Deutsche lieben ihre Sprache
Archivmeldung vom 17.06.2009
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.06.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie große Mehrheit der Deutschen empfindet Liebe und Stolz für die deutsche Sprache. Das ist das Ergebnis einer deutschlandweiten, repräsentativen Studie zu Spracheinstellungen in Deutschland, die das Mannheimer Institut für Deutsche Sprache (IDS) und der Lehrstuhl Sozialpsychologie der Universität Mannheim heute in Berlin veröffentlichten.
Über 2.000 Menschen in Deutschland, darunter auch Nicht-Muttersprachler, wurden nach ihren Gefühlen gefragt, die sie für die deutsche Sprache empfinden. Sie bewerteten Dialekte und fremdsprachige Akzente, äußerten sich zur Entwicklung des Deutschen und machten Angaben zu ihrem Mediengebrauch. Förderer der Studie ist die Volkswagenstiftung. Eines der wichtigsten Ergebnisse der in ihrer Komplexität einzigartigen Studie ist die große Verbundenheit der Deutschen mit ihrer Sprache. 87% aller Befragten geben an, dass ihnen die deutsche Sprache gut bis sehr gut gefällt. Sie empfinden Stolz (56%) und Liebe (47%) für ihre Sprache und beschreiben sie als schön, anziehend, logisch, aber auch schwierig. Während 1997/1998 nur 13% aller Deutschen erklärten, ein großes Interesse an der Pflege der deutschen Sprache zu haben, sind es heute 35%.
Norddeutscher Dialekt am sympathischsten:
Mehr als die Hälfte aller Deutschen, nämlich 60%, sprechen einen
Dialekt. Die meisten Dialektsprecher leben im Süden bzw. Südwesten
Deutschlands und im Ostteil Berlins: Im Saarland sind es 94%, in Bayern
und in Baden-Württemberg jeweils 86%, in Rheinland-Pfalz 75%. Mit 83%
gehört auch der Ostteil Berlins zu einem der Gebiete mit dem höchsten
Anteil an Dialektsprechern. Das Vorurteil, Dialekte seien ein Zeichen
von niedrigem sozialen Status, konnte die Studie widerlegen: Es zeigte
sich kein Zusammenhang zwischen Dialektkompetenz und Bildungsgrad.
Am sympathischsten wird der norddeutsche Dialekt empfunden (24%),
gefolgt von Bairisch (20%) und Alemannisch (13%). Nur eine Minderheit
(9%) gibt an, keinen Dialekt zu mögen, und immerhin fast ein Drittel
der Befragten findet keinen der deutschen Dialekte unsympathisch.
Französischer Akzent am beliebtesten:
Fremdsprachigen Akzenten stehen die Deutschen eher positiv gegenüber. Fast die Hälfte aller Teilnehmer der Studie (48%) erklären, dass es keinen Akzent gibt, der ihnen unsympathisch ist. Nur ein Fünftel findet keinen Akzent sympathisch. In der Riege der positiv bewerteten Akzente schneidet der französische mit 36% eindeutig am besten ab. Deutsch mit einem italienischen Akzent wird von 21% der Befragten als sympathisch bewertet.
Verständigung mit Einwanderern wird häufig als schwierig empfunden:
Ein großer Teil der deutschen Bevölkerung (43%) empfindet die Verständigung mit Einwanderern als schwierig oder sogar sehr schwierig. Dass Einwanderer in bestimmten Lebensbereichen überwiegend ihre Muttersprache sprechen, bewerten 44% der Befragten ebenfalls als schlecht oder sehr schlecht.
Mehrheit der Deutschen betrachtet die Entwicklung der deutschen Sprache mit gemischten Gefühlen und Sorge:
Waren es 1997/1998 noch 53% der Deutschen, denen Veränderungen in der deutschen Sprache auffielen, so sind es heute 84%. Als Ursachen des Wandels werden der Einfluss durch fremde Sprachen (28%), und hier vor allem des Englischen (21%), wahrgenommen, die (neue) Rechtschreibung (25%), die Sprache der Jugend (15%), mangelnde Sprachsorgfalt, unangemessenes Sprechen und Schreiben (12%) sowie Veränderungen in der Grammatik. Die Hauptverantwortung an der Veränderung der deutschen Sprache wird mit 37% den Medien zugeschrieben.
Die Mehrheit der Befragten betrachtet die Entwicklung der deutschen
Sprache mit gemischten Gefühlen oder sogar mit Sorge. Auf die Frage, ob
die Veränderung der deutschen Sprache positiv oder negativ zu bewerten
sei, antwortet mehr als die Hälfte der Befragten (53%) unentschieden.
30% sind der Ansicht, die Entwicklung sei "eher besorgniserregend" oder
"sehr besorgniserregend". 16% der in Deutschland lebenden Bevölkerung
findet die Veränderungen "eher erfreulich" bzw. "sehr erfreulich".
Einwanderer bewerten die Entwicklung der deutschen Sprache deutlich
positiver als Muttersprachler.
Fast alle Befragten halten es für wichtig bis sehr wichtig, dass man
sich beim Sprechen (92%) und Schreiben (95%) sorgfältig ausdrückt und
die Rechtschreibregeln beachtet. Einwanderer messen der Sorgfalt beim
Sprechen eine noch größere Bedeutung bei.
Schule und Politik sollten mehr für die deutsche Sprache tun:
78% der Deutschen sind der Meinung, dass mehr für die deutsche Sprache
getan werden sollte. Ein Gesetz zum Schutz der deutschen Sprache lehnt
die Mehrheit (58%) dennoch ab.
Vor allem von Lehrern, Schulen und Jugendeinrichtungen wird erwartet,
dass sie sich stärker um die Sprache kümmern sollten (73%). An zweiter
Stelle wird die Politik genannt (39%), an dritter Stelle die Eltern
(28%).
Lesen im Internet hemmt das Interesse an Büchern nicht:
Knapp die Hälfte der Befragten liest mindestens einmal pro Woche
deutsche Bücher (49%) und deutsche Beiträge im Internet (45%). Noch
mehr Befragte lesen regelmäßig deutsche Zeitungen oder Zeitschriften:
70% tun dies täglich, 21% einmal pro Woche. Während Frauen häufiger
Bücher lesen als Männer, verfolgen Männer häufiger Beiträge im
Internet.
Menschen, die häufig im Internet lesen, zeigen insgesamt ein
intensiveres Leseverhalten. Sie nutzen häufiger deutsche Wörterbücher
und lesen häufiger Bücher, Zeitungen und Zeitschriften. Hinweise
darauf, dass der Internetkonsum dazu führt, dass weniger Bücher gelesen
werden, finden sich in der Studie nicht.
Quelle: Institut für Deutsche Sprache