüsse.

Psychologisch sei es aber anzunehmen, dass Menschen, die an böse Mächte glaubten, diesen Glauben auch eher auf reale Ereignisse in der Welt übertrügen und so der Überzeugung gewännen, in diesen Ereignissen das Wirksamwerden böser Mächte zu erkennen.

Während esoterische Glaubensinhalte allgemein kein Risikofaktor für die Bejahung von Verschwörungs-Theorien seien, sprächen die Ergebnisse insofern dafür, als spezifisch der esoterische Glaube an böse Mächte tatsächlich ein Risikofaktor für eine verzerrte Weltsicht sei, wie sie auch in der Corona-Verschwörung zum Ausdruck komme.

Jedoch sei dies nur ein Faktor unter mehreren, zumal die Mehrheit derjenigen Befragten, die mindestens eine Corona-Verschwörung bejahten, dennoch dem esoterischen Glauben an das Wirksamwerden böser Mächte nicht zugestimmt hätten.

Weitere Hintergründe der Umfrage

Die Motivation von Gleichklang, diese Fragen zu untersuchen, ergab sich aus der Sachlage, dass Corona-Verschwörungen auch beim Online-Dating eine Rolle spielen und zudem bei Gleichklang mit ca. 50 % ein recht hoher Prozentsatz an Mitgliedern ist, die sich für esoterische Glaubensinhalte interessieren. Um eine allgemeinere Aussage zu ermöglichen, wurde in dieser Auswertung nicht auf Gleichklang-Mitglieder zurückgegriffen, sondern es wurde eine größere Stichprobe durch Facebook- Werbeanzeigen gewonnen, die einen größeren Generalisierungsgrad erlaubte.

Die Studie beansprucht keine Repräsentativität. Nach Gebauer ist dies für die untersuchte Fragestellung auch nicht so bedeutsam, da es nicht um die korrekte Schätzung bevölkerungsrepräsentativer Prozente gegangen sei, sondern um die Ermittlung der Zusammenhänge zwischen esoterischen Glaubensinhalten und der Zustimmung zu Corona-Verschwörungen. Die hohe Stabilität der beobachteten Ergebnisse über Geschlecht, Alter und Bildungsstand hinweg, spreche zusätzlich für die Gültigkeit und die Genersalisierbarkeit der erhaltenen Ergebnisse.

Quelle: Gleichklang Limited (ots)


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