Dumpster Diving – oder was macht Ihr Altpapier denn so nach Feierabend?
Archivmeldung vom 16.06.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmittn der Tat, Dumpster Diving, also das Wühlen in Mülltonnen und Containern muss ekelig sein – jedenfalls in den USA. Dort kennt man die präzise Trennung von Müll, wie wir sie in Deutschland haben nur rudimentär.
Neulich habe ich erfahren, dass eine bloße blaue Papier-Container-Tonne, mit dem Schiebe-Deckel und den Rollen, wie sie oft vor Wohnanlagen steht, heute schon gefüllt fast 200,- Euro Wert hat, wenn sie prall gefüllt ist und so gut wie keinen anderen Müll enthält.
Doch wie viel müssen wohl die in der Tonne enthaltenen Daten wert sein
– jedenfalls für bestimmte Leute. Wie schon erwähnt ist der Müll meist
recht sauber getrennt. Neben zahlreichen Verpackungen finden sich auch
sehr häufig private Unterlagen.
Als ich neulich an einem Samstag mein Alt-Papier zur Tonne brachte,
staunte ich nicht schlecht. Jemand hat - so scheint es - einen Teil
seines vergangenen Lebens weggeworfen. Aktenweise Lebensläufe,
Urkunden, Gerichtspost, Scheidungsunterlagen, eine Aufstellung vom
Arbeitsamt über Zahlungen, handschriftlich notierte
Kontoverbindungsdaten der Kinder, Unterhaltsaufstellungen. Häufig sehe
ich auch scheinbar frustriert weggeworfene und vielleicht einmal in der
Mitte zerrissene Konto-Auszugspost im Mülleimer direkt neben den
Briefkästen - leichtsinnig und unüberlegt.
Wem gehört nun dieser Müll. Es wird einerseits vertreten, der
Wegwerfende habe das Eigentum aufgegeben (Dereliktion), dann könnte
jeder den Müll mitnehmen, andererseits wird aber auch die Ansicht
vertreten, der Müll sei dem Abfuhr-Unternehmen quasi per „Einwurf“
übereignet worden – zur Entsorgung. Diese Ansicht scheint nicht nur
vernünftig, sondern auch allein Praxistauglich. Die Angst der
Müllunternehmen, jemand anderes könne den Müll abholen, wächst ja von
Tag zu Tag, denn eine blaue Tonne (Rollgefäß mit 1100L!) bringt ca.
80-280,- Euro Gewinn nach der Verwertung, so wird gemutmaßt. Außerdem
besteht für die Normalbevölkerung, anders als für Unternehmer ein
öffentlicher Anschlusszwang. Man kann sich seine Müllabfuhr also nicht
aussuchen.
Im Rahmen der Verwertung wird der Müll anschließend weiterverkauft – ob
dabei mit persönlichen Daten immer korrekt umgegangen wird, ist
Vertrauenssache. Die Geschichte zeigt eindrucksvoll: Niemand braucht
erst einen Trojaner oder ein anderes Schnüffelprogramm auf dem Computer
installiert zu haben - sie nehmen einfach sein Alt-Papier mit. Die
blaue Tonne kann also spannender sein als jeder Krimi.
Als ich schließlich zum samstäglichen Einkaufen ging, entdeckte ich beim Discounter und einer Kaffee-Kette Sonderangebote an Akten-Vernichtern, zum Teil für unter 20 Euro. Das wäre doch eine Anschaffung wert – auch für den Privatmann.
Quelle: Zorn Reich Wypchol Rechtsanwälte in Sozietät (Text von Rechtsanwalt Dominik Döring)