Geheimdienste sind eine Gefahr für die Demokratie - Strafanzeige wegen BND-Skandals eingereicht
Archivmeldung vom 18.11.2005
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.11.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittImmer mehr Details über die illegalen Bespitzelungsoperationen des BND kommen ans Licht. Die Behörden zeigen sich aber sehr zögerlich, was die Aufklärung der Vorfälle angeht. Hierzu erklärt die innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke:
Ich habe heute bei der Berliner Staatsanwaltschaft eine
Strafanzeige gegen den früheren Bundesinnenminister Wolfgang
Schäuble, den früheren BND-Präsidenten Konrad Porzner und den
früheren BND-Direktor Volker Foertsch gestellt. Nach allem, was man
bis jetzt über den BND-Skandal weiß, haben sich diese drei der
Urkundenfälschung und Amtsanmaßung bzw. der Anstiftung hierzu
schuldig gemacht. Außerdem haben sie offensichtlich Beamte des BND
dazu angestiftet, widerrechtliche Bildaufnahmen anzufertigen. Nach
Presseberichten haben sich BND-Beamte bei ihrem Einsatz gegen das
Weilheimer Institut für Friedensforschung fälschlich als
Kriminalbeamte ausgegeben und gefälschte Dienstausweise des
bayerischen Innenministeriums verwendet.
Der Vorfall zeigt deutlich, dass sich Geheimdienste nicht an die
demokratische Grundordnung gebunden fühlen und sich benehmen, als
gälten die Gesetze nur für andere. Dass kritische Journalisten ins
Visier von Geheimdiensten geraten, darf nicht hingenommen werden.
Ich warne vor dem Missverständnis, es gehe "nur" um die Aufklärung
eines zehn Jahre zurückliegenden Skandals. Staatliche Angriffe auf
die Pressefreiheit haben gerade in den vergangenen Jahren erheblich
zugenommen, wie die Beschneidung des Zeugnisverweigerungsrechts und
des Informantenschutzes, Hausdurchsuchungen bei Journalisten und die
Ausspähung von Telefonverbindungsdaten zeigen.
Die Aufklärung des
jetzt bekannt gewordenen Geheimdienstskandals darf nicht dem BND
überlassen bleiben. Auch seinem heutigen Präsidenten August Hanning
mangelt es an Demokratieverständnis, wenn er die rechtswidrigen
Bespitzelungsmethoden nicht als illegal bezeichnet, sondern sie in
einer "Grauzone" verorten will. Der Graubereich ist ja genau jener
Bereich, in dem Geheimdienste von jeher am liebsten operieren. Das
Licht scheuen sie, und offenkundig ist auch von den heute
Verantwortlichen trotz aller Lippenbekenntnisse niemand zu einer
raschen und lückenlosen Aufklärung bereit. Ich befürchte, dass solche
illegalen Methoden auch heute noch eingesetzt werden. Deswegen habe
ich mich entschlossen, Strafanzeige zu erstatten.
An der Beschattungsaktion des BND müssen Dutzende von Mittätern
beteiligt gewesen sein. Auch diese gilt es zu ermitteln. Dass der
Skandal trotz der großen Zahl von Mitwissern jahrelang geheim bleiben
konnte, zeigt, dass Geheimdienste eine permanente Gefährdung der
Demokratie sind. Mit den geltenden Gesetzen kann dem Treiben der
Schnüffler kein Ende gesetzt werden.
Anstatt ihre Verfolgungswut
weiter gegen die Opfer ihrer Verarmungspolitik und stigmatisierte
Minderheiten zu richten, sollte die Große Koalition entschieden gegen
jene vorgehen, von denen tatsächlich eine Gefahr ausgeht: Die
Geheimdienste müssen aufgelöst werden!
Um die weitere Aufklärung voranzubringen, habe ich heute außerdem der
Bundesregierung eine Kleinen Anfrage zum BND-Skandal vorgelegt.
Quelle: Pressemitteilung Die Linke.