Besser üben für den Katastrophenfall
Archivmeldung vom 25.08.2017
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtUnfälle, Terroranschläge oder Katastrophenereignisse stellen Einsatzkräfte des Bevölkerungsschutzes vor große Herausforderungen. Das Fraunhofer IAO, das Deutsche Roten Kreuz und das Bayerische Rote Kreuz stellen in einer aktuellen Publikation Konzepte für Vollübungen bei einem Massenanfall von Verletzten vor.
Ereignisse wie der Anschlag vom Berliner Breitscheidplatz oder das Zugunglück von Bad Aibling haben gezeigt, dass es für Hilfsorganisationen, Feuerwehr, Polizei, Technisches Hilfswerk und Behörden wichtig ist, auf Großereignisse und Katastrophen vorbereitet zu sein. Vollübungen des Massenanfalls von Verletzten (MANV) erlauben es Einsatzkräften, zuvor geübte Teilaspekte zusammenzufügen und sich auf den Ernstfall vorzubereiten. Damit Helfer mit den besonderen Herausforderungen eines solchen Ernstfalls umgehen können, müssen die Übungen möglichst authentisch gestaltet sein. Nur so können Einsatzkräfte Kompetenzen entwickeln, die im Ernstfall entscheidend sind – seien es fachliche Qualifikationen oder die »Soft Skills« der Teamarbeit unter Stress.
Die Organisation von Übungen ist zeitaufwändig und nimmt viele Ressourcen in Anspruch. Daher ist es umso entscheidender, dass sich der Aufwand der Übungsplanung auszahlt und das Erreichen der Übungsziele regelmäßig überprüft wird. Aktuell existieren jedoch kaum einheitliche MANV-Übungskonzepte. Der neu veröffentlichte Band widmet sich der Ist-Situation für Vollübungen und gruppiert 14 existierende Übungsansätze nach Aspekten der Durchführung in fünf ähnliche Konzepte. Der Band sensibilisiert einerseits für Übungen und deren Nachbereitung und unterstützt andererseits die Übungsdurchführung der Beteiligten vor Ort, um sie durch Standards und einheitliches Vorgehen einfacher und effizienter zu gestalten.
Der Band beschreibt das gesamte Vorgehen von der Planung über die kurzfristige Vorbereitung bis hin zur Durchführung am Übungstag. So müssen beispielsweise Übungsziele festgelegt, realitätsnahe Verletztenmuster ausgewählt und die Verletztendarsteller so eingewiesen werden, dass sie parallel zur Übung auch Daten zur Einsatzleistung erfassen können. Einsatzkräfte haben erstmals die Möglichkeit, Übungen unterschiedlicher Szenarien und Größen im Bereich von 9 bis 50 Verletzten nach einem Standard abzuarbeiten und anhand von sechs Bewertungsindikatoren zu vergleichen. Hauptaugenmerk liegt auf der patientenorientierten Auswertung, die sowohl zeitnah am Übungstag als auch in einer späteren Führungskräftenachbesprechung erfolgen sollte. Viel Wert legen die Autoren zudem auf die einfache Anwendbarkeit der Übungen sowie auf die Verständlichkeit der Texte. So erleichtern Merksätze, Umsetzungshilfen wie Checklisten oder Vorlagen die Planung, Vorbereitung, Durchführung und Nachbearbeitung der MANV-Übungen.
Die Forschungsarbeit entstand im EU-Projekt CRISMA von 2013 bis 2015 (»Modelling Crisis Management for Improved Action and Preparedness«, FP7/2007-2013, Grant Agreement No. 284552). Die Pilotübungskonzeption wurde in dieser Zeit bereits in drei Übungen mit 10 bis 40 Verletzten und bis zu 300 Einsatzkräften getestet. Die Übungsdaten und Bewertungsindikatoren eröffneten dabei eine neue, faktenbasierte Perspektive auf die Einsatzbewältigung. Die Pilot-Konzeption kann nun im DRK auf allen verbandlichen Ebenen sowie in anderen Organisationen des Bevölkerungsschutzes als Grundlage für die Erarbeitung weiterer regionalspezifischer Handlungs- und Umsetzungsempfehlungen herangezogen werden. Das Fraunhofer IAO konnte die Konzeption außerdem als Grundlage zur datenbasierten Auswertung der ICAO-Notfallübung des Flughafens Stuttgart verwenden.
Quelle: Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO (idw)