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Klimaaktivisten – Wer über das Klima spricht, darf über den Krieg nicht schweigen

Archivmeldung vom 27.04.2023

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.04.2023 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Luisa-Marie Neubauer (2021)
Luisa-Marie Neubauer (2021)

Foto: C.Suthorn / cc-by-sa-4.0 / commons.wikimedia.org (Note the three necessary links to author, licence and image file in the attribution.)
Lizenz: CC BY-SA 4.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Vor einer Weile war Pauline Brünger, Aktivistin bei "Fridays for Future", bei Markus Lanz zu Besuch. Die Themen der Sendung waren der Ukraine-Krieg und das Klima. Brünger tat das, was bezeichnend für die Klimaaktivisten ist: Sie schenkte dem Krieg keine große Aufmerksamkeit. Dies berichtet Tom J. Wellbrock im Magazin "RT DE".

Weiter berichtet Wellbrock  auf RT DE: "Von Markus Lanz auf das Thema Ukraine-Krieg angesprochen, antwortete Brünger, dass auch Klimaaktivisten sich große Sorgen machen und Angst hätten. Scheinbar – so Brünger – warteten die Krisen nicht mehr aufeinander, alles käme gleichzeitig, und sie frage sich, wie das alles noch zu schaffen sein solle. Lanz wies auf den Zusammenhang Klimaschutz und Krieg hin, auf die Nutzung fossiler Energiequellen und fragte Brünger nach ihrer Einschätzung.

Schade nur, dass Lanz die Antwort gar nicht abwarten wollte, sondern stattdessen sofort zum Thema Lützerath wechselte. Von dort aus war es bis zu globalen Themen nicht mehr weit – Brünger legte los und sprach das Pariser Klimaschutzabkommen an, nachdem Lanz sie gefragt hatte, wieso sich die Aktivisten gegen geltendes Recht stellen. Das sei nötig, antwortete sie, ziviler Ungehorsam müsse stattfinden, auch gegen geltendes Recht, denn das Pariser Klimaschutzabkommen sei der große Kompromiss, der über all dem stünde. Dazu ist zu sagen, dass das Unsinn ist. Das Pariser Klimaschutzabkommen steht keineswegs "über allem", da es rechtlich nicht bindend ist. Insofern ist die ohnehin brüchige Argumentation der Aktivistin noch dünner.

Ich schreibe das, weil es zum Kontext dessen gehört, was in diesem Text noch folgt. Die Prämisse, unter der Brünger und viele andere antreten, ist die Überzeugung absoluter Priorität mit ihrem Thema. Die Tatsache, dass der Ukraine-Krieg und die politischen Reaktionen darauf uns in eine andere Situation gebracht haben, erkennt Brünger zwar an. An den Prioritäten – also ihren formulierten Zielen – ändere das aber nichts. Man müsse dann eben andere Möglichkeiten finden, das übergeordnete Ziel zu erreichen. Welche genau, ließ Brünger offen. Da diese Möglichkeiten aber inzwischen aus beispielsweise Kohle und LNG-Terminals bestehen, von den Klimaaktivisten dazu aber nichts kommt, lässt das bereits tief blicken.

Wer über das Klima spricht, darf über den Krieg nicht schweigen

Während sich Brünger noch über RWE echauffierte (durchaus zu Recht), freut sich die Rüstungsindustrie ein paar Löcher in den Bauch – wohlgemerkt entstanden aus lauter guter Laune, nicht durch scharfe Munition. Wenn wir einmal davon ausgehen, dass die Erzählung stimmt und das CO₂ uns alle dem Klimatod entgegenbringt, müsste Brünger jedoch eine der größten und lautesten Friedensaktivistin sein, die auf dem erwärmten Globus wandeln. Denn Krieg, Rüstungsindustrie und die Aktivitäten des Militärs gehören zu den schlimmsten Umweltsündern überhaupt. Das wurde allerdings im Pariser Abkommen (sicher ganz bewusst) ausgeklammert.

Was Brünger als irgendwie nicht so schön und auch beunruhigend bezeichnet, sieht in Zahlen so aus:

"Der Treibstoff-Verbrauch bei Panzern, Kriegsflugzeugen und Kriegsschiffen ist selbst in Friedenszeiten enorm, entsprechend hoch sind auch die Emissionen. Auf mehr als 260 Bundeswehrstandorten wird täglich der Krieg eingeübt, dazu kommen zusätzlich die weltweit durchgeführten mehr als 160 NATO-Militärübungen – fast jeden zweiten Tag also! Der Kampfpanzer Leopard 2 verbraucht auf 100 Kilometer bis zu 530 Liter Diesel, ein Eurofighter verbraucht ca. 70-100 Liter Kerosin pro Minute und produziert pro Flugstunde 11 Tonnen CO₂ – das ist so viel, wie durchschnittlich eine in Deutschland lebende Person im gesamten Jahr. Allein auf der Base Ramstein finden jährlich 30.000 Starts und Landungen statt. Dabei werden 1,35 Milliarden m³ klimaschädliche Abgase freigesetzt. Das US-Militär ist mit seinen über 1000 Militärstützpunkten weltweit der größte Verbraucher fossiler Brennstoffe. Der jährliche CO₂-Ausstoß des US-Militärs beträgt 73 Millionen Tonnen und damit mehr als die meisten (140) Länder. Im Jahr 2017 waren die Treibhausgasemissionen des Pentagons größer als die der Industriestaaten Dänemark oder Schweden."

Und weiter heißt es:

"Selbst ein begrenzter Atomkrieg, z.B. zwischen Indien und Pakistan würde durch die enorme Feinstaubbelastung in der Atmosphäre einen sofortigen radikalen Klimawandel auslösen, nur in die andere Richtung: Nuklearer Winter. Rußpartikel würden die Erdatmosphäre verdunkeln, die Freisetzung von Stickoxyden und Radikalen würde zu einem enormen Temperatursturz führen und die Natur stirbt unweigerlich. Würde man alle vorhandenen 15.000 Atomwaffen zünden, stürben 3 Milliarden Menschen sofort, die jeweilige Umgebung stünde in Flammen und die Temperatur läge bei minus 16 bis 26 Grad – die Erde wäre unbewohnbar." [Quelle: Die Linke]

Woher das Desinteresse?

Man kann nur spekulieren, warum der Zusammenhang zwischen militärischen Aktivitäten und dem Klimawandel den Klimaaktivisten nicht klar zu sein scheint. Unwissenheit ist die naheliegende Erklärung, wenn auch nicht in Stein gemeißelt. Und doch liegt sie nahe, denn die von Fridays for Future und dem Umfeld geschilderten und befürchteten Szenarien sind nun einmal ebenfalls auf ganzer Linie Spekulationen. Die Optimisten geben der Menschheit noch 20 oder 30 Jahre, bis die Lichter ausgehen. Die Pessimisten werfen bereits heute ihre Jobs, die Ausbildung oder die Schule hin, weil sie davon ausgehen, in einem halben Jahr schon durch die Klimaerwärmung pulverisiert zu sein.

Modellrechnungen – und nichts anderes sind die zahlreichen Szenarien, mit denen wir täglich gefüttert werden – werden von Aktivisten offenbar als mathematische Axiome interpretiert, die abzuwenden nur möglich ist, wenn genau nach dem Plan der Klimaaktivisten verfahren wird. Woher sie die Gewissheit nehmen, dass dann alles in Butter ist, muss ein weiteres Axiom sein, das sich jedoch ahnungslosen Betrachtern nicht erschließt.

Wie auch immer – es macht den Eindruck, dass bei der Auswahl dessen, was dem Klima schadet und was nicht, eine gewisse Sorglosigkeit vorherrscht. Dabei geht es ja nicht nur um den Ukraine-Krieg, sondern um die weltweiten Kriege insgesamt, die jeden Tag geführt werden und dem Klima gegenüber eher feindlich als freundlich gesinnt sind.

Doch es gibt einen weiteren Grund für das fehlende Interesse. Man kann ihn festmachen an einer Diskussion, die Luisa Neubauer vor ungefähr zwei Jahren mit Kevin Kühnert bei Markus Lanz geführt hat. Es ging darum, was Klimaschutz  "den kleinen Mann" kostet, und Kühnert – damals noch um den Anschein bemüht, ein echt gutes Verhältnis mit "dem kleinen Mann" zu haben – entgegnete Neubauer auf ihre Forderungen hin, dass zum Beispiel Leute mit kleinen Renten sich die hohen Kosten des Klimaschutzes einfach nicht leisten könnten und daher die soziale Frage in zwingendem Zusammenhang mit dem Klimaschutz stehe. Die Entgegnung Neubauers war bezeichnend und lautet aus dem Erinnerungsprotokoll sinngemäß so:

"Ich würde mir ja gern Gedanken um meine Rente machen, aber das lässt die Klimakrise einfach nicht zu."

Plumps, da stürzt sie ab, die soziale Frage, mit allem, was dazugehört. Wenn wir sowieso alle den Klimatod gestorben sind, spielt die Rente eh keine Rolle mehr.

Nur was, wenn es anders kommt? Was, wenn wir wider Erwarten alle überleben und dann eben doch nicht ganz unbedeutend ist, was wir als junge oder alte Menschen im Portemonnaie haben? Man kann die Frage ohne den Anflug eines schlechten Gewissens folgendermaßen beantworten: Ereilt Rentner in Armut nicht der Klimatod, stehen sie vor dem gleichen Problem wie jetzt.

Der Krieg ist weit weg. Florida auch

An dieser Stelle folgt der Meinungsblock dieses Textes:

Der ganze Moralismus der Klimaaktivisten ist heuchlerisch und verlogen. Sie konstruieren – wohlgemerkt mit Hilfe von Politik und Teilen der Wissenschaft – ein in der Zukunft liegendes Szenario, das unser gesamtes Handeln der Gegenwart beeinflusst. Das ist insofern arrogant, als davon ausgegangen wird, dass das Erwartete auch eintreten wird. In Anbetracht von Milliarden Kleinigkeiten, die Einfluss auf den Verlauf der Geschichte nehmen können und nehmen werden, ist diese Arroganz eigentlich eine Form von Dummheit, wäre sie nicht so durchtrieben. Da allgemein inzwischen die Horror-Szenarien der Klimaaktivisten anerkannt sind, ist jeder Versuch, andere zu entwerfen, zum Scheitern verurteilt. Weder die eine noch die andere Seite kann den Beweis über die Richtigkeit der eigenen Annahmen antreten. Doch die Klimaaktivisten brauchen sich diese Mühe auch gar nicht erst zu machen, ihre Spekulationen werden akzeptiert und als wahr tituliert. Punkt.

Der ganze Moralismus der Klimaaktivisten ist zudem das Zeichen dafür, dass wir es zu einem erheblichen Teil mit – ja, ich drücke das so aus! – verwöhnten Gören zu tun haben. Sie entscheiden, was wichtig ist, sie entscheiden, was zu tun ist, sie entscheiden, wie ihr Widerstand aussehen muss. Ob Hungerstreik, Straßenkleberei oder andere Formen der Bockigkeit, immer schwebt über all dem die Prämisse, mit seinen Forderungen der Mittelpunkt des Universums zu sein. Der Krieg spielt in diesen Überlegungen maximal eine rhetorische Rolle, ja, er ist schrecklich und bereitet Sorgen, so wie auch die Menschen mit wenig Geld eine krasse Ladung Mitgefühl abkriegen. Das war's dann aber auch, Krieg oder Armut finden in einer anderen Liga statt, in einer, die in den Klimaaktivisten echt unangenehme Gefühle erzeugen, weshalb sie zur Erholung mal nach Florida oder sonst wohin fliegen müssen – als Privatpersonen, wohlgemerkt, nicht als Aktivisten.

Der ganze Moralismus der Klimaaktivisten ist noch etwas: egoistisch. Und zwar auf rekordverdächtigem Niveau. Als jüngst stolz angekündigt wurde, "Berlin lahmzulegen", ging dieser Ankündigung wochenlanges Geplärre voraus, weil viele Menschen andere Dinge im Kopf haben, als sich Gedanken über den Klimatod in 30 oder 40 Jahren zu machen. Profane Gedanken wie die Frage, wie man noch pünktlich zur Arbeit kommt, zum Arzt, das Kind in die Schule bringen kann oder – als Fahrer eines Rettungswagens – Gedanken über die Frage, ob und inwieweit 10 Minuten Verzögerung einen Einfluss darauf haben könnten, ob der Mensch auf der Krankentrage hinten im Fahrzeug weiter atmet oder nicht. Voller Inbrunst tönen die Aktivisten, dass sie immer Rettungsgassen bilden, was eine infame Behauptung ist. Denn selbst, wenn sie das wollen, gibt es unzählige Umstände, die dennoch dazu führen können, dass es nicht zu dieser Rettungsgasse kommt, wegen oder neben den Klimaaktivisten.

Mit nicht weniger inbrünstigem Stolz verkünden die Aktivisten, ganz Berlin lahmzulegen, das sei schon etwas provokativ, aber nützt ja nix, wat mutt, dat mutt (norddeutsch für "Was muss, das muss"), geht ja um das Überleben aller, und in erster Linie um ihr eigenes, das könnte einigen Leuten vielleicht nicht passen. Schade an sich, aber nicht zu ändern.

Der ganze Moralismus der Klimaaktivisten ist vor allem auf der sachlich-argumentativen Ebene nicht mehr als ein schlechter Witz. Die Forderungen nach einem Tempolimit und der Wiedereinführung des 9-Euro-Tickets sind in Relation zu den geäußerten Befürchtungen und der zur Schau getragenen Todesangst nicht nur unverhältnismäßig, sondern nicht ernstzunehmen. Das weltweite Ende aller Kriege wäre als Forderung zwar naiv und unrealistisch in der Durchsetzung, sie würde aber immerhin den Finger in die Wunde legen.

Junge (und alte) Leute kleben sich auf der Straße fest, um ein Tempolimit und das 9-Euro-Ticket durchzusetzen. Echt jetzt? Nein, es gibt noch mehr: den Gesellschaftsrat. Per Los werden Mitglieder der Gesellschaft ausgelost, um die Geschicke der Politikgestaltung aktiv zu beeinflussen. Das klingt nicht nur gut, das wäre es auch, wäre jener Rat denn einer, der die Menschen im Land repräsentiert. Doch davon ist er weit entfernt.

Der Gesellschaftsrat geht laut "Letzte Generation" folgendermaßen vor:

"Der Gesellschaftsrat erarbeitet in einem definierten Zeitraum die nötigen Schritte unter der Fragestellung: Wie beendet Deutschland bis 2030 die Nutzung fossiler Rohstoffe? Das bedeutet, dass wir unsere Energieversorgung komplett auf 100% erneuerbare Energien umstellen. Zudem müssen menschengemachte Treibhausgasemissionen, die nicht durch das Verbrennen fossiler Rohstoffe entstehen, ebenfalls beendet werden. Dazu gehört eine Kreislaufwirtschaft, die der Verschwendung ein Ende bereitet und somit den Energiebedarf erheblich reduziert und eine klimapositive, also kohlenstoffbindende Landwirtschaft."

Nicht vor kommt der Gedanke, dass womöglich gar nicht alle Menschen im Land mit einer Umstellung von 100 Prozent der "erneuerbaren" Energien einverstanden sind. Insbesondere die, die ohnehin schon unter der katastrophalen Wirtschaftspolitik der Bundesregierung leiden und nun auch noch die Aussicht auf diverse Heizverbote haben, wälzen ganz sicher andere Probleme. Der Gesellschaftsrat wäre also nichts anderes als ein verlängerter Arm der Klimaaktivisten – und wer auch immer dort sitzt, hat sich an die Vorgaben zu halten. Klingt irgendwie ziemlich nach grüner, totalitärer Politik.

Und zum Schluss …

Darum geht es also:

"Wir fordern die Bundesregierung dazu auf, einen Gesellschaftsrat einzuberufen, der Maßnahmen erarbeitet, wie Deutschland bis 2030 die Nutzung fossiler Rohstoffe beendet."

Von den bereits genannten Punkten abgesehen, fällt eines auf: Die Tatsache, dass durch eine desaströse Energiepolitik, basierend auf Wirtschaftssanktionen gegen Russland, die deutsche CO₂-Bilanz von Tag zu Tag schlechter wird, wird von den Aktivisten nicht thematisiert. Wenn wir einmal unterstellen, dass der Weg hin zur Klimaneutralität (was immer das in letzter Konsequenz bedeuten mag, darüber lässt sich vortrefflich streiten) vernünftig und sinnvoll ist, wo bleibt dann die Forderung nach dem Ende des Ukraine-Krieges? Wo bleibt die Forderung nach dem Ende der Wirtschaftssanktionen, die sich spürbar negativ auf die Klimabilanz auswirken? Wo bleibt die Forderung nach dem sofortigen Ende des Gebrauchs von Fracking-Gas?

Schließen wir mit einem Satz, der wie eine Drohung klingt:

"Wir sind die letzte Generation vor den Kipppunkten. Niemand wird uns aufhalten, während wir den tödlichen Kurs mit aller Kraft beenden."

Dazu ist zu sagen, dass es weitere Kräfte gibt. Kräfte, die sich nicht vorschreiben lassen, was sie zu denken oder zu tun haben. Schon gar nicht, wenn die Gegenseite für sich die mit Holzlöffeln gefressene Weisheit in Anspruch nimmt. Alle, die sich darüber den Kopf zerbrechen müssen, wie sie heute – nicht 2030 – ihren Kühlschrank füllen können, gehören sicher dazu.

Tom J. Wellbrock ist Journalist, Sprecher, Texter, Podcaster, Moderator und Mitherausgeber des Blogs " neulandrebellen "."

Quelle: RT DE

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