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Deportation und Ausgrenzung - So werden Obdachlose in Hamburg vertrieben

Archivmeldung vom 11.06.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.06.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Max Bryan
Bild: Max Bryan

Diese Woche wurden am Nobistor in Hamburg die Unterkünfte der dort lebenden Obdachlosen geräumt. Mit einem Großaufgebot der Polizei gab das Ordnungsamt zu verstehen, dass dort kein Platz fürs Zelten sei und vertrieb die dort lebenden Mittellosen von ihren Schlafplätzen.

"Klaus" Bild Max Bryan
"Klaus" Bild Max Bryan

Max Bryan berichtet im Zusammenhang mit der Räumung über den Obdachlosen Klaus und ruft zu dessen Unterstützung auf: Bryan, ein ehemaliger Obdachloser, schreibt in seiner Mitteilung, die die ExtremNews Redaktion per Mail erreichte: "Auch Klaus wurde oft schon vertrieben. Klaus (61) ist obdachlos und ernährt sich zudem fast ausschließlich nur von Essensresten, die Andere wegwerfen. Das hat ihn oft schon sehr krank gemacht. Mit etwas Unterstützung könnte er auch mal was Gesünderes essen und für ein paar Tage ins Hostel, um mal richtig durchzuschlafen. Mehr dazu gleich noch ...

Stadt-Schamane Klaus

Wer kennt ihn nicht - den älteren Herrn mit den langen Dreadlocks und dem Bart bis zum Bauch? Wer in Hamburg unterwegs ist, wird Klaus vielleicht schon einmal begegnet sein und vielleicht fragt sich der Ein oder Andere, welche Geschichte dieser Mann wohl hat und was ihn an die Straße bindet? Viel über den weisen Mann mit den Tüten an der Hand ist nicht bekannt, nur so viel: Klaus ist über 60 und hat sein Leben lang unabhängig vom Staat gelebt. Klaus will auch keine Hilfe vom Staat - er möchte weiterhin "unabhängig" bleiben.

30 Jahre “Platte”

Ein Sozialarbeiter wollte Klaus mal ans Arbeitsamt vermitteln, daraufhin sagte Klaus nur: "Hör nicht auf ihn, er bekommt Kopfgeld für Leute, die er dem Arbeitsamt anschließt" und auch wenn der Spruch wohl nicht ganz ernst gemeint war, spiegelt er sein Abwehrverhalten durchaus wieder und Klaus ist nicht der Einzige, der Hilfe vom Staat kategorisch ablehnt. Er will nicht "Teil des Systems" sein. Schon 30 Jahre lebt Klaus-Walter so und ich kenne auch noch einige mehr, die mit dem Staat nichts zu tun haben wollen. So jemanden dann für Dauer unterzubringen, ist ein Ding der Unmöglichkeit, schon weil am Ende immer irgendwer die Hand aufhält und die angebotene Hilfe nicht wirklich selbstlos passiert. Es gibt kaum bis keine Heime, die völlig selbstlos und unabhängig vom Staat Obdachlose für mehr als nur ein paar Tage unterbringen.

Nicht ohne dem Staat?

Ein Heim für Obdachlose - gleich welcher Herkunft - egal ob Leistungsbezieher oder nicht - finanziert nur aus den Spenden der Unterstützer - das wäre mal eine echte Selbstlosigkeit in diesem Land. Doch die müssen wir erst noch schaffen ...

Ausgrenzung & Stigmatisierung

Eines der beliebtesten Argumente sogenannter "Außenstehender" sind Sätzen wie: "Der will ja gar keine Hilfe" und weil es ja immer gut dokumentierte Fälle gibt, in denen Obdachlose die ihnen angebotene Hilfe ablehnen. So erfror erst letzten Winter ein Obdachloser mitten in Berlin auf dem berühmten "Kudamm". Passanten wollen ihm Hilfe angeboten haben - doch der Obdachlose wollte nicht. Vorschnell wird geurteilt - er sei ja selbst dran schuld, dabei wird regelmäßig die Ursache dieser Ablehnung unterschlagen.

Ganz oft ist es der verloren gegangene Glaube, dass eine Rückkehr in ein geregeltes Leben überhaupt gelingen kann. Schon das lässt viele aufgeben und den Mut verlieren, überhaupt an sich und ein besseres Leben zu glauben. Besonders bei Langzeit-Obdachlosen ist dies ein weit verbreitetes Phänomen. Es heißt: "Wer länger als ein Jahr auf der Straße lebt, bleibt auch dabei", sei es aus Angst vor der Umstellung oder anderen Gründen, die zuweilen sehr vielschichtig sind.

Was Obdachlose an die Straße bindet

Nicht wenige fürchten sich auch in der neuen Situation nicht bestehen zu können und leben dann lieber ihr altes Leben weiter, weil sie darin ja schon bestanden haben. Es geht also auch um Sicherheit - sich in der gewohnten Situation sicher zu fühlen - denn jede Veränderung bringt auch Unsicherheit - die Furcht vor dem Versagen in der dann neuen Situation. Nicht wenige denken so. Ich war mal einer von ihnen.

Aussteiger & Ablehner

Darüber hinaus gibt es die Gruppe der "Punks" und alle, die aus Überzeugung mit dem Staat nichts zu tun haben wollen. Sie wollen den Kapitalismus weder mit Arbeit noch mit Steuern unterstützen. Sie wollen frei sein und diese Freiheit auch leben dürfen. Leider sind solche Menschen, die jede Hilfe vom Staat ablehnen - auf sich alleine gestellt und auch wenn Klaus nun wirklich kein "Punk" ist, hat er sich für dieses Leben entschieden. Alles was wir tun können, ist ihm das Leben ein wenig erträglicher zu machen.

Ausgrenzer & Herrscher

Beispiel Hauptbahnhof: Klaus sagt - Zitat: "Alle Randständigen haben ein Hausverbot, damit sie sich zielgerichtet verhalten und sie eine Maßregelung mit auf den Weg bekommen!" (Klaus Walter)

Und in der Tat, wer etwas über Armut und Ausgrenzung erfahren möchte, möge sich dieses Video anschauen. 

Darin gut zu erkennen, wie die herrschende Klasse mit Randständigen umgeht und warum der Hamburger Hauptbahnhof zum Beispiel eine Regel machte, die Obdachlosen “aus dem Gesichtskreis der Zielgruppe herausnehmen soll”. Denn die Zielgruppe - das sind die Konsumenten. Vor ihnen soll die Armut versteckt werden, denn es sei "nicht schick, wenn ein Obdachloser sein Essen aus dem Müll holt”. (Zitat Klaus Walter im Interview).

Wer das Interview anschaut, wird lernen, dass einfach so "rumstehen" am Hamburger Hauptbahnhof nicht wirklich möglich ist, weil jeder, der die Wandelhalle am Hamburger Hauptbahnhof betritt, sich auch "zielgerichtet" verhalten muss. Das bedeutet: "einkaufen", "mit der Bahn fahren " oder "die Hallen wieder verlassen" - nur diese 3 Optionen stehen zur Wahl - regulär betrachtet.

Was bleibt?

Was bleibt sind zumeist nur die Zuwendungen derer, die ein Mitgefühl für Randständige zeigen und dazu beitragen das Leid dieser Menschen zu lindern. In Hamburg gibt es dutzende Hilfsstationen die Obdachlose auffangen, ihnen Essen und trinken anbieten. Doch wer nicht gut zu Fuß ist, hat schlechte Karten. Zwar gibt es den Mitternachtsbus, der auch die Schlafplätze der Obdachlosen anfährt, aber das auch nur an Hotspots - nicht jeder einzelne kann angefahren werden - auch das ist klar. Es wäre sicher eine große Erleichterung, wenn Menschen wie Klaus trotz ihrer Ablehnung auch über eigene Mittel verfügen würden, damit auch Menschen wie Klaus sich vor Ort mal was kaufen können - da wo sie gerade sind. Bislang ist das nicht möglich.

Hilfe für Klaus

Liebe Freunde, wer Klaus zufällig auf Hamburgs Straßen entdeckt, möge ihn gerne mal ansprechen und wer dann vielleicht auch gerade eine Tüte Pommes in der Hand hält und diese nicht zu Ende essen mag, möge ihm ruhig etwas davon abgeben. Klaus ernährt sich oft nur von dem, was Andere wegwerfen. Bitte helft mit, dass auch Menschen wie er in Würde leben können.

Hier gehts zur Spendenseite: "Ein Herz für Klaus": https://web.facebook.com/notes/max-bryan/-hilfe-f%C3%BCr-klaus-/1248970531787526

Mit etwas Geld könnte Klaus sich an dem Ort seiner Wege auch mal was ordentliches zu Essen kaufen.

Und vielleicht auch ein paar neue Schuhe und was er sonst noch so braucht.

Vielleicht sogar ein Zimmer, in einem der günstigen Hostels, um mal richtig durchschlafen zu können. Das "Reste-Trinken" hat Klaus ganz oft schon sehr krank gemacht und in dem Alter heilen die Infektionen auch nicht mehr so gut aus. Als ich ihn das letzte mal sah, war er ganz schlimm erkrankt von dem Trinken aus fremden Flaschen, die andere achtlos stehen lassen. Bitte helft mit und unterstützt Klaus mit einer kleinen Spende für ein besseres Leben."

Quelle: Max Bryan

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